Wie sieht ein überprüfbares Wunder in unserer Zeit aus? In dem nachgelassenen Werk des israelischen Geistheilers Eli Lasch (1929–2009) finden wir ein sehr schönes Beispiel: »Ich musste von Gaza nach Tel Aviv fahren, eine Entfernung, für die man gewöhnlich 2,5 bis 3 Stunden braucht. Mein Termin war für 16 Uhr vereinbart, aber ich konnte Gaza erst um 15.30 Uhr verlassen.
Und siehe da, ein Wunder geschah, ich war genau um 16 Uhr an meinem Ziel. Interessant an dem von mir erwähnten Phänomen ist die Tatsache, dass auch die Quantität des verbrauchten Benzins einer halben Stunde und nicht 2,5 Stunden entsprach.« Manche Skeptiker, zu denen auch der Rezensent zählt, werden dieser fantastischen Erzählung keinen Glauben schenken können und sich an die tollen Geschichten Baron Münchhausens erinnert fühlen.
Noch viel eindrucksvoller ist das »Licht-erlebnis«, von dem Lasch ausführlich berichtet. Im Jahre 1984 hat sich das Leben des Autors ganz plötzlich radikal verändert. Während einer Vortragsveranstaltung kam plötzlich das Licht über Lasch, und der Schulmediziner erkannte eindeutig die Präsenz Gottes: »Ich, der nüchterne Arzt und Wissenschaftler, war zum Mystiker und Kabbalisten geworden, zu einem, den man auf Hebräisch Navi nennt. Der Atheist war zum Glaubenden oder, besser gesagt, zum Wissenden geworden. Ich brauchte nicht mehr an Gott zu glauben, ich wusste, dass Er existiert.«
Sinn Mit Recht meint der Autor, seine Situation sei vergleichbar mit der des Apostels Paulus auf dem Weg nach Damaskus. Auch Lasch hat durch eine unerwartete Privatoffenbarung einen geradezu welthistorisch-wichtigen Auftrag auferlegt bekommen. Er versucht, den wahren Sinn der Tora zu ergründen und diesen der Menschheit zu ihrem Heil nahezubringen.
Seine Witwe, Karola Stutzki, hat nun den ersten Teil seines umfangreichen Werkes veröffentlicht. Es handelt sich um eine Deutung der biblischen Schöpfungsgeschichte mit den Methoden der Mystik. Leser erfahren allerlei wichtige und unwichtige Tatsachen über Gott und die Welt. Lasch referiert die Lehre von den Bibel Codes und deckt unter anderem die wahre Bedeutung des Zauberspruchs »Abrakadabra« auf.
Der Verfasser zitiert nicht nur viele bekannte Autoritäten aus verschiedenen Gebieten, sondern er beruft sich mehrmals auch auf geistige Lehrer, die entweder längst verstorben sind (so erschien ihm zum Beispiel der bekannte Kabbalist Rabbi Yizhak Luria, der im 16. Jahrhundert lebte, persönlich!) oder die gar keine menschliche Gestalt haben (Engel).
Meditation Problematisch wird vielen religiösen Juden erscheinen, was Laschs himmlischer Lehrer ihm als »Durchsage« mitgeteilt habe. So stellte Lasch während einer Meditation im Jahre 2006 die Frage: »Warum hat Gott Sein auserwähltes Volk so viel leiden lassen?« Und er erhielt die Antwort: »Es gibt kein auserwähltes Volk mehr.«
Solche Thesen sind in der Religionsgeschichte gewiss nicht unbekannt, aber es ist doch sehr verwunderlich, dass eine solche angeblich himmlische Auskunft von einem jüdischen Mystiker akzeptiert wurde, auch wenn sie ihn zum Erstaunen brachte.
Abschließend ist Laschs Werk jetzt noch nicht zu beurteilen, denn bisher liegt nur der erste Band vor. Aber was können wir noch erwarten, wenn der Autor schon im Vorwort im theologischen Sinne allgemein verbindliche Gesetze leugnet. Es stimmt schon, dass die Tora den Menschen helfen soll, körperlich und geistig zu wachsen und sie aus der Finsternis der Götzendienerei zu befreien.
Aber die Vernachlässigung oder gar Abschaffung mancher Tora-Gebote, für die Lasch in einer antirabbinischen Polemik plädiert, ist nicht im Sinne der überlieferten jüdischen Mystik und dürfte nicht nur gesetzestreuen Juden als ein gefährlicher Irrweg erscheinen.
Eli Lasch: »Wie können wir Gott in unserer Zeit verstehen? Der Bibeltext der Tora aus mystischer und kabbalistischer Sicht«. Roman Kovar, Hennef 2011. 127 S., 16,90 €