Training

Rhetorik für den Rabbi

Rabbiner beim Seminar in Frankfurt Foto: Rafael Herlich

Die Anforderungen sind deutlich gestiegen. Rabbiner müssen zum einen nach innen in die Gemeinden wirken. Dabei sprechen sie sehr viel, weiß Avichai Apel. »Jeder Rabbiner redet vor seiner Gemeinde am Schabbat, unter der Woche, im Jugendzentrum, in der Schule, im Altenzentrum.« Jede Gruppe brauche einen anderen Umgang mit Sprache, Inhalt und dessen Weitergabe, erläutert der Frankfurter Gemeinderabbiner, der auch Mitglied im Vorstand der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) ist.

»Wie bringe ich die Botschaft rüber?«, sei eine wichtige Frage, ergänzt Sabena Donath. Die Leiterin der Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden in Deutschland weist auf eine weitere Herausforderung für Rabbiner hin: Zunehmend würden sie auch als Botschafter jüdischen Lebens für die nichtjüdische Öffentlichkeit eingeladen. Rabbiner werden von Medien zu aktuellen politischen Themen befragt, sie müssen Podiumsdiskussionen bestreiten und Eröffnungsreden halten. Im Rahmen ihres Fortbildungsangebots hat die Bildungsabteilung bereits Rhetoriktraining-Kurse für Gemeindemitarbeiter veranstaltet.

Westend-Synagoge In Zusammenarbeit mit der Orthodoxen Rabbinerkonferenz hat sie nun erstmals ein Rhetorik-Seminar für Rabbiner angeboten. Ende Oktober kamen 15 orthodoxe Rabbiner aus ganz Deutschland in der Frankfurter Westend-Synagoge zu der zweitägigen Fortbildung zusammen. In ihrer Größe und Pracht biete die Synagoge nicht nur eine schöne Seminaratmosphäre, sondern auch verschiedene Räume, optische und auch akustische Möglichkeiten, sagt Sabena Donath. »Und es ist ein heiliger Ort«, betont sie.

Harry Schnabel, Mitglied im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und im Präsidium des Zentralrats, begrüßte die Seminarteilnehmer. Er erinnerte an die Bedeutung, die Rabbiner früher gehabt hätten, als es noch keine Strukturen wie Gemeinderat, Gemeindevorstand oder Zentralrat gab: »Nur der Rabbiner stand für die Autorität und hatte das Sagen.« Schnabel ermahnte die Teilnehmer, ihre Persönlichkeit und die Art, wie sie redeten, seien entscheidend für ihren Einfluss auf die Gemeinde.

Das Seminar wurde von Sabena Donath und Zvi Bebera geleitet. Neben seiner Tätigkeit als Leiter des Jugendzentrums der Frankfurter Gemeinde arbeitet Bebera seit Jahren als Referent mit den Schwerpunkten Kommunikation, Rhetorik, Pädagogik und informelle Erziehung. Zum Einstieg erzählte er eine Geschichte, deren Pointe das Seminarthema auf den Punkt brachte: »Es ist sehr wichtig, was du verkaufst, aber genauso wichtig ist, wie du es verkaufst.«

Videoaufzeichnungen In einem kleinen Gebetsraum versammelten sich die Seminarteilnehmer zur ersten gemeinsamen Übung. Anhand eines Stichworts mussten sie eine kurze, spontane Rede halten. Die Vorträge wurden auf Video aufgezeichnet. Deren Themen bildeten ein breites Spektrum ab: »Halle«, »Antisemitismus in Deutschland«, »Islam«, »Jüdisch-Christlicher Dialog«, um nur einige Beispiele zu nennen. Bei den Vorträgen zeigten sich unterschiedlichste Temperamente, von förmlich-zurückhaltend bis locker-extrovertiert.

Später wurden die Videoaufzeichnungen in der Gruppe ausgewertet. Avichai Apel schätzt die Möglichkeit, die Beiträge untereinander zu diskutieren: »Man sieht seine eigenen Fehler, die Fehler der anderen, man lernt voneinander.« Das sei sehr hilfreich. Das Kameratraining habe einen hohen Effekt der Selbstreflexion und Außenreflexion, bestätigt Sabena Donath.

Das Seminarprogramm umfasste weitere Übungen mit Videoeinsatz, aber auch Module zu Grundregeln der Rhetorik, Wortschatz und Stil sowie zum Umgang mit Interviews. Von Anfang an herrschte unter den Teilnehmern eine kommunikative Atmosphäre. »Ich persönlich bin sehr glücklich, dass wir so viele Rabbiner hier sehen«, freute sich Avichai Apel. Jeder habe schließlich etwas Interessantes zu sagen.

Zauberwürfel

Knobeln am Ruhetag?

Der beliebte Rubikʼs Cube ist 50 Jahre alt geworden – und hat sogar rabbinische Debatten ausgelöst

von Rabbiner Dovid Gernetz  09.01.2025

Geschichte

Das Mysterium des 9. Tewet

Im Monat nach Chanukka gab es ursprünglich mehr als nur einen Trauertag. Seine Herkunft ist bis heute ungeklärt

von Rabbiner Avraham Radbil  09.01.2025

Wajigasch

Nach Art der Jischmaeliten

Was Jizchaks Bruder mit dem Pessachlamm zu tun hat

von Gabriel Umarov  03.01.2025

Talmudisches

Reich sein

Was unsere Weisen über Geld, Egoismus und Verantwortung lehren

von Diana Kaplan  03.01.2025

Kabbala

Der Meister der Leiter

Wie Rabbiner Jehuda Aschlag die Stufen der jüdischen Mystik erklomm

von Vyacheslav Dobrovych  03.01.2025

Tradition

Jesus und die Beschneidung am achten Tag

Am 1. Januar wurde Jesus beschnitten – mit diesem Tag beginnt bis heute der »bürgerliche« Kalender

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  01.01.2025 Aktualisiert

Chanukka

Sich ihres Lichtes bedienen

Atheisten sind schließlich auch nur Juden. Ein erleuchtender Essay von Alexander Estis über das Chanukka eines Säkularen

von Alexander Estis  31.12.2024

Brauch

Was die Halacha über den 1. Januar sagt

Warum man Nichtjuden getrost »Ein gutes neues Jahr« wünschen darf

von Rabbiner Dovid Gernetz  01.01.2025 Aktualisiert

Mikez

Schein und Sein

Josef lehrt seine Brüder, dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie auf den Betrachter wirken

von Rabbiner Avraham Radbil  27.12.2024