Schabbatkerzen

Lichter des Friedens

In diesem Jahr fällt der Heilige Abend der Christen auf Erew Schabbat. Foto: Getty Images / istock

Schabbatkerzen

Lichter des Friedens

Ein erleuchtetetes Zuhause am Freitagabend ist Ausdruck der Ehre, die wir dem Feiertag erweisen

von Rabbiner Avraham Radbil  30.04.2020 09:03 Uhr

Ein sehr wichtiges und zugleich sehr schönes und spirituelles Gebot ist es, vor dem Eingang von Schabbat die Schabbatkerzen zu zünden. Die meisten vertreten die Meinung, dass es sich hierbei um ein rabbinisches Gebot handelt, das nicht direkt in der Tora steht. Für dieses Gebot sind im Talmud drei Gründe angegeben.

Zum einen Kewod haSchabbat – die Ehre des Schabbat. Der Schabbat gehört zum Fundament des jüdischen Glaubens und zu den wichtigsten Geboten. Insofern ist es sehr wichtig, dass man dieses Ereignis mit möglichst viel Würde begeht.

Ein erleuchtetes Zuhause ist Ausdruck der Ehre, die wir dem Schabbat erweisen (Raschikommntar zu Schabbat 25b). Zum anderen Oneg Schabbat – Schabbatfreude. Es ist ein Gebot, am Schabbat Freude zu empfinden. Licht während der abendlichen Mahlzeit steigert unsere Schabbatfreude (Tosafot zu Schabbat 25b).

Und schließlich geht es auch um Schalom Bajit, den häuslichen Frieden. In der Dunkelheit existiert immer die Gefahr, dass man stolpert oder gegen Wände oder gegeneinander läuft. Das kann zu zusätzlichen Spannungen in der Familie führen. Ein erleuchtetes Zuhause trägt somit zum häuslichen Frieden bei. So bezeichnet der Talmud die Schabbatkerzen als »Lichter des Friedens« (Schabbat 25b).

Diese Mizwa wird in der Regel von Frauen ausgeführt. Die meisten zünden die Schabbatkerzen 18 Minuten vor dem Sonnenuntergang. In Jerusalem existiert jedoch der Brauch, 40 Minuten vor dem Sonnenuntergang zu zünden. Falls man sich damit – aus welchen Gründen auch immer – verspätet, dürfen die Kerzen bis spätestens zum Sonnenuntergang gezündet werden.

PLAG HAMINCHA Der Ehemann sollte seine Frau stets sanft daran erinnern, dass die Zeit des Kerzenzündens naht. Der früheste Zeitpunkt, um die Kerzen zu zünden, ist Plag Hamincha. Nach manchen Meinungen handelt es sich hierbei um eine und eine viertel Stunde vor dem Sonnenuntergang.

Andere sind der Ansicht, dass es sich hierbei um eine und eine viertel Stunde vor dem Nachteinbruch handelt. Gemeint sind die halachische Stunden, wobei sie im Sommer länger und im Winter kürzer sind.

Dem aschkenasischen Brauch zufolge nimmt die Frau den Schabbat sofort im Anschluss an den Segensspruch über die Kerzen auf sich. Aus diesem Grund sollte die Frau keine Bracha über die Kerzen sprechen, solange noch nicht alle Kerzen gezündet sind. Nach dem Zünden darf sie das Streichholz löschen, bevor sie die Bracha gesagt hat.

Ehre Das Gebot gilt auch dann als erfüllt, wenn man nur eine Kerze zur Ehre von Schabbat zündet. Der meistverbreitete Brauch ist jedoch, mindestens zwei Kerzen, symbolisch für »Schamor – Hüten« und »Wesachor – Gedenken« von Schabbat, zu zünden.

Viele zünden eine zusätzliche Kerze für alle Kinder oder auch für jedes einzelne Kind eine gesonderte Kerze.

Dieser Brauch ist besonders schön, denn so bekommt jedes Kind zu spüren, dass seine Präsenz und Existenz das Zuhause zusätzlich erleuchtet.

Diejenigen, die mehr als zwei Kerzen zünden, sollten zwei gleiche Kerzen nehmen, und die zusätzlichen Kerzen sollten sich von diesen beiden unterscheiden.

Falls eine Frau jemals vergessen hat, die Schabbatkerzen zu zünden, sollte sie als »Wiedergutmachung« ab dem nächsten Schabbat immer eine zusätzliche Kerze zünden.

SOHAR Der Sohar schreibt, dass eine Frau mit großer Freude und Enthusiasmus die Schabbatkerzen zünden soll, weil diese spezielle Mizwa eine enorme Ehre ist, die einer Frau zugeteilt wurde. Als Verdienst dafür sollen g’ttesfürchtige Kinder, die die Welt erleuchten werden, in die Welt kommen. Durch die Erfüllung dieses Gebots verschafft sie auch ihrem Mann ein langes Leben.

Es ist sehr wichtig, von den Schabbatkerzen zu profitieren, wie etwa in deren Licht zu essen, zu lernen und zu beten. Aus diesem Grund sollten die Kerzen idealerweise an dem Ort, an dem man isst, gezündet werden.

Ein allgemeiner Brauch ist es, vor dem Kerzenzünden Zedaka, Almosen, zu geben. Die unmittelbare Zeit nach dem Kerzenzünden gilt als besonders geeignet für Gebete für das spirituelle, physische und materielle Wohlergehen der Familie.

Das wunderschöne, außergewöhnliche und spirituelle Gebot des Zündens der Schabbatkerzen begleitet jüdische Familien stets seit Jahrtausenden und trägt maßgeblich zu einer besonderen Schabbat­atmosphäre bei. Selbst viele sonst nicht sehr religiöse Frauen achten sehr darauf, jeden Freitagabend ihre Schabbatkerzen zu zünden.

Der Autor ist Gemeinderabbiner der Synagogengemeinde Konstanz und Mitglied des Beirats der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD).

Chol Hamoed

Nur Mosche kannte die Freiheit

Warum das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten ängstlich war

von Rabbinerin Yael Deusel  17.04.2025

Geschichte

Waren wir wirklich in Ägypten?

Lange stritten Historiker darüber, ob die Erzählung vom Exodus wahr sein könnte. Dann kamen die Archäologen

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Feiertage

Pessach ist das jüdische Fest der Freiheit - und der Frauen

Die Rolle und Verdienste von Frauen würdigen - dafür ist Pessach eine gute Gelegenheit, sagen Rabbinerinnen. Warum sie das meinen und welchen Ausdruck diese Perspektive findet

von Leticia Witte  11.04.2025

Exodus

Alle, die mit uns kamen …

Mit den Israeliten zogen noch andere »Fremde« aus Ägypten. Was wissen wir über sie?

von Sophie Bigot Goldblum  11.04.2025

Zaw

Das Volk der Drei

Warum zwischen Priestern, Leviten und gewöhnlichen Israeliten unterschieden wurde

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  11.04.2025

Stärke

An den Prinzipien festhalten

In der Haggada heißt es, dass Juden in jeder Generation Feinde haben werden. Klingt entmutigend? Soll es nicht!

von Rabbiner Raphael Evers  11.04.2025

Talmudisches

Ägypten

Was unsere Weisen über das Land des Auszugs der Israeliten lehrten

von Chajm Guski  11.04.2025