Frau Epstein, in Wien hat gerade die European Rebbetzins Convention stattgefunden. Welches Thema der Tagung war für Sie besonders wichtig?
Wir haben unsere eigene Entwicklung diskutiert. Wenn wir starke Rebbetzins sind, können wir uns in unserer Gemeinde besser einbringen. Auch ist es wichtig, sich auf die Gemeindemitglieder zu konzentrieren, herauszufinden, was sie brauchen.
Es wurden auch Veranstaltungen angeboten. Was war für Sie der Höhepunkt?
Es war eine Tour durch Wien. Am Judenplatz gibt es dieses Museum, das Teile der Original-Synagoge zeigt, die dort stand. Die Geschichte der Juden in Wien ist natürlich auch traurig. Sie wurden oft vertrieben, kamen aber zurück. Die Synagoge zu sehen, war sehr bewegend.
Rabbiner stehen meistens im Mittelpunkt. Wie leicht oder schwer ist es, sich als seine Ehefrau Gehör zu verschaffen?
Es ist für uns leichter als für den Rabbiner. Denn bei Rebbetzins sind die Erwartungen gering. Also ist die Wirkung groß. Die Erwartung der Gemeinde ist, dass wir keine Gottesdienste abhalten, was wiederum dazu führt, dass wir mehr Aufmerksamkeit erregen, wenn wir sprechen. Ich brauche keinen Gottesdienst, um zu sprechen oder Menschen zu bilden.
Stichwort Bildung, über die ja auch gesprochen wurde: Welche Rolle spielt das Unterrichten, und was unterrichten Sie?
Jede Teilnehmerin unterrichtet etwas anderes. Ich gebe gern Stunden in jüdischer Geschichte und Kultur. Und ich bin sehr am Plan Gottes interessiert: Wie passt alles zusammen? Warum bin ich auf dieser Welt? Einer der Vorteile, die Frau des Rabbiners zu sein, besteht darin, dass du unterrichten kannst, was du willst.
Verändert sich die Rolle der Rebbetzins? Wird ihr Einfluss größer?
Ja, zu 100 Prozent. Ich denke, der Einfluss der Rebbetzins wächst mit dem der Frauen. Es wird nicht mehr erwartet, dass die Frau ruhig hinter ihrem Ehemann steht. Gerade Frauen wollen mehr von Frauen hören. Dies gilt auch in religiösen Institutionen.
Gibt es in Hinblick auf die Rolle der Rebbetzins geografische Unterschiede?
In Nuancen gibt es durchaus welche. Zum Beispiel haben Rebbetzins in einigen Ländern Verträge und in anderen nicht. Aber es ist auch von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Bei den Ultraorthodoxen ist die Rolle der Rebbetzins kleiner.
Es gibt ja eine Diskussion über die Bezahlung. Rabbiner werden bezahlt, Rebbetzins aber oft nicht. Was meinen Sie dazu?
In Großbritannien werden viele Rebbetzins bezahlt. Ich finde, sie sollten ihren eigenen Vertrag haben und dessen Inhalt aushandeln, abhängig von der Rolle, die sie in ihrer Gemeinde spielen.
Mit der Rebbetzin der Western Marble Arch Synagogue in London sprach Imanuel Marcus.