Neulich habe ich mir Mel Brooks’ Komödie Robin Hood – Helden in Strumpfhosen angeschaut. Darin platzt Robin Hood in einen Festsaal, in dem König John und sein Gefolge essen, und knallt ein riesiges Schwein auf den Teller des Königs. Der König wirft einen Blick darauf, verzieht das Gesicht und spuckt aus: »Trejf!«
Ich glaube kaum, dass die Mehrzahl der Zuschauer diesen Witz versteht. Das Wort »trejf« ist nicht englisch oder deutsch. Es handelt sich um einen jiddischen oder hebräischen Ausdruck, der eigentlich »nicht koscher« bedeutet, aber im Laufe der Zeit immer mehr die Bedeutung von »igitt!« angenommen hat. Um diesen Witz zu verstehen, muss man nicht nur Juden kennen, man muss auch mit dem Judentum und seinen religiösen Praktiken vertraut sein.
Wenn wir den Humor von Mel Brooks beiseite lassen, dann illustriert diese Szene eine Eigenschaft, die dem Judentum seit seiner Entstehung eigen ist: Judentum heißt nicht nur, andere Menschen korrekt zu behandeln. Es geht um die menschlichsten, die intimsten Handlungen unseres Lebens, und die fangen natürlich mit dem Essen an. In der jüdischen Tradition darf Essen nicht irgendwie geschehen – es muss auf jüdische Art und Weise geschehen.
Was bedeutet das? Es bedeutet, dass man einen Segen spricht, bevor man etwas zu sich nimmt. Der Talmud lehrt, dass jeder ein Dieb ist, der etwas isst, ohne den Segen zu sprechen. Erst nachdem man anerkannt hat, dass das Essen von Gott kommt, darf man es verzehren. Und wenn es um Brot geht, wäscht man sich zunächst die Hände, spricht dann das Hamotzi, also den Segen über das Brot, und erst dann isst man es. Und auch nach dem Essen spricht man einen Segen.
Fleisch Es gibt Lebensmittel, die verboten sind. In der Tora lesen wir über das Fleisch der Tiere, die verboten sind. Es gibt Tiere, die man essen darf, und solche, die man nicht essen darf. Die einen sind koscher, andere sind trejf.
Wenn es scheint, als konzentrierte ich mich ganz auf die Tiere in meiner Diskussion über Kaschrut, dann deswegen, weil ich genau das tue. Wer alle Lebensmittel, die aus Milch, Eiern oder tierischem Fleisch gemacht werden, von seinem Speiseplan verbannt, würde streng koscher essen. Grundsätzlich handeln die Kaschrutgesetze von der Beschränkung unseres Fleischverzehrs.
Das ist kein Zufall. Bei der Kaschrut geht es darum, dass wir uns über unsere tierische Existenz erheben. Doch für die Tora war die Vorstellung einer rein vegetarischen Ernährung absurd. Die Tora erkennt, dass eine vegetarische Ernährung nicht praktisch ist. Die Menschen haben den Wunsch, Fleisch zu essen, und – das galt jedenfalls für die Zeit, als die Tora geschrieben wurde – die Vorstellung, dass größere Massen von Menschen überleben könnten, ohne Fleisch zu essen, war fremd.
Käse Und so können die Koschergesetze als eine Art Kompromiss verstanden werden: eine Methode, den Verzehr von Fleisch zu kanalisieren und zu begrenzen. Da geht es um bestimmte Tiere. Erlaubt sind nur Tiere, die auf eine bestimmte Art und Weise geschlachtet wurden. Zudem ist der Verzehr von Fleisch nur erlaubt, wenn keine Milch und kein Käse – Symbole der lebensspendenden und lebensbejahenden Macht der Tiere – in der Nähe sind.
Vor Kurzem las ich das Buch Tiere essen von Jonathan Safran Foer, dessen Lektüre ich sehr empfehle. Vor allem ist Foer ein erstaunlicher Schriftsteller. Allein aus diesem Grund sollte man das Buch lesen. Zweitens dürfen wir das Thema nicht einfach ignorieren.
Auch andere Bücher diskutieren das Leben der Tiere, deren Fleisch wir hierzulande verzehren, aber Foer kommt geradewegs zur Sache. Es konfrontiert uns mit einer radikalen ethischen Herausforderung. In gewissem Sinne setzt es an dem Punkt ein, an dem Kaschrut endet. Kaschrut schärft unser Bewusstsein für das moralische Dilemma, das sich auftut, wenn wir Tiere essen.
Und es stellt uns einige praktische Regeln zur Verfügung, um
einerseits dieses Dilemma zu verringern und andererseits in den Tieren nicht nur unser zukünftiges Mittagessen zu sehen. Laut Foer gehen die Kaschrutvorschriften nicht weit genug. Sein Buch ist für uns alle eine wichtige ethische Herausforderung, sowohl für jene, die koscher essen, als auch für alle anderen.
Normen Ich bin mir bewusst, dass es innerhalb unserer Gemeinschaft eine Vielfalt von Kaschrutnormen gibt. Einige halten die Koschergesetze sowohl zu Hause als auch außerhalb ein. Andere führen einen koscheren Haushalt, sind aber außerhalb ihres Heims um vieles lockerer. Wieder andere essen fast alles, was auf der Speisekarte steht, ziehen aber die Grenze bei Schweinefleisch oder Schalentieren.
Und wieder andere essen alles ungestraft – außer vielleicht zur Zeit von Pessach, wo andere Vorschriften gelten und ein anderer, erhöhter Sinn für die unseren Appetit betreffenden Gebote herrscht. Vielleicht war das Einhalten der Koschergesetze Teil unserer Erziehung und wurde zur Selbstverständlichkeit.
Auf der anderen Seite hat uns vielleicht nie etwas dazu bewegt, koscher zu leben, hatten die Regeln, ganz im Gegenteil, für uns vielleicht nur negative Konnotationen. Vielleicht erregten sie sogar unseren Zorn. All dies finde ich bedauerlich, aber ich will es nicht verdammen. Ich will sagen, warum ich Kaschrut für so kostbar halte.
Gründe Zunächst einmal ist diese Botschaft aus der Tora laut und deutlich zu vernehmen. Es dreht sich alles darum, das Richtige zu tun, indem man der Versuchung widersteht – das Herzstück dessen, was es heißt, ein moralischer Mensch zu sein.
Zweitens erinnert uns die Einhaltung daran, dass wir jüdisch sind. Würde ich mich jemals dafür entscheiden, koscher zu leben, wenn ich nicht jüdisch wäre? Die besondere Art und Weise, wie diese Tradition entstanden ist, ist unverwechselbar jüdisch. Es ist die jüdische Art und Weise, diese Werte zu stärken.
Drittens erinnern uns die Kaschrut- wie die Brachot-Vorschriften daran, dass die Welt uns nicht gehört. Jedesmal, wenn wir uns etwas zu essen in den Mund stecken, müssen wir innehalten. So wie viele jüdische Denker uns lehren und wie Rabbi Brad Artson schrieb: »Kaschrut ist ein Werkzeug im Arsenal zur Zivilisierung der Menschheit hin zu Sanftheit, Mitgefühl und Zurückhaltung.«
Viertens bedeutet das Befolgen der Speisegesetze das Streben nach Heiligkeit. Macht koscher essen heilig? Nicht unbedingt, aber es kann einen Beitrag dazu leisten. Macht trejf essen unheilig? Nicht unbedingt. Doch es lässt sich nicht leugnen, dass die jüdische Art und Weise, Heiligkeit anzustreben, die Einhaltung der Koschergesetze genauso einschließt wie irgendein anderes, hehreres ethisches Gebot.
Im Judentum geht es nicht nur um das »Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg’ auch keinem anderen zu«. Oder vielleicht doch. Vielleicht sind die Kaschrut-Vorschriften, die die Frage stellen, wie weit es moralisch ist, Tiere zu essen, genau so ethisch fundiert wie andere Gesetze, deren ethische Basis augenscheinlicher ist.