Nach den Terroranschlägen von Paris, denen Anfang Januar insgesamt 17 Menschen zum Opfer fielen, hat die orthodoxe Conference of European Rabbis (CER) in der vergangenen Woche ein Manifest gegen religiösen Extremismus verabschiedet.
In den verschiedenen Selbstverpflichtungen, zu denen Europas Religionsgemeinschaften in dem Text aufgerufen werden, ist unter anderem eine formelle Ausbildung und Bezahlung religiöser Führungspersönlichkeiten innerhalb Europas sowie eine Kontrolle von Spendengeldern enthalten.
Reine Lippenbekenntnisse seien in der jetzigen Situation nicht hilfreich, erklärten die Rabbiner: »Plattitüden und Statements, in denen sich Mainstream-Glaubensgemeinschaften in starken Worten von terroristischen Akten distanzieren, sind total unangebracht. Dieses Problem bedarf handfester und nachvollziehbarer Maßnahmen und einer ehrlichen Evaluation der Fortschritte.«
Das Manifest ist nach Angaben der orthodoxen Rabbinerkonferenz, die Büros in Israel, Paris, Brüssel und Moskau unterhält, in Abstimmung mit hochrangigen christlichen und muslimischen Führungspersönlichkeiten in Europa entstanden.
Spendengelder Es fordert unter anderem eine offizielle Offenlegung von Spenden über 5000 Dollar an europäische Institutionen und eine Überwachung aller Spenden aus dem Ausland, damit sichergestellt werden könne, dass islamistische Gruppen wie etwa die Muslimbrüder nicht an Einfluss auf Religionsgemeinschaften in Europa gewinnen.
Außerdem sollten alle religiösen Gruppierungen in den einzelnen europäischen Ländern in nationalen Registern erfasst werden, forderten die Rabbiner weiter. Zudem solle jede Religionsgemeinschaft einen Extremismus-Präventionsbeauftragten ernennen. Ferner schlägt die CER die Schaffung einer interkonfessionellen Institution für einen religiösen Diskurs über Extremismus vor.
»Niemand versteht die Stärken, die Schwächen und die Widersinnigkeiten einer Glaubensgemeinschaft besser als ihre hingebungsvollen Anhänger. Sie sind daher in der einzigartigen Situation, eine bedeutsame Änderung herbeiführen zu können, und müssen sich ihrer Verantwortung auf diesem Gebiet stellen«, schrieben die Rabbiner weiter in ihrem Manifest.
Selbstverteidigung Unterdessen hat Rabbiner Menachem Mendel Margolin, Generaldirektor der European Jewish Association (EJA), Berichte bestritten, laut denen er alle europäischen Juden dazu aufgerufen habe, Waffen zu tragen.
Margolin, Direktor des »Rabbinical Center of Europe«, das ebenfalls orthodoxe Rabbiner vertritt, teilte am Sonntag in Brüssel auf der Website der EJA mit: »Rabbiner Margolin hat niemals gefordert, dass jeder Jude eine Waffe tragen soll. Er ist auch kein Unterstützer einer weit verbreiteten Waffennutzung. Falls Waffenscheine erteilt worden sind, befürwortet Rabbiner Margolin den Schusswaffengebrauch in verantwortlicher Weise und zur Selbstverteidigung.«
Waffengesetze Margolin, der sich der Philosophie des Lubawitscher Rebben verbunden fühlt, sagte weiter, in dem derzeitigen angespannten Klima, in dem Juden Angst hätten, im koscheren Supermarkt einzukaufen, eine Synagoge zu besuchen oder ihre Kinder in eine jüdische Schule zu schicken, sollten die europäischen Behörden für die Sicherheit der Juden in ganz Europa sorgen.
Falls dies nicht möglich sei, sollten die europäischen Innenminister längerfristig die Waffengesetze überdenken und Führungspersonen jüdischer Gemeinschaften erlauben, sich durch das Tragen von Waffen selbst zu verteidigen und ein Training zu absolvieren, um ihre Mitglieder vor potentiellen Terrorangriffen zu schützen.