Schawuot

»Unterschätzter Feiertag«

Sarah Serebrinski Foto: Max Mordinson

Schawuot

»Unterschätzter Feiertag«

Sarah Serebrinski über das Wochenfest, die Tora und wie sie heute weitergegeben wird

von Mascha Malburg  11.06.2024 11:34 Uhr

Frau Serebrinski, im Gegensatz zu Pessach oder Chanukka ist Schawuot in Deutschland selbst unter Juden nicht sonderlich bekannt …
Genau, es ist ein unterschätzter Feiertag! Dabei symbolisiert er eigentlich die Essenz des Judentums. An Pessach haben sich die Israeliten befreit, aber erst an Schawuot, am Berg Sinai, wurden sie wirklich ein Volk. Sie haben die Tora erhalten, das war das verbindende Element. Ohne Tora gäbe es keine jüdische Religion.

Wie wird heute daran erinnert?
Als Juden versuchen wir, die Feiertage wie unsere Vorfahren zu erleben. An Schawuot lernen wir aus der Tora, die uns gegeben wurde – häufig bis zum Morgengrauen. Als unsere Vorfahren die Gesetze erhielten, verstanden sie, dass die Art, wie sie bisher Fleisch zubereitet hatten, nicht koscher war. Also aßen sie erst einmal nur milchige Speisen – auch das imitieren wir an Schawuot: mit Käsekuchen und Eiscreme-Partys!

Wie feiert man in dieser schwierigen Zeit?
Jeder Feiertag nach dem 7. Oktober 2023 ist mit Sicherheitsbedenken verbunden. Andererseits beobachte ich, dass der Zusammenhalt innerhalb der jüdischen Community gewachsen ist. Unsere inneren Konflikte rücken gerade sehr in den Hintergrund. Mehr Menschen interessieren sich für ihre Tradition. Ich habe in den vergangenen Tagen mit mehreren Rabbinern gesprochen, die versuchen, dieses Gemeinschaftsgefühl zu Schawuot weiter zu stärken. Die Tora haben wir alle bekommen, das Volk stand vereint am Berg Sinai.

Gibt es seit dem 7. Oktober auch mehr Interesse an jüdischer Bildung?
Die Nachfrage nach Plätzen an jüdischen Schulen ist seitdem stark gestiegen. Es geht den Eltern primär um die Sicherheit ihrer Kinder. Erst im zweiten Schritt bemerken sie: Schön, dass sie jetzt auch mehr über das Judentum lernen, Hebräisch lesen und schreiben können. In kleineren Städten ohne jüdische Schulen ist in den vergangenen Jahren das Interesse an alternativen Angeboten stark gewachsen. Es reicht den Eltern nicht mehr, wenn ihre Kinder einmal im Jahr auf Machane fahren. Sie schicken sie zum Online-Lernen, auf Bar- oder Batmizwa-Fahrten. Es hat sich erheblich etwas getan, aber natürlich gibt es immer Luft nach oben.

Haben wir denn in Deutschland dafür überhaupt genug geschultes Personal?
Viele der Studenten, die bei uns im Rabbinerseminar anfangen, sind hoch motiviert, Gemeinderabbiner zu werden. Das reicht aber noch nicht. Deswegen haben wir auch ein Programm, das Frauen schult, Wissen weiterzugeben. Insgesamt, so denke ich, brauchen wir eben nicht nur Rabbiner, sondern auch junge begeisterte Religionslehrerinnen und -lehrer – eben Menschen, die die Tora, die uns an Schawuot gegeben wurde, an die nächste Generation weiterreichen.

Mit der Geschäftsführerin des Rabbinerseminars zu Berlin sprach Mascha Malburg.

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