Eine Wundergeschichte, die im Buch des Propheten Daniel (Kap. 3) steht, beleuchtet der Talmud aus einer halachischen Sicht: »Theodos aus Rom trug vor: Was veranlasste Chananja, Mischael und Azarja, sich für die Heiligung des göttlichen Namens in den Ofen werfen zu lassen? Sie folgerten von den Fröschen auf sich einen Schluss vom Leichteren auf das Schwere.
Den Fröschen ist die Heiligung des göttlichen Namens nicht geboten, dennoch heißt es von ihnen: ›Sie werden heraufsteigen und kommen in dein Haus … und in deine Backöfen und in deine Teigmulden‹ (2. Buch Mose 7,28). Wann befinden sich die Teigmulden am Ofen? Wenn der Ofen heiß ist – um wie viel mehr wir, die wir verpflichtet sind, den göttlichen Namen zu heiligen« (Pessachim 53b).
frösche Nach Raschis Erklärung zogen es Chananja, Mischael und Azarja vor, dem Beispiel der Frösche zu folgen; sie stützten sich nicht auf die Lehre: »Hütet meine Gesetze und meine Rechtsordnungen, die der Mensch zu erfüllen hat, dass er lebe durch sie« (3. Buch Mose 18,5) – und nicht, dass er durch sie sterbe! Wie aus dem Bericht eindeutig hervorgeht, vollbrachten die drei Männer eine Heiligung des göttlichen Namens (Kiddusch Haschem). Denn König Nebukadnezar erklärte: »Die Zeichen und Wunder, die der höchste Gott an mir getan, gefällt es mir zu verkünden. Seine Zeichen – wie viele! Seine Wunder – wie gewaltig! Sein Reich ist ein ewig Reich und seine Herrschaft für und für.«
Kiddusch Haschem ist eines der 248 positiven Gebote der Tora: »Lasst Mich geheiligt werden inmitten der Kinder Israels« (3. Buch Mose 22,32). Was verlangt dieses Gebot in der Praxis? Dass ein Jude im Extremfall zum Martyrium bereit sein sollte!
Die Gemara listet diejenigen Fälle auf, in denen jemand verpflichtet ist, sein Leben zu opfern: Wenn »man einen Juden bei Androhung des Todes zwingt, eine aller in der Tora genannten Sünden zu begehen, er sie begehe und sich nicht töten lasse – ausgenommen sind jedoch Götzendienst, Unzucht und Mord« (Sanhedrin 74a). Keinesfalls aber darf man Kiddusch Haschem mit Bereitschaft zum Martyrium gleichsetzen – das wäre ein Missverständnis dieses Gebots.
Die Rückgabe einer Fundsache an einen Nichtjuden, zu der man nach dem Gesetz nicht verpflichtet ist, kann ebenfalls als eine Heiligung des göttlichen Namens gesehen werden.
Die Rückgabe einer Fundsache an einen Nichtjuden, zu der man nach dem Gesetz nicht verpflichtet ist, kann ebenfalls als eine Heiligung des göttlichen Namens gesehen werden (Maimonides, Hilchot Gesela Weaveda 11,3). Über Rabbi Schimon Ben Schetach, der Vorsitzender des Sanhedrins war, erzählt der Midrasch (Dewarim Rabba 3,3), dass er einen Esel von einem Araber gekauft hatte. Seine Schüler entdeckten am Hals des Esels einen kostbaren Edelstein. Rabbi Schimon Ben Schetach erklärte, dass er nur den Esel und nicht den Edelstein gekauft habe, und er befahl, den kostbaren Stein sofort dem Verkäufer des Esels zurückzugeben. Der überraschte Araber rief aus: »Gelobt sei Schimon Ben Schetachs Gott!«
VERMÖGEN Eine ähnliche Geschichte wurde vor nicht allzu langer Zeit in den Medien verbreitet. Da hatte ein Jude in den USA einen gebrauchten Sekretär erworben. Darin befand sich ein Geheimfach; es gelang dem Käufer, es zu öffnen – es fanden sich gebündelte Dollarscheine. Der Vorbesitzer des Schreibtisches hatte nichts von diesem Vermögen gewusst. Als ihm das Geld übergeben wurde, dankte er herzlich und sorgte dafür, dass die Tat des frommen Mannes bekannt wurde.
Wie Heiligung des göttlichen Namens im Alltag aussehen kann, beschreibt der Talmud (Joma 86a): »Wenn jemand die Heilige Schrift liest, die Mischna studiert, Umgang mit Gelehrten pflegt und im Verkehr mit Menschen freundlich ist – was sagen die Menschen dann über ihn? Heil seinem Vater, der ihn die Tora lehrte, Heil seinem Lehrer, der ihn die Tora lehrte! Wehe den Leuten, die keine Tora gelernt haben! Dieser Mann, der Tora studiert hat – seht doch, wie schön sein Wandel, wie rechtschaffen sein Betragen. Über ihn sagt die Schrift: ›Und er sprach zu mir: Mein Diener bist du, Israel, auf den ich stolz bin‹« (Jeschajahu 49,3).