Talmudisches

Läuse

Werden schon in der Tora erwähnt: Kopfläuse Foto: Getty Images/iStockphoto

Läuse lauern an vielen Orten und werden meist erst dann bemerkt, wenn sie stören. Aber auch den Weisen des Talmuds sind sie keine Unbekannten, sie sprechen vor allem von den »störenden« Eigenschaften der kleinen Biester.

So werden sie schon in der Tora erwähnt (2. Buch Mose 8, 13–15), und zwar als Plage »Kinnim«, was auch als Stechmücke übersetzt wird: »In ganz Ägypten verwandelte sich der Staub in Läuse. Doch als die Zauberer versuchten, mit ihren geheimen Künsten Läuse zu erzeugen, gelang es ihnen nicht. Die Läuse griffen Menschen und Tiere gleichermaßen an. Die Zauberer sagten zum Pharao: ›Dies ist ein Fingerzeig Gottes.‹ Aber das Herz des Pharaos war hart, und er wollte nicht hören.«

Der Talmud weiß auch (Sanhedrin 67b), warum Läuse nicht so einfach reproduziert werden konnten: »Rabbi Elieser sagte: Hieraus lernt man, dass ein Dämon kein Geschöpf erschaffen kann, das kleiner als ein Gerstenkorn ist.« Aber was macht man, wenn sie einem am Schabbat begegnen? Einfach mit der Hand nach ihnen schlagen, um sie zu töten?

Schabbat und das Leben der Tiere

Das ist nicht erlaubt! Im Traktat Schabbat (107b) erklärt Rabbi Jirmeja im Namen von Rabbi Elieser, dass, »wenn man am Schabbat eine Laus tötet, so ist dies so, als würde man ein Kamel töten«. Es macht also keinen Unterschied, ob man am Schabbat einem kleinen oder einem großen Tier das Leben nimmt.

In den Diskussionen darüber wird stets betont, dass dies aber nur auf Tiere zutreffe, die sich sexuell »fortpflanzen«. Läuse, so die Rabbinen, fallen nicht darunter – mit Ausnahme der »Bejtzej Kinim«, den sogenannten Eierläusen, von denen es heißt, dass der Ewige alle Lebewesen versorgt »von den gehörnten Büffeln bis zu den Eierläusen« (Awoda Sara 3b).

Manchmal reichte es schon, sie zu entfernen, was ziemlich widerlich sein kann (Chagiga 5a): »Rav erklärte: Wenn jemand eine Laus in Gegenwart eines anderen tötet und dieser sich ekelt.« Die Gelehrten sprechen darüber, wie wichtig es ist, mit klarem Kopf und unbelästigt von Läusen zu lernen (Eruwin 65a).

»Rabbi Nachman ben Jitzchak sprach: ›Die Halacha bedarf der Klarheit wie an einem Tag des Nordwinds.‹ Abajje sprach: ›Würde meine Stiefmutter zu mir gesagt haben: Reiche mir Kutach (wohl eine Art Milchbrei), so würde ich nicht gelernt haben.‹ Rawa sagte: ›Beißt mich eine Laus, so lerne ich nichts.‹ Für Mar, den Sohn Rawinas, fertigte seine Mutter sieben Gewänder für sieben Tage an.« So konnte Mar täglich ein sauberes Kleidungsstück anziehen und wurde nicht durch die Bisse der Läuse gestört.

Eine Laus auf der Kleidung

Darüber hinaus scheint es laut dem Talmud wenig ratsam zu sein, eine Laus auf der Kleidung zu töten, was nicht nur für den Schabbat gilt. So heißt es in einer Geschichte: »Rav Chisda und Rabba ben Rav Huna reisten einst auf einem Boot, und eine Matrone sprach zu ihnen: Lasst mich neben euch sitzen. Sie ließen sie aber nicht. Da sagte sie etwas, und das Boot hielt an. Darauf sprachen die beiden etwas und lösten damit das Boot. Hierauf sprach sie zu ihnen: Ich kann gegen euch nichts tun, da ihr euch nicht mit einer Scherbe abwischt, keine Läuse auf der Kleidung tötet und nicht Kräuter vom ganzen Bündel, wie der Gärtner es zusammengebunden hat, herauszieht, um sie zu essen« (Schabbat 81b – 82a). Dass die Hexe hier keine Gewalt über die zwei Rabbinen erlangte, lässt den Schluss zu, dass das Töten von Läusen auf der Kleidung anscheinend Magie begünstigt.

Und Kopfläuse? Im Traktat Nasir (39a) fragt man, ob das Haar an der Kopfhaut wachse oder an der Spitze. Die Antwort lautet: »Die lebende Laus befindet sich an der Wurzel des Haars, und wenn man sagen wollte, es wachse unten, so müsste sie sich ja an der Spitze des Haares befinden. – Tatsächlich wächst es unten, die lebende Laus aber dringt durch das ihr innewohnende Leben stets nach unten. Komm und sieh. Die tote Laus befindet sich an der Spitze des Haares, und wenn man sagen wollte, es wachse oben, so müsste sie sich ja an der Wurzel des Haares befinden. – Diese wird, da ihr keine Kraft innewohnt, nach außen gebracht.«

Studium

»Was wir von den Rabbinern erwarten, ist enorm«

Seit 15 Jahren werden in Deutschland wieder orthodoxe Rabbiner ausgebildet. Ein Gespräch mit dem Gründungsdirektor des Rabbinerseminars zu Berlin, Josh Spinner, und Zentralratspräsident Josef Schuster

von Mascha Malburg  21.11.2024

Europäische Rabbinerkonferenz

Rabbiner beunruhigt über Papst-Worte zu Völkermord-Untersuchung

Sie sprechen von »heimlicher Propaganda«, um Verantwortung auf die Opfer zu verlagern: Die Europäische Rabbinerkonferenz kritisiert Völkermord-Vorwürfe gegen Israel scharf. Und blickt auch auf jüngste Papst-Äußerungen

von Leticia Witte  19.11.2024

Engagement

Im Kleinen die Welt verbessern

Mitzvah Day: Wie der Tag der guten Taten positiven Einfluss auf die Welt nehmen will

von Paula Konersmann  17.11.2024

Wajera

Offene Türen

Am Beispiel Awrahams lehrt uns die Tora, gastfreundlich zu sein

von David Gavriel Ilishaev  15.11.2024

Talmudisches

Hiob und die Kundschafter

Was unsere Weisen über die Ankunft der Spione schreiben

von Vyacheslav Dobrovych  15.11.2024

Gebote

Himmlische Belohnung

Ein Leben nach Gʼttes Regeln wird honoriert – so steht es in der Tora. Aber wie soll das funktionieren?

von Daniel Neumann  14.11.2024

New York

Sotheby’s will 1500 Jahre alte Steintafel mit den Zehn Geboten versteigern

Mit welcher Summe rechnet das Auktionshaus?

 14.11.2024

Lech Lecha

»Und du sollst ein Segen sein«

Die Tora verpflichtet jeden Einzelnen von uns, in der Gesellschaft zu Wachstum und Wohlstand beizutragen

von Yonatan Amrani  08.11.2024

Talmudisches

Planeten

Die Sterne und die Himmelskörper haben Funktionen – das wussten schon unsere Weisen

von Chajm Guski  08.11.2024