»Eine tapfere Frau, wer findet sie? Mehr als alle Perlen ist ihr Wert«. Diesen Vers aus Mischle, den Sprüchen Salomons, singt der Ehemann zum Eingang des Schabbats am Freitagabend beim Festtisch, wenn er seine Frau lobt. »Sie öffnet ihren Mund in Weisheit«, setzt er fort (Eschet Chajil, Mischle 31, 10-31).
Die rabbinische Tradition thematisiert an zahlreichen Stellen die Bedeutung der Frau für den Mann – »wie G’tt« auf Erden zu sein, das geistige Potenzial des Menschen im Leben zu erkennen – und bringt an zahlreichen Stellen die Wertschätzung und Hochachtung für die gute, kluge und tugendhafte Frau zum Ausdruck: »Stets sei der Mann darauf bedacht, seine Frau zu ehren, denn nur um ihretwillen wird sein Haus gesegnet« (Baba Mezia 59a). »Die Frau ist vom Schöpfer mit größerer Einsicht ausgestattet als der Mann« (Nidda 45b). Außerdem soll sich jeder Mann vor einer wichtigen Entscheidung mit seiner Frau beraten, gemäß 1. Buch Moses 21,12: »In allem, was dir Sara sagt, höre auf ihre Stimme.«
Pflicht In talmudischer Zeit ist eine ganze Reihe weiblicher Gelehrter belegt. Besonders spektakulär war das Auftreten eines weiblichen Rabbis, der »Jungfrau von Ludomir«, die ein eigenes Lehrhaus unterhielt, wohin viele Weise gekommen sein sollen, um bei ihr zu lernen. In dieser Tradition steht, was für einen Juden Pflicht ist: die Lehre der Mutter zu beherzigen.
Im Altertum kam die Frau zu entscheidendem Einfluss und hatte Geltung und hohes Ansehen durch ihre religiöse Begeisterung und ihr nationales Empfinden, was für die Erhaltung des Judentums eine sehr wichtige Rolle spielte – galt es doch, den Einfluss des Hellenismus im Besonderen und das Heidentum im Allgemeinen abzuwehren.
Im Talmud finden wir zahlreiche Stellen für die bedeutsamen Aufgaben der Frau und Rühmungen ihrer Barmherzigkeit und Weisheit. Die Frau ist Mittelpunkt des Familienverbands (»Das Haus, das ist seine Frau«, Joma I,1). Sie ist die Gebieterin des Hausstands, erzieht die Kinder und leitet sie zu religiösem Lebenswandel an.
Schriften Doch blieb die Frau keineswegs auf das Hauswesen beschränkt, sondern wandte sich verschiedenen Beschäftigungen zu. Im späten Mittelalter gab es viele Frauen, die gelehrte talmudische Schriften kopierten, und nach Erfindung der Buchdruckerkunst fanden sie auch als Druckerinnen Beschäftigung. Außerdem betätigten sie sich in der Arzneiwissenschaft, der Mathematik und der Politik.
Die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie war noch nie ein Problem der jüdischen Frau. Viele Ehemänner studierten in den Talmudhochschulen, während ihre Frauen die Geschäfte allein führten. Es war selbstverständlich, dass die Finanzen gemeinsam verwaltet wurden.
Die jüdische Frau war sich ihrer Wertschätzung als »Priesterin und Königin des Hauses« immer bewusst. Sie hatte Freiräume, die, wenn schon, dann vor allem durch die weltliche, nichtjüdische Macht im Mittelalter und nicht durch die jüdischen Autoritäten beschränkt wurden. Und sie hatte zu jeder Zeit eine Aufgabe, die sie zusammen mit ihrem Mann zu erfüllen suchte: die Erhaltung Israels. Ganz gleich, ob dies mit Waffen, wie zur biblischen Zeit, oder mit der Aufrechterhaltung der Religiosität geschah – die jüdische Frau stand und steht ihren Mann.