Richtfest mit Wolkenbruch, Blitz und Donner: Der Abschluss des Rohbaus der neuen Potsdamer Stadtsynagoge ist unter herausfordernden Begleitumständen gefeiert worden. Neben Frauen, Männern und Kindern der jüdischen Gemeinden und mehreren Rabbinern nahmen am Freitag zahlreiche Bauleute sowie Vertreterinnen und Vertreter der Landes- und Stadtpolitik an der Feier teil. Auch Ministerpräsident Dietmar Woidke und sein Amtsvorgänger Matthias Platzeck (beide SPD) waren vor Ort.
Mit der Synagoge entstehe ein zentraler Ort jüdischen Lebens in Brandenburg und Potsdam, sagte der Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, bei der Feier. Das moderne Gebäude, das jahrhundertealten Traditionen des Synagogenbaus folge, solle zum gesellschaftlichen Mittelpunkt der jüdischen Gemeinschaft im Land werden. Das Richtfest sei ein »wichtiger Meilenstein« auf dem Weg dahin. Der jüdische Sozialverband wird Träger des Hauses.
Die Freude darüber, dass die Synagoge nun Gestalt annimmt, sei »spürbar und greifbar« sagte Woidke. Dass das Land das Gotteshaus baut, sei eine »absolute Ausnahme«, weil dies eigentlich keine staatliche Aufgabe sei, betonte der Ministerpräsident. Aus dem »dunkelsten Kapitel« der deutschen Geschichte, der Schoa und weiterer NS-Verbrechen, erwachse jedoch eine besondere Pflicht und Verantwortung, für das Wiedererstehen jüdischen Lebens einzustehen.
Zu den bleibenden Aufgaben gehöre auch, sich Antisemitismus aktiv entgegenzustellen, sagte Woidke. Die Zunahme antisemitischer Straftaten und Vorfälle sei »eine Schande«. Dass es in der jüdischen Gemeinschaft trotz NS-Verbrechen und aktuellem Antisemitismus Vertrauen in das Land gebe, sei »ein großes Wunder«, sagte der Ministerpräsident. Mit dem neuen Potsdamer Synagogen- und Gemeindezentrum werde »ein schützendes Dach über die jüdischen Gemeinden gespannt«.
Mit der für März 2024 geplanten Übergabe des Sakralbaus an die Zentralwohlfahrtsstelle werde dann auch die Zeit der Provisorien und Umzüge der Potsdamer jüdischen Gemeinden ein Ende haben, sagte Woidke.
Im strömenden Regen wurde am Freitag die Richtkrone aufgezogen. Mit tropfenden Bauhelmen und regennasser Festkleidung schlugen unter anderen Woidke und Lehrer symbolisch die letzten Nägel in einen Holzbalken.
Die historische Potsdamer Synagoge wurde nach der NS-Pogromnacht von 1938 zweckentfremdet, 1945 bei einem Luftangriff zerstört und später abgerissen. An ihrem früheren Standort wurde zu DDR-Zeiten ein Wohnhaus errichtet. Der Grundstein für das neue Synagogen- und Gemeindezentrum wurde im November 2021 gelegt, mehr als zehn Jahre nach der ersten europaweiten Ausschreibung für das Bauvorhaben. Das Land finanziert den Bau der Synagoge mit knapp 16 Millionen Euro.