Der Talmud berichtet, wie der berühmte Rabbiner Rava einst kam, um dem nichtjüdischen Minister Ben Scheschek ein Geschenk zu bringen (Avoda Sara 65).
Ravas Besuch fiel auf einen götzendienerischen Feiertag. Ben Scheschek beging ihn jedoch nicht mit den anderen im örtlichen Haus des Götzendienstes, denn er war kein Götzendiener.
ROSENWASSER Der Talmud berichtet, dass Rava auf Ben Scheschek traf, als dieser ein teures Rosenwasser-Entspannungsbad genoss und sich von Prostituierten verwöhnen ließ.
Ben Scheschek fragte: »Sag mir, hast du solche Freuden in der kommenden Welt?«Rava antwortete: »Unsere Freuden in der nächsten Welt sind größer als diese.«
»Besser als das? Kann denn das sein?«
»Dir sitzt ständig die Angst vor dem König im Nacken«, antwortete Rava. »Diese Angst werden wir in der kommenden Welt nicht haben.«
Ben Scheschek erwiderte: »Mir? Welche Angst vor dem König habe ich denn?«Während sich die beiden unterhielten, kam ein Bote des Königs und sagte zu Ben Scheschek, der Herrscher wolle ihn sofort sehen. Also zog er sich rasch an und verließ mit dem Boten das Haus. Im Gehen sagte er zu Rava: »Mögen die Augen derer, die dir Schaden zufügen wollen, gelöscht werden.« Rava antwortete: »Amen.« Kurz darauf erhielt Rava die Nachricht, dass der König Ben Scheschek die Augen hatte ausstechen lassen.
BELOHNUNG Diese kleine Talmudpassage vermittelt uns ein Verständnis für das Vergnügen und die Belohnung, die uns in der kommenden Welt erwarten. Warum erklärte Rava, dass die Freude, die Ben Scheschek genoss, unvollständig war, weil ihm ständig die Angst vor dem König im Nacken saß – auch wenn sie so gering war, dass Ben Scheschek bestritt, sie zu fühlen?
Warum erklärte Rava ihm nicht, dass alle irdischen Freuden zeitlich begrenzt sind und ein Ende haben werden? Rava sagte, die Freuden, die die Menschen in der kommenden Welt erwarten, seien reine Freuden, und sie seien kein bisschen mit Angst oder Trauer vermischt.
Es ist bekannt, dass jemand, der sündigt, dereinst an einen Ort hinabsteigen muss, wo er von diesen Sünden gereinigt wird. Und für die guten Taten, die er vollbracht hat, wird er eine Belohnung erhalten. Diese Belohnung ist die Freude, die wir in der kommenden Welt erhalten werden.
INTENSITÄT Da wir gesündigt haben, müssen wir erst gereinigt werden. Dieser Reinigungsprozess ist nicht angenehm. Die Bestrafung ist abhängig von der Sünde und der Intensität des Vergnügens, das die Übertretung mit sich gebracht hat.
Man kann es mit einem Vater vergleichen, dessen Sohn auf Klassenfahrt fahren soll, jedoch kurz zuvor etwas verbrochen hat. Der Vater kann ihn nun auf zweierlei Art bestrafen: Entweder kann er ihn auf Klassenfahrt fahren lassen, aber ohne Taschengeld, wodurch der Sohn weniger Spaß an der Fahrt haben wird. Oder aber der Vater erlegt ihm eine Strafe auf, die nicht unmittelbar mit der Klassenfahrt zu tun hat, zum Beispiel, das Haus zu putzen. Der Junge erhält dann nach der Bestrafung sein Taschengeld und kann die Klassenfahrt ohne Last genießen.
SEELE Rava erklärt Ben Scheschek, dass die Freude in der kommenden Welt rein ist und nicht durch Schmerzen des Reinigungsprozesses belastet wird. Das heißt, nachdem die Seele gereinigt wurde, ist die Seele vollständig von allen Spuren der Sünde befreit, was sie zu einem reinen Vergnügen berechtigt.
Zum Unglück für Ben Scheschek erhörte der Himmel seinen Segen für Rava. Ben Scheschek, der Rava gegenüber freundlich zu sein schien, versuchte in Wirklichkeit, Rava zu überlisten und zu verführen, sich ihm in der unzüchtigen Lebensweise anzuschließen. Aus diesem Grund wurde er vom Himmel als Ravas Feind eingestuft, denn er hatte versucht, einen Gerechten zu verführen.