Am Mittwoch sollte das »Europäische Zentrum für Jüdische Gelehrsamkeit« auf dem Potsdamer Universitätscampus am Neuen Palais offiziell seinen Betrieb aufnehmen. Die Bildungsstätte vereint die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam mit den beiden Rabbinerseminaren des liberalen Abraham Geiger Kollegs und des konservativen Zacharias Frankel College. Für die gemeinsame Einrichtung wurden das Nordtorgebäude des Schlosses sowie die ehemalige Orangerie von außen restauriert und im Inneren zu einem modernen Seminar- und Studiengebäude für die Lehrveranstaltungen des Studiengangs Jüdische Theologie umgebaut.
In dem denkmalgeschützten Gebäudeensemble im Schlosspark, das 1769 von dem Architekten Carl von Gontard für Friedrich den Großen errichtet wurde, öffnet dann auch eine kleine Synagoge ihre Pforten.
ZENTRALRAT Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster – er wollte am Mittwoch zusammen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dem israelischen Botschafter Jeremy Issacharoff, Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), dem Präsidenten der Uni Potsdam, Oliver Günther, und anderen geladenen Gästen an der Eröffnungsfeier teilnehmen –, ist von der neuen Bildungsstätte angetan. »In Potsdam ist ein Kleinod jüdischer Forschung und Lehre entstanden, das weit über die Stadt hinaus Strahlkraft entwickeln wird«, sagt Schuster.
Es freue ihn sehr, dass das neue Zentrum gerade im Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« eröffnet werden kann. »Denn es steht mit seinen Inhalten, die hier vermittelt werden, für die lange jüdische Tradition und weist mit der Ausbildung von Rabbinern und Kantoren zugleich in die Zukunft«, so Schuster. Die Präsenz jüdischen Lebens und jüdischer Kultur werde mit dem Zentrum deutlich erhöht, ist sich der Zentralratspräsident sicher.
ARCHITEKTUR Der Direktor des Abraham Geiger Kollegs und stellvertretende Geschäftsführer der Potsdam School of Jewish Theology, Rabbiner Walter Homolka, sagt über sein Projekt: »Es ist der Architektin Elisabeth Rüthnick und ihrem Team gelungen, historische Bauten mit einer zeitgenössischen Formensprache zu verbinden.«
So sei in den ehemaligen Stallungen eine Synagoge entstanden, die das 18. mit dem 21. Jahrhundert verbindet. Während der Raum an sich funktional wirkt, soll ein ausgeklügeltes Lichtkonzept auch eine sakrale Stimmung verbreiten. Eine Akzentuierung erfährt der Raum zudem durch die Installation der südkoreanischen Künstlerin SEO: »Die Wolken können träumen«.
Die neue Synagoge am Neuen Palais soll als authentischer Lern- und Rückzugsort für die angehenden Rabbiner und Kantoren dienen, die seit 2013 an der School of Jewish Theology ausgebildet werden.
Homolka hofft, dass die erste Synagoge an einer deutschen Universität auch zu einem inneruniversitären Dialog anregen wird. »Unsere Synagoge ist so offen geplant, dass wir uns auch einiges vorstellen können, um in die Universität und ihre Community der Studierenden und Lehrenden auf dem Campus Neues Palais hineinzuwirken«, sagt er.
SUKKOT Aber auch darüber hinaus hat der Rabbiner Pläne. »Uns ist die gute Nachbarschaft mit den Jüdinnen und Juden der Landeshauptstadt Potsdam ein Anliegen«, betont er. So wolle man nicht nur die Eröffnung der neuen Synagoge gemeinsam feiern, sondern auch weitere religiöse Anlässe in der Zukunft. »Im September wollen wir auch das Sukkotfest zusammen feiern«, sagt Homolka.
Als Konkurrenz zu der vom Land Brandenburg, der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) und den jüdischen Gemeinden geplanten großen Synagoge in Potsdam sieht der Direktor des Abraham Geiger Kollegs die kleine Universitätssynagoge allerdings nicht. »Gemeinsam freuen wir uns auf die Verwirklichung des Synagogenbaus am Schlossplatz«, sagt Homolka.