Das Bermudadreieck ist wahrscheinlich eine der bekanntesten Mythen der modernen Zeitgeschichte. Unzählige Passagier- und Kriegsschiffe und sogar Flugzeuge der US Navy sollen spurlos in dem zwischen 1,3 und 3,9 Millionen Quadratkilometer großen Gebiet zwischen dem Süden Floridas, Puerto Rico und Bermuda verschwunden sein.
Das bekannteste Ereignis im Bermudadreieck ist das Verschwinden von Flug 19, fünf amerikanischen Bombern des Typs TBF Avenger der US Navy, während einer Trainingsmission Ende 1945. Obwohl die seltsamen Vorkommnisse schon viele Jahre zuvor begannen, wurde der geheimnisvolle und mysteriöse Begriff Bermudadreieck erstmals 1952 von George Sand im US-Magazin »Fate« verwendet, und seitdem blieb diese Bezeichnung haften.
VERSCHWINDEN Laut der israelischen Zeitung »Israel Hayom« wurde Anfang 2021 erneut das spurlose Verschwinden eines Schiffes mit 20 Besatzungsmitgliedern an Bord gemeldet. Die amerikanische Küstenwache suchte während 84 Stunden eine Fläche von 51.800 Quadratkilometern ab, ohne eine Spur der blau-weißen Mako Cuddy zu finden.
Es gibt viele verschiedene Erklärungsversuche der Vorkommnisse in diesem sagenumwobenen Gebiet, natürlicher und übernatürlicher Art. Die Theorien reichen von durch Naturphänomene wie Blowouts (Methanausbrüche) und Riesenwellen verursachte Unglücke bis zu Angriffen durch Seemonster und Entführungen durch Aliens. Bewiesen werden konnte jedoch keine dieser Theorien.
Laut Lawrence Kusche (The Bermuda Triangle Mystery – Solved, 1980) passieren in diesem Gebiet allerdings statistisch gesehen nicht mehr Schiffsunglücke als auf jeder anderen viel befahrenen Schiffsroute. Außerdem werden viele verunglückte Schiffe und Flugzeuge zu den Opfern des Bermudadreiecks gezählt, obwohl sie oft viele Hunderte Kilometer von diesem Gebiet entfernt verschwunden sind.
mythos In einer offiziellen gemeinsamen Stellungnahme der US Navy und der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde der Vereinigten Staaten (NOAA) zum angeblichen Mythos des Bermudadreiecks heißt es, dass es dort keine übernatürlichen Vorkommnisse gibt und eine Kombination von schlechten Wetterbedingungen und menschlicher Fehlbarkeit für die Vorfälle in dieser Region verantwortlich ist.
Dennoch müssen auch die größten Skeptiker zugeben, dass in diesem Gebiet etwas nicht stimmt. So wird auch angeblich in offiziellen See- und Luftkarten davor gewarnt, dass der Kompass in diesem Gebiet bis zu 14 Grad abweichen kann.
Möglicherweise ist schon bei dem mittelalterlichen Tora- und Talmudkommentator Raschi (1040–1105) eine Erklärung für die Vorkommnisse im Bermudadreieck zu finden. Er schreibt in seinem Kommentar zu Brachot 8a: »Im Ozean gibt es einige Stellen, die kein Metall zulassen, sodass die Bretter, aus denen die Schiffe gebaut werden, mit Seilen zusammengebunden werden müssen.«
METALL Warum ist an diesen Stellen kein Metall zugelassen? Der Raschasch, Rabbi Schmuel Straschun (1794–1872), ein bedeutender Talmudkommentator, erklärt, dass an diesen Stellen Magnete auf dem Meeresgrund liegen. Ob Raschi und Rabbi Schmuel Straschun damit explizit das Bermudadreieck meinten oder nicht, darüber lässt sich streiten. Auf jeden Fall aber kannten sie eine ähnliche Erscheinung.
Mit den Magneten, die auf dem Meeresgrund liegen, kann möglicherweise Magnetit gemeint sein, eines der stärksten ferromagnetischen Minerale. Laut Nick Hutchings, einem Experten für Tiefseebergbau im Bermudagebiet, wurden infolge eines antiken Vulkanausbruchs riesige Mengen dieses Minerals rund um die Bermuda-Inseln verteilt, die je nach Menge zu Abweichungen des Kompasses führen.
Doch ganz gleich, wie oft die Behörden betonen, dass es keinen Bermudadreieck-Mythos gibt und wie plausibel die rationalen Erklärungen scheinen – für viele Menschen bleibt das Bermudadreieck ein ungelöstes Rätsel. Die alte, aber stets gegenwärtige jüdische Weisheit liefert schon seit Jahrhunderten eine eigene Erklärung. Und wie schon oft erlebt, könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis diese von der modernen Wissenschaft bestätigt wird.
Der Autor ist angehender Rabbiner und studiert im Jerusalem Kollel.