»Die israelische Armee hat soeben bekannt gegeben, dass ihre Leichen gefunden wurden. Ich würde Sie bitten, für eine Schweigeminute aufzustehen«: Gerhard Wahlers, stellvertretender Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung, traf am Montagabend bei der Eröffnung der katholisch-jüdischen Konferenz für junge Führungskräfte den richtigen Ton.
Gegen halb acht Uhr deutscher Zeit war bekannt geworden, dass die israelischen Teenager Gilad, Naftali und Eyal im Westjordanland ermordet worden waren – ein trauriges Ende für einen Abend, der im Zeichen der Hoffnung auf die Zukunft jüdisch-katholischen Dialogs stand.
Noch bis Mittwoch diskutieren in Berlin etwa 100 Rabbiner, Priester, Experten und Studenten bei der dritten interreligiösen Konferenz dieser Art unter dem Titel »Herausforderungen für den Glauben in der gegenwärtigen Gesellschaft« über drängende Fragen, die sich jungen Juden und Katholiken stellen.
Nostra Aetate »Auf der Grundlage der Erklärung Nostra Aetate von 1965 haben wir den systematischen Dialog der katholischen Kirche mit dem jüdischen Volk begonnen. Und so wenden wir uns an junge Leute: Bitte bringt eurer starkes Engagement und eure Fantasie mit ein. Katholiken und Juden sind wirklich Freunde, wir haben ein gemeinsames spirituelles Erbe, und wir müssen es immer stärker entdecken«, sagte Pater Norbert Hofmann, Sekretär der vatikanischen Kommission für den religiösen Dialog mit dem Judentum.
Zion Evrony, israelischer Botschafter beim Vatikan, würdigte den jüngsten Besuch von Papst Franziskus in Israel als Meilenstein für die katholisch-jüdischen Beziehungen. »Er war uns willkommen als echter Freund des jüdischen Volkes«, betonte Evrony. Ein katholisch-jüdischer Dialog müsse sich auch gegen Gewalt im Namen Gottes wenden und sich mit Aufstieg und Gefahr des radikalen Islam auseinandersetzen.
Betty Ehrenberg, Geschäftsführerin des World Jewish Congress für Nordamerika und Vorsitzende des International Jewish Committee on Interreligious Consultations, sagte, Juden und Katholiken stünden heute vor ähnlichen Herausforderungen: ihre Gemeinden zu stärken und sicherzustellen, dass religiöse Tradition an kommende Generationen überliefert wird.
Beschneidungsdebatte Maria Flachsbarth, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und bis Dezember 2013 Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, erinnerte in ihrer Begrüßung an die Beschneidungsdebatte. Sie hätte sich nicht vorstellen können, welche Zuschriften sie zu diesem Thema erreichen und wie groß Unverständnis und Hass von Beschneidungsgegnern werden könnten.
»Mit unserer klaren Entscheidung als Gesetzgeber haben wir den verunglimpfenden Debatten gegenüber noch einmal richtiggestellt, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist: nämlich dass allen Eltern, gleich welcher Religion sie angehören, zuallererst am Wohl ihrer Kinder gelegen ist«, betonte Flachsbarth.
Doch religiöse Wertevorstellungen gerieten auch auf anderen Gebieten leicht in eine Verteidigungsposition. So werde etwa die Haltung von Christen in der Diskussion um den sogenannten assistierten Suizid, die Beihilfe zum Selbstmord von unheilbar Kranken, derzeit von Kritikern in Zuschriften stark infrage gestellt, sagte die CDU-Politikerin.