Mit einer Podiumsdiskussion zum Thema »Zu jüdisch für Deutschland? Sichtbares jüdisches Leben« und einem festlichen Dinner hat das Rabbinerseminar zu Berlin am Donnerstagabend sein Jubiläumsjahr zum zehnjährigen Bestehen ausklingen lassen.
Auf dem Podium im Jüdischen Museum Berlin diskutierten Pinchas Goldschmidt, Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz und Oberrabbiner von Moskau, und Zentralratspräsident Josef Schuster. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, stieß wegen seiner Teilnahme am Bund-Länder-Treffen im Kanzleramt erst gegen Ende dazu.
Rabbiner Goldschmidt beklagte, es gebe in Europa ein Problem mit Religionsfreiheit.
FRAGEN Moderiert wurde die Veranstaltung von dem Journalisten Richard C. Schneider. Die Fragestellung lautete: »Was bedeutet es, als traditioneller Jude in Deutschland zu leben? Ist es möglich und von Politik und Gesellschaft gewollt? Was können wir dafür tun, dass jüdisches Leben in Deutschland wieder selbstverständlich wird?« Vor Beginn der Diskussion berichteten drei Betroffene über eigene und ihnen von anderen Juden berichtete Erfahrungen mit Ausgrenzung und Anfeindung.
Zentralratspräsident Schuster betonte, er habe die Empfindung, dass man von der Politik und insbesondere von der Regierungskoalition nicht nur Lippenbekenntnisse höre, sondern dass es tatsächlich den Wunsch gebe, jüdisches Leben zu schützen und zu fördern. Nicht jede Frage könne jedoch gesetzlich geregelt werden - wie etwa der Wunsch, an jüdischen Feiertagen frei zu nehmen, ohne beim Arbeitgeber Urlaub einzureichen.
Rabbiner Goldschmidt beklagte, es gebe generell in Europa ein Problem mit Religionsfreiheit. Er sprach die dabei die Beschneidungsdebatte in Deutschland und den Streit um das Schächten in mehreren europäischen Ländern an. Zugleich unterstrich er: »Wir haben den Krieg noch nicht verloren.«
ZUKUNFT Die Frage nach einer jüdischen Zukunft in Deutschland in 20 Jahren beurteilte Goldschmidt optimistisch: Deutschland verstehe, dass es jüdisches Leben brauche. Doch ohne orthodoxe Juden sei eine jüdische Gemeinschaft nicht vollständig.
Felix Klein berichtete vom Ergebnis des Bund-Länder-Treffens im Kanzleramt und von positiven Ergebnissen für die jüdische Gemeinschaft. Absolute Sicherheit, so Klein weiter, könne es niemals geben, doch die Politik habe verstanden, »dass man etwas tun muss«.
Die Geschäftsführerin des Rabbinerseminars, Sarah Serebrinski, betonte die zentrale Rolle von Rabbinern für ihre Gemeinden.
Moderator Richard C. Schneider sagte zum Abschluss, er selbst sei als Jude äußerlich nicht zu erkennen. Doch wenn seine wegen ihrer Kippa als Juden erkennbare Glaubensbrüder offen bedroht würden, könne auch er auf Deutschlands Straßen nicht ruhig gehen.
Die Geschäftsführerin des Rabbinerseminars, Sarah Serebrinski, betonte zum Abschluss die zentrale Rolle von Rabbinern für ihre Gemeinden. 2009 war das 1873 von Esriel Hildesheimer gegründete und 1938 von den Nationalsozialisten geschlossene orthodoxe Rabbinerseminar wiedergegründet worden. Seitdem werden dort Rabbiner gezielt für jüdische Gemeinden in Deutschland ausgebildet. ag
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