Schabbat

Spirituelle Insel

Der Schabbat ist heilig. Foto: Getty Images/iStockphoto

Schabbat

Spirituelle Insel

Worüber man am wöchentlichen Ruhetag sprechen darf – und welche Themen nicht angebracht sind

von Rabbiner Avraham Radbil  14.05.2020 09:48 Uhr

Es ist wichtig, sicherzustellen, dass selbst die allgemeinen und alltäglichen Tätigkeiten und das Verhalten am Schabbat die vorgeschriebene Schabbatruhe widerspiegeln.

Die Quelle für diese Anforderung stammt vom Propheten Jesaja, der uns anweist, unser Verhalten am Schabbat in drei sehr spezifischen Bereichen zu ändern: der Art und Weise, wie wir gehen, wie wir sprechen und nicht unsere Belange der Wochentage zu verfolgen (Jesaja 58). Diese Praktiken, die von den Propheten eingeführt wurden, sind als »Diwrei Kabbala« bekannt.

WEG Also soll man am Schabbat anders gehen als unter der Woche (Mischna Brura 301,1). Aus diesem Grund haben einige den Brauch, beim Gehen zur Synagoge am Schabbat einen anderen Weg zu wählen als den, den sie normalerweise während der Woche benutzen. Außerdem sollte man am Schabbat nicht rennen, es sei denn, zur Ausübung einer Mizwa (Schulchan Aruch, Orech Chaim 301,1).

Tatsächlich empfiehlt der Talmud, es immer zu vermeiden, große Schritte zu machen, es sei denn, dies ist absolut notwendig, da dies das Sehvermögen schwächen könnte (Rema, O.Ch. 301,1). Am Schabbat ist es jedoch erlaubt, lange Spaziergänge zu unternehmen. Auch das Rennen oder Springen ist erlaubt, falls es eindeutig zum Vergnügen und zu Erholungszwecken gemacht wird (Schulchan Aruch, O.Ch 301,2).

Man darf auch rennen, um dem Regen oder einer Gefahr zu entkommen (Schmirat Schabbat 29,4). Sport oder andere körperliche Anstrengungen sind am Schabbat generell verboten (Mischna Brura 301,7).

PLÄNE Zur zweiten Kategorie gehört, dass man nicht über Themen sprechen darf, die dem Geist des Schabbats widersprechen (Schulchan Aruch, O.Ch. 307,1). Insbesondere ist es verboten, Pläne und Absichten für den Schabbatausgang und die kommende Woche zu besprechen (Schulchan Aruch, O.Ch. 301,7). Einige der häufigsten Anwendungen einer solchen verbotenen Rede sind: »Ich habe vor, heute Abend in die Innenstadt zu fahren«, »Ich rufe Sie nach dem Ende des Schabbats an« und »Für wie viel verkaufen Sie Ihr Auto oder Handy?«

Man darf jedoch vergangene Ereignisse und Abenteuer erzählen, auch wenn sie die Erwähnung sonst verbotener Schabbat-Tätigkeiten beinhalten (Rema, O.Ch 307,1). Zum Beispiel kann man Dinge sagen wie: »Letzte Woche sind wir in einen Vergnügungspark oder Zoo gegangen« und »Ich habe über 300 Euro gespart, um den Computer kaufen zu können, den ich letzte Woche gekauft habe« (Rambam, Hilchot Schabbat 23,18).

Das Nachdenken über die Wochentagsangelegenheiten, ohne sie dabei zu verbalisieren, ist jedoch erlaubt (Talmud, Schabbat 150a). Man darf auch über Mizwa-Angelegenheiten sprechen, selbst wenn es darum geht, Dinge zu erwähnen, über die normalerweise am Schabbat nicht gesprochen werden darf, sowie beispielsweise Zedaka oder Online-Schiurim (Schulchan Aruch, O.Ch. 306,6). Der Brauch, andere auf eine andere Art und Weise zu begrüßen als unter der Woche, resultiert ebenfalls aus der Anordnung, am Schabbat anders zu sprechen (Beer Hetev 307,5).

GUT SCHABBOS Anstatt jemanden mit dem üblichen »Hallo« oder »Guten Morgen« zu begrüßen, wird daher empfohlen, »Schabbat Schalom« oder »Gut Schabbos« zu verwenden. Einige rabbinische Autoritäten schlagen sogar vor, dass man wegen der Heiligkeit des Tages am Schabbat ausschließlich in der heiligen Sprache, also Hebräisch, spricht (vgl. Mischna Brura 307,5).

Laut der dritten Kategorie ist es verboten, Interessen der Wochentage am Schabbat zu verfolgen, selbst wenn man damit keine der verbotenen Schabbat-Tätigkeiten ausüben müsste (Schulchan Aruch, O.Ch. 306,1).

Ebenso darf man sich nicht an Aktivitäten beteiligen, die durchgeführt werden, um sich auf den Abschluss des Schabbats vorzubereiten, oder auf andere Weise die Aktivitäten nach Schabbat erleichtern (Rambam, Hilchot Schabbat 24, 1,2). Zum Beispiel ist es verboten, zum Arbeitsplatz zu gehen, um sofort mit der Arbeit beginnen zu können, sobald der Schabbat endet (Talmud, Eruvin 38b).

BUSHALTESTELLE Ebenso ist es verboten, an einer Bushaltestelle zu warten, um am Ende des Schabbats sofort in den Bus einsteigen zu können. Trotzdem kann vieles, was oben diskutiert wurde, erlaubt sein, wenn es für Mizwa-bezogene Zwecke getan wird (Schulchan Aruch, O.Ch. 306, 3,6).

Wie wir sehen, dienen diese Gesetze allein dafür, dass der Schabbat zu einer spirituellen Insel wird – und um ihn möglichst von den überlasteten, angespannten und profanen Wochentagen zu trennen.

Der Autor ist Gemeinderabbiner der Synagogengemeinde Konstanz und Mitglied des Beirats der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD).

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