Die Tora betrachtet die Menschenwürde als zentral, und sie spielt bei halachischen Entscheidungen oft eine wichtige Rolle (zum Beispiel im Babylonischen Talmud Megilla 3b oder Brachot 94b).
Um sowohl die individuelle als auch die nationale Würde auf hohem Niveau zu garantieren, befiehlt uns die Tora, keine Aktivitäten auszuüben, die als widerlich angesehen werden könnten (3. Buch Mose 2,25 und 11, 43–45). Das Verbot, etwas Ekelhaftes zu tun, bezeichnet man als »Bal Teschaktzu« (Bejt Josef, Joreh Deah 116).
Normen Die Prinzipien von »Bal Teschaktzu« werden ständig neu bewertet und angewendet, basierend sowohl auf subjektiven persönlichen Präferenzen als auch auf objektiven sozialen Normen. Tatsächlich sehen wir in der gesamten halachischen Literatur, dass es Autoritäten gab, die etwas wegen »Bal Teschaktzu« verbieten, während andere die gleichen Dinge zulassen würden – jede basierend auf ihrem eigenen Verständnis dessen, was als »widerlich« zu bezeichnen ist (wie etwa Joreh Deah 59,2 versus Aruch Haschulchan, Joreh Deah 59,8).
Man ist verpflichtet, sich die Hände zu waschen, bevor man Nahrungsmittel anrührt.
Einige Beispiele, die unter das Verbot von Bal Teschaktzu fallen: Man darf keine Lebensmittel essen, die die meisten Menschen für ekelhaft halten, auch wenn man sie zufällig genießt (Joreh Deah 116,6). Lebensmittel, die die meisten Menschen genießen, obwohl eine bedeutende Minderheit der Bevölkerung sie für ekelhaft hält, können gegessen werden (Kaf haChaim 116,78).
Man sollte niemals mit offenem Mund kauen. Ebenso ist es verboten, gekaute Lebensmittel aus dem Mund zu nehmen oder zuvor gekaute Lebensmittel zu essen (Kaf haChaim 116,76). Man ist verpflichtet, sich die Hände zu waschen, bevor man Nahrungsmittel anrührt (Kitzur Schulchan Aruch 33,9). Man sollte niemals gemeinsam aus einem Glas trinken (Kaf haChaim 116,94).
Einige halachische Autoritäten schlagen vor, dass Ess- und Kochutensilien, die ekelhafte Substanzen aufgenommen haben, vor der erneuten Verwendung gekaschert werden sollen (Kaf haChaim 116,74-75). Man sollte niemals eine vulgäre und unangemessene Sprache verwenden (Orchot Chaim von Rosch 61).
Handschuhe Das Berühren von widerwärtigen Gegenständen ist ebenfalls verboten und sollte nur mithilfe von Handschuhen und dergleichen erfolgen (Kaf haChaim 116,70). Man sollte auch nicht in der Öffentlichkeit in der Nase bohren, spucken oder sich an Aktivitäten beteiligen, die die Zuschauer als anstößig empfinden könnten (Chaggiga 5a).
Es gibt übrigens auch ein gravierendes Verbot, einen anderen in der Öffentlichkeit zu beschämen oder ihn in Verlegenheit zu bringen (Bawa Mezia 58b). Wer Ehre erlangt, indem er einen anderen erniedrigt, hat keinen Anteil an der kommenden Welt (Midrasch Rabba 1,5). Wir müssen unbedingt auch unseren Kindern solche Werte vermitteln (Sefer Chassidim 641).
Wer Ehre erlangt, indem er einen anderen erniedrigt, hat keinen Anteil an der kommenden Welt.
Das Verschlucken eines lebenden Fisches ist zwar theoretisch erlaubt, da das Verbot, von den lebenden Tieren zu essen (Ewer min haChaj), sich ausschließlich auf Warmblüter wie Tiere oder Vögel, also nur auf die Lebewesen, die koscher geschlachtet werden müssen, bezieht (Schach, Joreh Deah 62,2). Die meisten Rabbiner haben dies jedoch verboten und halten es für eine widerliche Praxis, die mit »Bal Teschaktzu« zusammenhängt (Aruch haSchulchan, Joreh Deah 13,2).
Käfer Auch wenn das Essen bestimmter Käfer (Babylonischer Talmud, Chullin 66a) und sogar das Trinken von Urin grundsätzlich zulässig sind (Joreh Deah 81,1), sollten diese Tätigkeiten wegen der Prinzipien von Bal Teschaktzu unterbleiben (Schach, Joreh Deah 81,3, Rema, Joreh Deah 13,1).
Menschen, die sich weigern, ihre dringende Notdurft zu verrichten, beziehungsweise es hinausziehen, übertreten ebenfalls das Verbot von Bal Teschaktzu (Makkot 16b). Der Punkt, an dem man sich sofort entleeren muss, ist, wenn der Drang so groß ist, dass man nicht aufhören kann, darüber nachzudenken (Piskej Teschuwot 3,9).
Wenn man jedoch aus Gründen der Menschenwürde nicht auf die Toilette gehen kann, darf man sich auch weiterhin enthalten (Mischna Brura 3,31). Es ist übrigens auch zulässig, sich nicht zu entleeren, wenn dabei medizinische Überlegungen eine Rolle spielen (Schraga haMeir 1,74).