Purim

Lesen, Schenken, Spenden

An Purim soll man fröhlich sein. Die oft fantasievolle Kostümierung ist aber eher Brauchtum als Gebot. Foto: imago

Zum Purimfest, das in diesem Jahr am kommenden Mittwochabend, 7. März, beginnt, gibt es drei besonders wichtige Pflichten: Das Lesen der Megillat Esther, das Verschicken von Speisen und das Spenden für die Bedürftigen. Die wichtigste Mizwa von Purim besteht darin, die Megillat Esther, welche die Purimgeschichte erzählt, zu lesen beziehungsweise vom Vorleser zu hören.

Sprache Die Mischna im talmudischen Traktat »Megilla«, die sich mit den Purim-Vorschriften auseinandersetzt, behandelt die Frage des richtigen und falschen Vortragens der Megilla. Es gibt dabei mehrere Vorgaben: Wenn die Megilla in einer Übersetzung vorgetragen wird, so hat man das Gebot des Lesens der Megilla nicht erfüllt. Das gilt aber nur dann, wenn der Zuhörer, welcher die Megilla hört, diese Übersetzung nicht versteht. Wenn sie allerdings in einer fremden Sprache vorgetragen wird, die der Zuhörer sehr wohl beherrscht, weil es zum Beispiel seine eigene Landessprache ist, hat man das Gebot erfüllt. Generell aber gilt: Jeder, der die Megilla in der Originalsprache, also Iwrit, gehört hat, selbst wenn er kein Hebräisch versteht, hat das Gebot erfüllt.

Der Rambam sagt: »Eine Megilla, die in übersetzter Form vorliegt und die in dieser übersetzten Sprache vorgetragen wird, darf nur dann vorgetragen werden, wenn derjenige, der sie vorträgt und diejenigen, die sie hören, tatsächlich nur diese Sprache beherrschen.« Diese Halacha übernimmt der Schulchan Aruch, sie hat Geltung.

Die Megilla darf also in der Landessprache vorgetragen werden, wenn man kein Iwrit beherrscht. Doch gilt dies eben nur im Notfall. Idealerweise wird die Megilla auf Hebräisch vorgetragen, sogar wenn der Zuhörer selbst es nicht beherrscht. Denn bei diesem Gebot geht es in erster Linie um das gemeinschaftliche Zusammenkommen, um das Zelebrieren des Purimwunders durch das Hören der Esther-Geschichte.

Bedürftige Eine besondere und wichtige Mizwa an Purim ist es auch, Bedürftigen Geldspenden oder Geschenke zu geben. Der Talmud legt dazu fest, dass es eine Pflicht ist, mindestens zwei Menschen zu spenden, da die Megilla von Geschenken (Mehrzahl) an die Bedürftigen (ebenfalls in der Mehrzahl) spricht. Ebenso soll mit diesem Gebot nicht zu minimalistisch umgegangen werden. Man hat vielmehr jedem, der seine Hand ausstreckt, an Purim zu geben. Wie alle anderen Purim-Gebote ist auch dieses tagsüber und nicht erst am Abend zu erfüllen.

Hierbei sollte man erwähnen, was der »Mordechai« (Kommentar auf den Talmud aus der Zeit der Rischonim in Aschkenas) dieser Halacha hinzufügt: »In einer Stadt, in der es keine Armen und Bedürftigen gibt, darf man das Purim-Geld für andere Menschen in einer anderen Stadt als Spende verwenden.«

Wie viel muss eine Purim-Spende aber mindestens betragen, um das Gebot zu erfüllen? Hierzu schreibt die Mischna Brura: Ein Bedürftiger hat an Purim ein Geschenk/eine Spende zu erhalten, die es ihm ermöglicht, sich damit etwas zu kaufen, von dem er fühlbaren und echten Genuss hat, wie zum Beispiel ein würdiges Essen. Ebenso fügt die Mischna Brura hinzu, dass das Purim-Geld nicht vom Maasser Kesaffim stammen darf – also dem Zehntel unserer Einnahmen, die gemäß der Halacha für wohltätige Zwecke zu verwenden sind. Das bedeutet, dass das Purim-Geld eine Spende für sich ist.

MIschloach Manot Eine weitere wichtige Mizwa, die an Purim zu erfüllen ist, ist das Verschicken von Essen beziehungsweise fertigen Speisen an Purim – »Mischloach Manot«. In der Megilla finden wir das als explizites Gebot: »Und das Verschicken von Speisen, ein jeder an seinen Nächsten.«

Dieses Gebot lässt sich, so der Talmud, sogar durch »Austauschen« erfüllen, indem also einer dem anderen Speisen gibt und dieser dem Spender ebenso eigene Speisen gibt. Da der Vers in der Megilla von Speisen in der Mehrzahl spricht, legt der Talmud fest, dass ein jeder seinem Nächsten an Purim (mindestens) zwei Speisen zu geben oder zu verschicken hat und nicht nur eine einzige Speise. Zu den Gerichten kann zum Beispiel gekochtes Fleisch gehören oder auch andere fertige Speisen wie etwa Gebäck.

Halachisch fügt der Rambam noch hinzu: Je mehr Menschen man die Manot zukommen lässt, umso besser. Der Schulchan Aruch legt ebenso in dieser Form die Halacha fest: Es muss eine Person einer anderen Person zwei oder mehrere Speisen an Purim zukommen lassen. Man kann als Mischloach Manot auch eine Speise und einen Wein vergeben. Es müssen also nicht unbedingt zwei rein essbare Speisen sein. Kleidung und andere Bedarfsgegenstände, die weder trink- noch essbar sind, sind allerdings ausgeschlossen.

Die Speisen, welche man an Purim seinem Nächsten gibt, müssen zum sofortigen Verzehr geeignet sein, also nicht roh und ungekocht. Nach der Meinung des Magen Avraham darf aber jede koschere Speise, auch wenn sie nicht sofort essbar ist, als Mischloach Manot verwendet werden. Bei Armen und Bedürftigen geben wir zwei verschiedenen Menschen, statt einem Einzelnen, die Manot. Überhaupt haben wir an Purim den Brauch, mehreren Menschen die Manot zukommen zu lassen.

Die beste Zeit für das Mischloach Manot ist nach dem Lesen der Megilla im Morgen-G’ttesdienst, wenn der Tag gerade angebrochen ist. Was den Umfang der Speise betrifft, so gilt als grundsätzlicher Richtwert das Gewicht respektive die Größe des Essens, welches uns bei einer normalen Mahlzeit sättigen würde.

Der Rabbiner Ovadia Josef legt zudem fest, dass man mit dem Verschicken von Geld zum Kauf von Essen das Gebot von Mischloach Manot nicht erfüllt. Es muss also immer tatsächliches Essen sein, welches man verschickt. Chag Purim sameach!

Der Autor ist Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD). Auf der Website der ORD finden sich weitere Halachot zum Download: www.ordonline.de

Tradition

Jesus und die Beschneidung am achten Tag

Am 1. Januar wurde Jesus beschnitten – mit diesem Tag beginnt bis heute der »bürgerliche« Kalender

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  01.01.2025 Aktualisiert

Chanukka

Sich ihres Lichtes bedienen

Atheisten sind schließlich auch nur Juden. Ein erleuchtender Essay von Alexander Estis über das Chanukka eines Säkularen

von Alexander Estis  31.12.2024

Brauch

Was die Halacha über den 1. Januar sagt

Warum man Nichtjuden getrost »Ein gutes neues Jahr« wünschen darf

von Rabbiner Dovid Gernetz  01.01.2025 Aktualisiert

Mikez

Schein und Sein

Josef lehrt seine Brüder, dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie auf den Betrachter wirken

von Rabbiner Avraham Radbil  27.12.2024

Chanukka

Wie sah die Menora wirklich aus?

Nur Kohanim konnten die Menora sehen. Ihr Wissen ist heute verloren. Rabbiner Dovid Gernetz versucht sich dennoch an einer Rekonstruktion

von Rabbiner Dovid Gernetz  25.12.2024

Resilienz

Licht ins Dunkel bringen

Chanukka erinnert uns an die jüdische Fähigkeit, widrigen Umständen zu trotzen und die Hoffnung nicht aufzugeben

von Helene Shani Braun  25.12.2024

»Weihnukka«?

Chanukka und Weihnachten am selben Tag

Ein hohes christliches und ein bekanntes jüdisches Fest werden am 25. Dezember gefeiert

von Leticia Witte  24.12.2024

Rheinland-Pfalz

Volker Beck kritisiert Verträge mit Islam-Verbänden

Zu den Partnern des Bundeslandes gehören jetzt Ditib, Schura und Ahmadiyya Muslim Jamaat

 22.12.2024

Hessen

Darmstadt: Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige gegen evangelische Gemeinde

Empörung wegen antisemitischer Symbole auf Weihnachtsmarkt

 19.12.2024 Aktualisiert