Toilettenpapier

Vorbereitung im Badezimmer

Abreißen und cool bleiben. Foto: Getty Images

Toilettenpapier

Vorbereitung im Badezimmer

Am Ruhetag ist Zerreißen prinzipiell verboten – daran sollte man spätestens am Freitag denken

von Rabbiner Avraham Radbil  26.11.2020 13:00 Uhr

Im Lockdown zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr war in vielen Supermärkten das Toilettenpapier knapp – im jetzigen Teil-Lockdown ist »Hamstern« glücklicherweise weniger verbreitet.

Doch ein praktizierender Jude muss nicht nur daran denken, Toilettenpapier im Haus zu haben – er muss es auch rechtzeitig vor Beginn des Schabbats präparieren.

Melachot Es ist nämlich verboten, am Schabbat Toilettenpapier abzureißen, weil dies gleich mehrere Tätigkeiten (Melachot) impliziert, die am Ruhetag untersagt sind (Schmirat Schabbat Kehilchata 23,16). Dies gilt unabhängig davon, ob man das Toilettenpapier entlang der gelochten Linien oder dazwischen zerteilt.

Der Schabbat lehrt uns, stets darauf zu achten, dass alles, was man am Ruhetag braucht, vor dessen Beginn vorbereitet werden soll.

Die meisten Rabbiner klassifizieren das Abreißen von Toilettenpapier (oder anhaftenden Taschentüchern) zu folgenden Melachot von »Koraja« (Reißen), »Mecha­tech« (gemessenes Schneiden) und/oder »Makke Bepatisch« (letzter Hammerschliff). Daher muss man vor dem Schabbateingang Toilettenpapier reißen oder am Schabbat Taschentücher verwenden, die nicht miteinander verbunden sind.

Mukze In der Tat gilt eine Rolle Toilettenpapier am Schabbat als »mukze« und darf daher nicht verwendet oder bewegt werden, es sei denn, man hat keine Alternative, wie weiter unten erläutert wird. Für den Fall, dass man vor dem Schabbat nichts vorbereitet hat, kann man auch einem Nichtjuden das Problem andeuten oder ihn direkt bitten, Toilettenpapier zu reißen (Schmirat Schabbat Kehilchata 30,8).

Wer während der Benutzung der Toilette feststellt, dass kein zugeschnittenes Toilettenpapier verfügbar ist, sollte das Papier idealerweise direkt von der Rolle verwenden, ohne es zu zerreißen. Man kann dann den gebrauchten Teil in die Toilette fallen lassen und ihn dann »von der Rolle« wegspülen. Tatsächlich kann man etwas mehr Toilettenpapier abrollen, als verwendet wurde, um sicherzustellen, dass das gesamte verschmutzte Toilettenpapier weggespült wird (Ribiat, 39 Melachot, S. 843).

Diese Lösung ist mit Sicherheit nicht immer und nicht für jeden praktisch. Es ist auch wahrscheinlich, dass andere, die im Anschluss denselben Waschraum benutzen müssen, nicht wirklich darüber erfreut sind. Daher darf jemand, der die oben beschriebene Methode unpraktisch findet oder sie nicht anwenden will, das Toilettenpapier im Notfall selbst reißen.

Riss Der Riss sollte vorzugsweise zwischen den perforierten Linien und nicht entlang dieser erfolgen. Man sollte das Toilettenpapier auch nicht auf eine bestimmte Länge reißen – man sollte einfach abschätzen, wie viel man braucht. Ebenso sollte man das Toilettenpapier auf ungewöhnliche Art und Weise zerreißen, beispielsweise mit den Fäusten oder mit den Fingern (Schmirat Schabbat Kehilchata 23,16).

Einer der Gründe, warum es erlaubt ist, am Schabbat Toilettenpapier auf diese Weise zu reißen, ist das Prinzip von »Kavod Habriot«, das uns lehrt, dass bestimmte rabbinische Verbote aus Gründen der Menschenwürde aufgehoben werden können (Brachot 19b). Man könnte natürlich auch in Betracht ziehen, sich mit Wasser und Seife zu waschen und sich mit einem Tuch oder Handtuch abzutrocknen, anstatt überhaupt Toilettenpapier zerreißen zu müssen.

Es ist erlaubt, eine Packung Taschentücher (die nicht verbunden sind) am Schabbat so zu öffnen, dass die Verpackung dabei zerstört wird. Man sollte jedoch vorsichtig sein und beim Öffnen keine Wörter durchschneiden, die auf der Packung stehen.

Sensoren Wer sich in einem Hotel oder Krankenhaus befindet, in dem die Badezimmer mit elektronischen Sensoren ausgestattet sind, die die Toiletten nach dem Gebrauch automatisch spülen, darf eine solche
Toilette am Schabbat nur dann benutzen, wenn keine andere Option besteht. Auch das resultiert aus dem Konzept von »Kavod Habriot«.

Der Schabbat lehrt uns, stets darauf zu achten, dass alles, was man am Ruhetag braucht, vor dessen Beginn vorbereitet werden soll. Denn der siebte und heilige Tag der Woche symbolisiert die kommende Welt, wobei die sechs Werktage dieser Welt uns dazu anhalten, uns auf die Welt danach vorzubereiten. Selbst in einem kleinen Detail wie dem Toilettenpapier wird dieses Konzept ersichtlich.

Chol Hamoed

Nur Mosche kannte die Freiheit

Warum das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten ängstlich war

von Rabbinerin Yael Deusel  17.04.2025

Geschichte

Waren wir wirklich in Ägypten?

Lange stritten Historiker darüber, ob die Erzählung vom Exodus wahr sein könnte. Dann kamen die Archäologen

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Feiertage

Pessach ist das jüdische Fest der Freiheit - und der Frauen

Die Rolle und Verdienste von Frauen würdigen - dafür ist Pessach eine gute Gelegenheit, sagen Rabbinerinnen. Warum sie das meinen und welchen Ausdruck diese Perspektive findet

von Leticia Witte  11.04.2025

Exodus

Alle, die mit uns kamen …

Mit den Israeliten zogen noch andere »Fremde« aus Ägypten. Was wissen wir über sie?

von Sophie Bigot Goldblum  11.04.2025

Zaw

Das Volk der Drei

Warum zwischen Priestern, Leviten und gewöhnlichen Israeliten unterschieden wurde

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  11.04.2025

Stärke

An den Prinzipien festhalten

In der Haggada heißt es, dass Juden in jeder Generation Feinde haben werden. Klingt entmutigend? Soll es nicht!

von Rabbiner Raphael Evers  11.04.2025

Talmudisches

Ägypten

Was unsere Weisen über das Land des Auszugs der Israeliten lehrten

von Chajm Guski  11.04.2025