Im Festjahr zu »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« setzen orthodoxe Rabbiner auf fruchtbare Begegnungen zwischen Juden und Nichtjuden.
»Wir wünschen uns, dass das Festjahr trotz Corona dazu beiträgt, dass beide Seiten viel mehr übereinander erfahren und voneinander lernen und am Ende des Jahres festgestellt wird: Das sind ja genauso normale Menschen wie wir auch«, erklärten am Freitag für den Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) die Rabbiner Avichai Apel (Frankfurt), Zsolt Balla (Leipzig) und Yehuda Pushkin (Stuttgart).
Das Festjahr unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird am Sonntag in Köln offiziell eröffnet. Die ARD überträgt den Festakt aus der Kölner Synagoge ab 16.30 Uhr.
Berührungspunkte Viele Menschen hierzulande hätten bisher wenig oder gar keine Berührungspunkte mit jüdischem Leben gehabt und seien noch nie in einer Synagoge gewesen. Auch hätten sie häufig keine jüdischen Bekannten und Freunde.
So sei das Festjahr ein »sehr erfreuliches Ereignis«, betonten die Rabbiner. »Gerade in diesen Tagen, wo Antisemitismus, Hass auf Juden und andere Minderheiten wieder drohen, salonfähig zu werden, ist es der eindrucksvolle Beweis, dass jüdisches Leben hierzulande blüht und ein fester, selbstverständlicher und lebendiger Bestandteil unseres Landes ist.«
»Dieses Festjahr soll auch Anlass sein, nach vorne zu schauen und in ganz Europa für eine nachhaltige Zukunft jüdischen Lebens einzutreten.«
Moskaus Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt
Der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER), Moskaus Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, warf einen Blick über Deutschland hinaus: »Das Festjahr soll nicht nur ein Rückblick auf 17 Jahrhunderte jüdischer Geschichte und Kultur in Deutschland sein, die nach dunkelsten Epochen dieses Landes heute neu zu blühen beginnt. Dieses besondere Festjahr soll auch Anlass sein, nach vorne zu schauen und in ganz Europa für eine nachhaltige Zukunft jüdischen Lebens einzutreten.«
Schächten Goldschmidt mahnte zugleich die Religionsfreiheit an. »Wenn Europa will, dass seine verbliebenen Juden weiter in Europa bleiben, dann müssen die Rechte von religiösen Minderheiten und die Möglichkeit, ihren Glauben frei zu praktizieren, sichergestellt sein, wie es etwa in Deutschland und Österreich der Fall ist.«
Zuletzt hatte die CER die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs kritisiert, wonach EU-Länder eine Betäubung von Tieren auch bei rituellen Schlachtungen vorschreiben dürfen. Die Rabbinerkonferenz sieht darin das Recht auf freie Religionsausübung infrage gestellt. kna