Talmudisches

Vom Wert der Arbeit

Was unsere Weisen darüber lehrten, warum man seinen Beruf schätzen sollte

von Yizhak Ahren  21.03.2024 11:40 Uhr

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Was unsere Weisen darüber lehrten, warum man seinen Beruf schätzen sollte

von Yizhak Ahren  21.03.2024 11:40 Uhr

Der Tannait Schemaja, ein jüdischer Gelehrter des Altertums, hat drei gute Ratschläge formuliert: »Liebe die Arbeit und hasse das Streben nach hoher Stellung, und suche nicht die Bekanntschaft mit den Machthabern« (Sprüche der Väter 1,10). Jede dieser drei Empfehlungen bedarf einer Erläuterung. An dieser Stelle wollen wir uns vor allem mit Schemajas Anweisung »Liebe die Arbeit« befassen. Zuvor sei jedoch ein Gelehrter zitiert, der einen inneren Zusammenhang zwischen den drei Sätzen Schemajas gesehen hat.

Rabbiner Samson Raphael Hirsch (1808–1888) schreibt in seinem Kommentar zur oben zitierten Mischna: »Die drei Sätze Schemajas scheinen zusammen die Tendenz zu haben, das Bewahren einer selbständigen Unabhängigkeit zu empfehlen. Liebe die Arbeit, die dir eine selbstständige Existenz gewährt. Hasse die hohe Stellung; der Hochgestellte wird gar bald ein Sklave seiner Stellung. (…) Suche auch nicht die Bekanntschaft von Machthabern; auch eine solche Bekanntschaft lässt dich deine Unabhängigkeit einbüßen. (…) Nur der zurückgezogene, in bescheidener Stellung von seiner Arbeit sich Nährende, ist der wirklich Freie.«

Kehren wir nun zum ersten Teil unserer Mischna zurück. Schemaja vertritt die Ansicht, dass selbst jemand, der ein Vermögen besitzt, sich nicht der Untätigkeit hingeben sollte; denn jeder Müßiggang produziere Langeweile, die zu Begierden und Sünden führt. So heißt es in der Gemara: »Rabbi Elieser sagt: Selbst wenn die Ehefrau ihrem Mann 100 Sklavinnen mitgebracht hat, könne er sie zwingen, in Wolle zu arbeiten, denn Müßiggang führt zur Unzucht« (Ketuvot 59b).

Und Rabban Gamaliel, Sohn des Rabbi Jehuda HaNassi, warnte: »Jedes Toralernen, mit welchem keine Arbeit verbunden ist, hört endlich auf und führt Sünde herbei« (Sprüche der Väter 2,2). Denn wer keine ernährende Arbeit hat, läuft Gefahr, aus finanziellen Gründen sein Toralernen einstellen zu müssen und sich in der Not zu sündhaften Handlungen verleiten zu lassen.

Einen weiteren Grund, warum die berufliche Arbeit überaus wichtig ist, hat Rabbiner Jacob Emden (1697–1776) in seinem Kommentar Lechem Schamajim dargelegt. Er hebt einen gesundheitlichen Aspekt hervor: Arbeit sei gewöhnlich mit einer körperlichen Bewegung verbunden, und regelmäßige Bewegung des Körpers sei für die Gesundheit des Menschen von großer Bedeutung. Rabbiner Emden weist auf eine Feststellung der Naturwissenschaftler hin, dass viele Krankheiten auf mangelnde Bewegung des Körpers zurückzuführen sind. In der Tat empfehlen Ärzte auch heute einen täglichen Spaziergang.

Es ist beachtenswert, dass Schemaja empfiehlt, die Arbeit zu lieben. Was will uns der Tannait damit sagen, wenn er Arbeit und Liebe miteinander verknüpft? Die Vermutung liegt nahe, dass Schemaja uns nahebringen möchte, in der beruflichen Arbeit nicht ein notwendiges Übel zu sehen, sondern vielmehr eine nützliche und sozial wertvolle Handlung, eine Mizwa im weiteren Sinn des Wortes.

Man kann dem Ewigen nämlich nicht nur durch Torastudium im Lehrhaus dienen, durch Beten in der Synagoge oder durch Einhalten der jüdischen Feiertage sowie der Schabbatvorschriften. Auch durch den gewählten Beruf kann man Gʼtt ständig dienen, wie Rabbiner Aharon Lichtenstein (1933–2015) in seinem Werk By His Light. Character and Values in the Service of God dargelegt hat. Diese Tatsache sollte jeder jüdische Mensch wissen und bei der Berufswahl auch berücksichtigen. Also nicht nur einen gut bezahlten Job anstreben, sondern eine Arbeit suchen, die die Gesellschaft braucht.

Don Jizhak Abravanel (1437–1508) bemerkt in seinem Kommentar zu unserer Mischna: Jemand, der seine Arbeit wirklich liebt, wird sie mit Freude und in einer guten Stimmung ausführen. So wie es in Tehillim, den Psalmen, heißt: »Wenn du von deiner Hände Arbeit isst, Heil dir und wohl dir« (128,2). Dazu bemerkt der Talmud: »›Heil dir‹ – in dieser Welt, und ›Wohl dir‹ – in der zukünftigen Welt« (Berachot 8a).

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