Irgendwie hat Beni Frenkel immer Pech. Dieser Eindruck drängt sich auf, auch wenn man nur wenige seiner Glossen gelesen hat, die jetzt in dem Buch Der Jude lacht erschienen sind. Allerdings legt der Schweizer Autor und Pädagoge es auch bewusst darauf an, als Schlemihl wahrgenommen zu werden: Sei es als 13-Jähriger, den das von ihm angehimmelte Mädchen in der Synagoge komplett ignoriert, sei es als langweiliger Familienvater, dessen Einladung zum Schabbes-Essen niemand folgen will, als Schweizer Rekrut, der es nicht einmal schafft, sein Gewehr auseinanderzunehmen – oder als einfacher Beter, der sich wünscht, seine Eltern hätten der Synagoge eine Toilettenheizung gespendet, »in warmer Erinnerung an die Barmizwa von Beni Frenkel«.
Insider Dabei hat der Autor viel mehr zu bieten als jüdischen Humor, der auf seine eigenen Kosten geht. Seine Texte, die teilweise in der »Jüdischen Allgemeinen« erschienen sind – seit Jahren veröffentlicht Beni Frenkel seine Glossen auf der Seite 22 –, drehen sich vor allem um Privates, nehmen aber auch das Leben rund um den Kiddusch und die orthodoxe Szene in Zürich aufs Korn.
Frenkel schreibt hier als Insider, der die Gebote der Tora aktiv praktiziert, auch wenn es ihm nicht immer leichtfällt. Wie kurz vor Sukkot, wenn er sich als »Experte für Arba Minim« ausgibt, obwohl er angeblich absolut keine Ahnung hat, wann ein Lulav koscher ist und wann nicht. (»Nussig, ein Hauch von Kirschbaum«, postuliert er, nachdem er am Etrog gerochen hat.) Oder wenn er als Gabbai in der Altersheim-Synagoge fungiert, dem nur mit großer Mühe jüdische Namen wie »Mordechai Schulem ben Hachower Aron Jissachar Levi« von den Lippen kommen.
Frenkel hält nicht hinter dem Berg mit Kritik an manchen Tendenzen in bestimmten Kreisen des Schweizer Judentums. Dass sich orthodoxe Frauen (etwa in Davos, so seine Beobachtung) zunehmend in Schwarz kleiden, missfällt ihm zutiefst: »Junge jüdische Frauen orientieren sich immer mehr an der Farben- und Kleiderauswahl älterer Rebbezen. Dahinter steckt in vielen Fällen tiefe Frömmigkeit, häufig aber auch Unsicherheit und Angst.« Die Charedim, schreibt Frenkel, müssten aufpassen, dass ihre wichtigen und universellen Botschaften nicht verlorengehen, nur weil sie in modischer Hinsicht den Anschlusszug an die Moderne verpassten.
»Koscher-Mafia« Auch die »Koscher-Mafia«, wie Frenkel es ausdrückt, bekommt ihr Fett weg: »Natürlich ist es unverantwortlich, in einem Koscher-Laden eine Woche vor Pessach unkoschere Mazzot zu verkaufen. Aber haben wir nicht alle ähnliche Erfahrungen gemacht? Meinem Bruder wurden zur Barmizwa Tefillin verkauft, die keine handgeschriebenenen Pergamentschriften in den Kapseln hatten, sondern gedruckte Papierröllchen.« Woraus Frenkel folgende Erkenntnis zieht: »Auf einen seriösen Koscher-Stempel darf man sich verlassen. Auf einen Bart noch nicht.«
Doch nicht nur Juden, sondern auch Außenstehende werden aufs Korn genommen. Wie zum Beispiel eine sogenannte Gruppe von »Ah ja-Gojim«, die vom auserwählten Volk keine Ahnung haben, »außer dass die Juden siebenmal täglich in Richtung Mekka beten«, und Fragen stellen wie »Dürfen Juden Nutella essen?«.
Philosemiten hingegen heißen bei Frenkel »Aha! Gojim« – sie können »die Bibel notfalls auch rückwärts lesen« und haben die Taschenausgabe von Der Talmud zerlesen im Bücherregal stehen. Wirklich problematisch sind aus der Sicht des Autors nur »Hmmm-Gojim«, denen Juden einfach egal sind. (Antisemiten gibt es in dieser Textsammlung nur wenige.) Während die beiden Letztgenannten Frenkels Buch wohl nicht kaufen werden, sind die »Berichte von der Last des (jüdischen) Alltags« für alle anderen eine Bereicherung – natürlich auch für Juden, die sich in vielen komischen und weniger komischen Dilemmata wiederfinden werden.
Beni Frenkel: »Der Jude lacht: Berichte von der Last des Alltags«, Elster, Zürich 2014, 154 S., 19,80 €