»Bei Blasinstrumenten können während des Spiels Aerosole, Kondenswasser in Abhängigkeit von der Außentemperatur, sowie Tröpfchenbildung durch Speichel entstehen.« Und diese Flüssigkeiten können potenziell infektiös sein, warnte die Berliner Charité kürzlich in einer Stellungnahme »zum Spielbetrieb der Orchester während der Covid-19-Pandemie«.
Nun treten zu Rosch Haschana keine Orchester in den Synagogen auf, dennoch erklingt mit dem Schofar in diesen Tagen ein Blasinstrument in den Bethäusern. So wird weltweit über mögliche Risiken im Monat Elul und an den Hohen Feiertagen spekuliert: Kann der Schofar in geschlossenen Synagogenräumen geblasen werden? Wie kann die Gefahr der Verbreitung von Aerosolen reduziert oder verhindert werden? Ist es in diesem Jahr ratsam, den Schofarklang nur digital und risikofrei – zum Beispiel per Zoom oder WhatsApp – zu hören?
kreativität Auch die »New York Times« berichtete kürzlich, wie Gemeinden in den USA in diesem Jahr die Hohen Feiertage im »Pandemic Style« begehen. Und es gibt recht kreative Lösungen, wie zum Beispiel in Monroeville nahe Pittsburgh. Dort bietet eine Reformgemeinde einen Online-Gottesdienst an und lädt zu einem »Drive-In Shofar on the Roof«. Beter können im Auto auf dem Synagogenparkplatz den Schofar hören.
Für traditionellere Juden ist das wohl eher keine Lösung, obwohl auch sie sich in diesem Jahr nach den allgemeinen Empfehlungen richten, nach denen das Widderhorn im Freien zu blasen ist oder in Synagogen nur in kleinsten Gruppen und mit reichlich Abstand. Dabei sollten die Fenster weit geöffnet sein. Der Schofar sollte auch möglichst in Richtung oder direkt an der offenen Tür geblasen werden. Für eine genügende Belüftung sollte gesorgt werden.
Das empfiehlt auch die amerikanische Orthodox Union (OU), die eigens Richtlinien für die Jamim Noraim herausgegeben hat. Dort heißt es unter anderem, dass ein Schofar nicht von verschiedenen Bläsern genutzt werden sollte. Und nicht zuletzt wird auch als »eine geeignete Vorsichtsmaßnahme beim Schofarblasen« bezeichnet, »eine chirurgische Maske über das breitere Ende des Schofars zu legen, da dies das Geräusch der Schofartons nicht zu verändern scheint«.
idee Die Online-Zeitung »Times of Israel« zitiert den orthodoxen Rabbiner und Talmudgelehrten Jeffrey Woolf mit den Worten, das Schofar mit einer Maske zu versehen, sei eine »sehr schlaue Idee«. Es gebe kaum einen halachischen Grund, dies zu verbieten, »solange der ausgestoßene Ton hundertprozentig authentisch ist«.
Und ganz unabhängig von den bevorstehenden Hohen Feiertagen geben Forscher in Deutschland erst einmal Entwarnung. Entgegen ersten Befürchtungen zeigen Studienergebnisse geringe Luftströmungen bei Blasinstrumenten. Es sei, so die Experten der Charité, von einer geringen Gefährdung durch Speicheltröpfchen oder Aerosole auszugehen. Dennoch werde ein Abstand von 1,5 Metern empfohlen.
Nach aktueller Einschätzung erscheine ein Plexiglasschutz vor den Blechbläsern nicht notwendig. In einer anderen Empfehlung wurde jedoch zu einem dünnen Tuch vor dem Schalltrichter geraten. Mit anderen Worten: Eine Maske vor dem Schofar kann nicht schaden – und könnte zum Symbol für Rosch Haschana 5781 werden. ddk