Schützen die Menschenrechte Religionen, oder schränken sie deren Freiheit ein? Fördern religiöse Gemeinschaften die Menschenrechte oder betrachten sie diese eher als ein Hindernis bei der Ausübung ihrer Praxis?
Fragen wie diesen gingen in der Katholischen Akademie in Berlin anlässlich einer kirchenrechtlichen Tagung christliche, jüdische und muslimische Experten näher auf den Grund. Schließlich ist das Thema nicht nur in der Politik ein Dauerbrenner. »Denn die Kirchen zählten keinesfalls immer zu den Verteidigern und Förderern der Menschenrechtsideale«, wie es Ludger Müller, Professor für Kirchenrecht an der Universität Wien selbstkritisch auf den Punkt bringt.
strafbestand In den Diskussionen dominierte deshalb oft die Frage nach dem Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften. Während Prälat Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, in diesem Kontext wenig überraschend für den Erhalt des sogenannten Blasphemie-Paragrafen eintrat, der die Religionen vor Beschimpfungen schützen soll, verwies Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, auf die Tatsache, dass dieses Gesetz dem grassierenden Antisemitismus, mit dem man täglich konfrontiert werde, keinen Riegel vorzuschieben vermag. »Die uns täglich erreichenden Hass-Schreiben fallen durch sämtliche Raster der Straftatbestände.«
Genau deshalb stellen die Staatsanwaltschaften im Regelfall alle Verfahren ein. »Viel wichtiger als als ein Blasphemie-Paragraf sind deshalb Gesetze, die eine Diskriminierung zum Inhalt haben«, sagte Botmann. Darüber hinaus fand der Jurist lobende Worte für das in Deutschland geltende Religionsverfassungsrecht, das seiner Auffassung nach nicht nur das Gleichgewicht zwischen Staat und Religionsgemeinschaften regelt, sondern darüber hinaus zahlreiche integrative Ansätze bietet.
vorbild »Auch die islamischen Gemeinden können auf diese Weise einen Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts erreichen«, meint Botmann. Genau deshalb ist für ihn das Religionsverfassungsrecht alles andere als ein Auslaufmodell, sondern besitze sogar das Potenzial, Vorbild für andere europäische Staaten zu sein.
Wie schwierig sich mitunter Vertreter des organisierten Islams mit dem Thema Menschenrechte tun, bewies der Politologe und Islamwissenschaftler Professor Mohammed Khallouk, der den Zentralrat der Muslime berät. Zwar betonte er, dass Religion und Menschenrechte nicht im Widerspruch stünden. »Sie sind aber kontextgebunden und daher westlich definiert und nicht immer übertragbar.«
Auf diese Weise stellte Khallouk ihre Universalität infrage und vermittelte zudem den Eindruck, dass Menschenrechte für ihn nur dann relevant sind, wenn sie den Islam vor seinen Kritikern unter Schutz stellen.