Kennen Sie den Film Das Streben nach Glück? In einer Szene sehen wir, wie der kleine Christopher, der Sohn von Chris Gardner (gespielt von Will Smith und seinem echten Sohn Jaden Smith) einen Basketball mit einem sauberen Wurf im Korb versenkt. Voller Enthusiasmus ruft der Fünfjährige, dass er ganz bestimmt Profi in der NBA werden wird.
Da sein Vater aber »vernünftig« ist, holt er ihn zunächst auf den Boden der Tatsachen zurück: »Du wirst in vielen Dingen hervorragend sein. Nur da nicht. Ich will nicht, dass du hier draußen Tag und Nacht mit diesem Ball herumspielst.« Chris Gardner steckte hier in einer existenziellen Krise. Einer der Hauptgründe, warum Menschen deprimiert sind, ist Versagen. Auf der Arbeit und privat geht oft alles schief: »Ich habe schon wieder versagt«, genauso ein zerschmetterndes Selbstbild voller Pessimismus und Schwarzmalerei führt dann zur totalen Entladung.
Traum Dies wurde dem Vater bewusst, als er sah, wie enttäuscht sein Sohn von seinem Statement war, und er änderte seine Meinung: »Lass dir nie von jemandem sagen, dass du etwas nicht kannst. Nicht einmal von mir. Wenn du einen Traum hast, musst du ihn beschützen. Wenn die Leute etwas nicht können, wollen sie dir sagen, dass du es nicht kannst. Wenn du etwas willst, dann hol es dir. Punkt.«
»Azamra« (Ich werde singen) ist der Name einer der grundlegendsten Lehren von Rabbi Nachman (Likutey Moharan 282). Es geht darum, den »guten Punkt« in anderen und in uns selbst zu finden. Die Wertschätzung unserer eigenen einzigartigen Fähigkeiten, sich Haschem bewusst zu sein, all das hilft uns, Ihm Tag für Tag mit Freude zu dienen. Chris Gardner hat genau dieses Azamra eingesetzt, er suchte nach einem positiven Punkt!
Einmal wütete ein schwerer Brand in der ukrainischen Stadt Bratzlaw. Rabbi Nathan und seine Schüler sahen, wie ein verzweifelter Mann bitterlich weinte, er musste mit ansehen, wie sein Haus von den Flammen verzehrt wurde. Dennoch durchstöberte der Mann anschließend die Trümmer seines zerstörten Hauses, in der Hoffnung, vielleicht doch noch etwas Brauchbares für den Wiederaufbau zu finden.
Hoffnung Rabbi Nathan begeisterte das: »Seht ihr, was er tut?«, fragte er seine Schüler. »Obwohl sein Haus völlig zerstört ist, hat er die Hoffnung nicht aufgegeben. Er sammelt alles, was noch für den Wiederaufbau brauchbar ist. Dasselbe trifft zu, wenn es um die spirituelle und sogar die emotionale Stabilität geht … Genauso dürfen wir, wenn wir niedergeschlagen sind und alles hoffnungslos erscheint, niemals die Hoffnung aufgeben. Wir müssen ein paar wenige gute Dinge aufsammeln« (Kochvey Or, S. 78).
Wir müssen nicht alles wissen. Gute Punkte zu erforschen, das reicht völlig aus. Der US-Schriftsteller Mark Twain beschrieb die »Mission: Impossible« vieler Menschen so: »Sie wussten nicht, dass es unmöglich war, also taten sie es.«
Die Psychologie kennt den Pygmalion-Effekt: Loben wir einen Schüler, wird er gute Leistungen erbringen. Denn hohe Erwartungen an jemanden können dazu führen, dass er tatsächlich besser abschneidet. Dieser Effekt, der in der griechischen Mythologie verwurzelt ist, zeigt die überzeugende positive Kraft der Erwartungen von anderen an uns, während der Galatea-Effekt in der Selbsterwartung verwurzelt ist. Und wenn wir den Schüler zum Versager abstempeln, dann wird sich auch diese Vorhersage bestätigen, denn niedrige Erwartungen an jemanden können dazu führen, dass er schlechter abschneidet. Diesen Effekt nennt man gemäß der jüdischen Mythologie: Golem-Effekt.
All diese besonderen Mythen durchleuchten hohe Erwartungen und wie wir nie sicher sein können, was möglich ist, wenn wir etwas Fantastisches in uns und anderen schaffen.
Erwartungen Rabbi Nachman offenbart dazu die himmlische Vorgabe: »Es liegt in Gottes Natur, auf das Gute zu schauen. Auch, wenn es Dinge gibt, die nicht gut sind, sucht Er dennoch nur nach dem Guten. Um wie viel mehr müssen wir darauf achten, dass wir nicht auf (unsere und auf) die Fehler unserer Freunde schauen? Wir sind gehalten, nur nach dem Guten zu suchen – immer« (Likutey Moharan II, 17).
Rabbi Nathan erklärt weiterführend dazu, was jeder von uns kennt: Dieser ärgerliche Moment, in dem du etwas Wichtiges verlierst und dich dann sofort auf die Suche danach machst. Du suchst überall, und schließlich findest du es. Aber das Witzige daran ist, dass wir im Verlauf der Suche oft erst andere »verlorene« Dinge finden, Sachen, die wir eigentlich schon abgeschrieben hatten.
Dasselbe Prinzip gilt auch für die Suche nach den guten Seiten in uns selbst. In uns verbirgt sich eine ganze Menge guter, kleiner Eigenschaften, richtig wertvoller Schätze (Likutey Halakhot, Birkhot HaPeirot 5,4). Goethes Ratschlag zum fantastischen »Selbst« geht so: »Behandle die Menschen (also auch dich selbst) so, als wären sie, was sie sein sollten, und du hilfst ihnen zu werden, was sie sein können.«
David Kraus arbeitet als Rabbiner und Paar- und Familienberater in Jerusalem.