Natur

Nachdenken über Nachhaltigkeit

Früchte essen, etwas Kleingeld in die KKL-Büchse tun, an einer Sederfeier teilnehmen: In der Diaspora haben Juden nicht viele Möglichkeiten, Tu Bischwat zu begehen. Die meisten mit dem Neujahrsfest der Bäume in Verbindung stehenden Traditionen können im Ausland nicht erfüllt werden, meint Rabbiner Arie Strikovsky vom Jerusalemer Pardes-Institut.

»Tu Bischwat ist mit dem Land Israel verbunden. Wir können hier Bäume pflanzen und uns direkt mit der Natur verbinden.« Doch ganz unabhängig vom Ort sei der Feiertag eine gute Gelegenheit, über Bäume und Umwelt nachzudenken, entsprechende Stellen in der Tora und im Talmud zu studieren, und den biblischen Gedanken von Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Blick zu haben.

Symbol Bäume haben im Judentum eine ganz besondere Bedeutung, allein in der hebräischen Bibel werden sie 150 mal erwähnt. Bäume sind die größten Pflanzen, mit sehr langer Lebensdauer. Sie sind in der Erde verwurzelt, ihre Blätter scheinen in den Himmel zu reichen. Kein Wunder, dass sie für den Menschen zu kraftvollen Symbolen wurden. »Wie die Tage eines Baumes« sollen »die Tage meines Volkes« sein, heißt es in Jesaja (65,22). Und der Mensch, der sich auf den Ewigen verlässt, »wird sein wie ein am Wasser gepflanzter Baum«, ist bei Jeremia (17,8) zu lesen.

Und im 5. Buch Moses (20,19) steht, der Mensch sei wie der Baum des Feldes, »ki ha’adam kmo etz hasadeh«. Dieser Satz ist im Zusammenhang mit dem an dieser Stelle in der Tora erwähnten Verbot zu verstehen, in einer belagerten Stadt die Fruchtbäume zu zerstören.

Die Aussage, dass ein Mensch wie der Baum des Feldes sei, wird in unterschiedlicher Weise gedeutet. Der Kommentator Ibn Ezra meint zum Beispiel, dass ein Mensch abhängig vom Baum sei. Denn der versorge ihn mit Früchten, Holz, Schatten und vielem mehr.

Elemente Rabbiner Akiva Wolff vom Center for Business Ethics in Jerusalem sagt, dass ein Baum die Möglichkeit hat, aus den einfachsten Elementen wie Sonnenlicht, Wasser und Erde wertvolle und sogar lebenswichtige Dinge zu machen. Der Mensch kann im gleichen Sinne wirken, wenn er zum Beispiel Sonnen- oder Windkraft zur Energiegewinnung nutzt.

Der Midrasch erläutert, dass Bäume einst komplett verspeist werden konnten, da Stämme, Äste und Blätter gleichermaßen schmeckten. Erst als nur die Früchte genutzt wurden, blieb der Baum intakt, und damit sein Potenzial, auch in Zukunft noch den Menschen zu dienen. »Es ist wichtig an Tu Bischwat, sich anhand solcher Beispiele über Nachhaltigkeit Gedanken zu machen«, meint Rabbiner Wolff.

Rabbiner Strikovsky betont, dass das Verbot der Tora, Obstbäume in der belagerten oder eroberten Stadt zu zerstören, auch als Gebot gedeutet wird, die Natur insgesamt nicht unnötig zu schädigen. Etwa 2.000 Jahre, in denen die Juden im Exil waren, konnten sie diese Mizwa nicht wirklich befolgen. »So lange waren wir nicht Eigentümer des Landes«, sagt der Gelehrte. »Aber jetzt in Eretz Israel sollten wir zu diesem Erbe zurückkehren und die Umwelt bewusst schützen und behüten.«

Talmudisches

Datteln

Was unsere Weisen über den Verzehr der Frucht lehrten

von Rabbinerin Yael Deusel  01.11.2024

Israel

Kalman Bar ist neuer aschkenasischer Oberrabbiner

Im Vorfeld der Wahl gab es interne Machtkämpfe

 01.11.2024 Aktualisiert

Noach

Die Kraft des Gebets

Hätte sich Noach intensiver an den Ewigen gewandt, wäre es vielleicht nicht zur Sintflut gekommen

von Rabbiner Avraham Radbil  31.10.2024

Essay

Die gestohlene Zeit

Wie der andauernde Krieg die Rhythmen des jüdischen Kalenders verzerrt. Beobachtungen aus Jerusalem

von Benjamin Balint  23.10.2024

Bereschit

Höhen und Tiefen

Sowohl Gut als auch Böse wohnen der Schöpfung inne und lehren uns, verantwortlich zu handeln

von Rabbinerin Yael Deusel  23.10.2024

Simchat Tora

Untrennbar verwoben

Können wir den Feiertag, an dem das Massaker begann, freudig begehen? Wir sollten sogar, meint der Autor

von Alfred Bodenheimer  23.10.2024

Deutschland

Sukkot in der Fußgängerzone

Wer am Sonntag durch die Bonner Fußgängerzone lief, sah auf einem zentralen Platz eine Laubhütte. Juden feiern derzeit Sukkot auch erstmals öffentlich in der Stadt - unter Polizeischutz

von Leticia Witte  20.10.2024

Laubhüte

Im Schatten Seiner Flügel

Für die jüdischen Mystiker ist die Sukka der ideale Ort, um das Urvertrauen in Gʼtt zu stärken

von Vyacheslav Dobrovych  16.10.2024

Freude

Provisorische Behausung

Drei Wände und ein Dach aus Zweigen – selbst eng gedrängt in einer zugigen Laubhütte kommt an Sukkot feierliche Stimmung auf

von Daniel Neumann  16.10.2024