Die anglikanische Kirche von Südafrika will eine antiisraelische Resolution zur Beratung und Abstimmung in die Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) einbringen, die am Mittwoch begonnen hat. Der Entwurf, der der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, wirft Israel Unterdrückung der Palästinenser sowie Menschenrechtsverletzungen vor.
Zudem bezeichnet der Text Israel als »Apartheid-Staat«, denn Israels Politik und Gesetzgebung erfüllten angeblich die Definitionskriterien dafür. Mit dem Begriff Apartheid wird die jahrzehntelange Politik der Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung durch die herrschende weiße Klasse in Südafrika bezeichnet.
Unter anderem wirft der vom anglikanischen Erzbischof von Kapstadt, Thabo Makgoba, unterzeichnete Textentwurf Israel vor, ein »System der Trennung« eingeführt zu haben mit dem Ziel »die Dominanz einer Gruppe zu erhalten«. Volle Rechte habe nur die jüdische Bevölkerung.
KONFLIKT Die ÖRK-Vollversammlung wird in dem Text aufgerufen, den »Apartheid-Merkmalen des Staates Israel« nicht länger zuzusehen. Kirchen und christliche Religionsgemeinschaften weltweit müssten sich für Lösungen einsetzen, die »Würde, Frieden, Gerechtigkeit und Wohlergehen« aller Bewohner der Nahost-Region garantierten. Zudem müsse die Position der Christen im Heiligen Land gestärkt werden. Der israelisch-palästinensische Konflikt, so der Resolutionsentwurf, berge die Gefahr, sich auf den gesamten Mittleren Osten auszuweiten oder sogar einen globalen Konflikt auszulösen.
In einem Begleitschreiben zum Resolutionsentwurf formuliert die Anglikanische Kirche von Südafrika, es gebe zwar Unterschiede zwischen der früheren Apartheid in Südafrika und der aktuellen Lage in Israel: »Aber die grundsätzlich gleichen Erfahrungen von Rassenzuschreibungen und Vertreibung von Menschen in Palästina macht diesen Apartheidvergleich zwingend nötig.«
DEBATTEN Die angekündigte Resolution hatte zuletzt für heftige Debatten gesorgt. Vor allem die jüdischen Gemeinden, Akteure des jüdisch-christlichen Dialogs sowie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatten sich gegen eine Apartheid-Resolution gewandt. Allerdings gab es kaum offizielle Stellungnahmen zu dem Thema. Auch der Text des Resolutionsentwurfs war nicht öffentlich. Offiziell eingegangen ist er laut ÖRK bei der Vollversammlung bislang nicht.
Eine Verabschiedung des scharf formulierten Textes ist sehr unwahrscheinlich, da die Vollversammlung nur im Konsens Papiere beschließt. Die EKD hatte dem Vernehmen nach angekündigt, antiisraelischen Texten nicht zuzustimmen. Eine etwaige Abstimmung ist laut Tagesordnung der Vollversammlung erst ab kommender Woche vorgesehen.
Die 11. Vollversammlung des ÖRK tagt seit Mittwoch und bis zum 8. September in Karlsruhe. Erwartet werden rund 4.000 Delegierte, Beraterinnen und Experten aus mehr als 100 Staaten zum weltweiten Austausch von Kirchen und Religionsgemeinschaften zusammen. Zur Eröffnung will sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die Delegierten wenden. Im Weltkirchenrat vertreten sind vor allem evangelische, anglikanische und orthodoxe Kirchen. Die katholische Kirche hat Gaststatus. kna/ja