Der Vatikan hat in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung die besondere Stellung der jüdisch-katholischen Beziehungen im interreligiösen Dialog unterstrichen.
Die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils Nostra aetate vor 50 Jahren habe »die grundlegende Wertschätzung des Judentums betont«, heißt es in dem Dokument, das die Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum bei einer Pressekonferenz in Rom vorstellte.
Partner Aus einst sich skeptisch gegenüberstehenden Gemeinschaften seien »verlässliche Partner und sogar gute Freunde geworden«, die fähig seien, Krisen gemeinsam durchzustehen und Konflikte positiv auszutragen, heißt es in der Erklärung, die auf Deutsch den Titel trägt: »Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt«.
Das Dokument wurde von Kardinal Kurt Koch, Präsident der Kommission des Vatikan für die religiösen Beziehungen zum Judentum, und deren Sekretär Norbert Hofmann gemeinsam mit zwei jüdischen Repräsentanten präsentiert: Rabbiner David Rosen, Internationaler Direktor für Interreligiöse Angelegenheiten des American Jewish Committee (AJC), und Ed Kessler, Gründungsdirektor des Woolf-Instituts in Cambridge.
Rosen gehört zu einer Gruppe orthodoxer Rabbiner aus Israel, den USA und Europa, die vergangene Woche eine Erklärung zum jüdisch-christlichen Verhältnis veröffentlicht haben. Darin heißt es unter anderem, das Christentum sei kein Unfall oder Fehler, sondern ein göttliches Geschenk an die Völker.
Die am 28. Oktober 1965 vom II. Vatikanischen Konzil verabschiedete Erklärung Nostra aetate (»In unserer Zeit«) gilt als Meilenstein im Dialog der römisch-katholischen Kirche mit nicht-christlichen Religionen.
Karfreitagsfürbitte Unter Anspielung auf die Kontroverse über die von Papst Benedikt XVI. vor acht Jahren neu gefasste Karfreitagsfürbitte für Juden in der alten lateinischen Messe gesteht das am Donnerstag veröffentlichte Dokument des Vatikan ein, dass der »Dialog in den vergangenen Jahrzehnten nicht immer spannungsfrei« war. Die katholische Kirche sei jedoch durch die Schoa veranlasst worden, ihre Beziehungen zum Judentum zu überdenken.
Papst Benedikt XVI. hatte 2007 die auf Latein gehaltene, alte tridentinische Messe wieder freigegeben, die mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil weitgehend abgeschafft worden war. Die darin enthaltene Karfreitagsfürbitte für die Bekehrung der Juden zum Christentum formulierte er zwar neu, jedoch ohne die daran bestehende Kritik völlig zu entkräften.
Judenmission Die jetzt vorgelegte schriftliche Bilanz von 50 Jahren jüdisch-katholischer Dialog betont ausdrücklich, dass »die katholische Kirche keine spezifische Missionsarbeit, die auf Juden gerichtet ist, kennt und unterstützt«. Trotz der prinzipiellen Ablehnung einer institutionellen Judenmission seien Christen dennoch aufgerufen, auch Juden gegenüber Zeugnis von ihrem Glauben abzulegen, weil »die universelle erlösende Bedeutung von Jesus Christus und folglich auch die universelle Mission der Kirche« für sie fundamental bedeutend sei.
In Anbetracht der »großen Tragik der Schoa« sollten Christen jedoch in einer »demütigen und sensiblen Weise« Zeugnis von ihrem Glauben ablegen – »in Anerkennung dessen, dass die Juden Träger des Wortes Gottes sind«.
Zum Schluss nimmt das Dokument Bezug auf eine Ansprache von Papst Johannes Paul II. am 17. November 1980 vor dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Rabbinerkonferenz in Mainz. Darin hatte der damalige Papst gesagt: »Juden und Christen sind als Kinder Abrahams aufgerufen, ein Segen für die Welt zu sein – dadurch, dass sie sich gemeinsam zu Frieden und Gerechtigkeit unter allen Menschen und Völkern verpflichten (…) mit der Bereitschaft, Opfer zu bringen, die dieses Ziel möglicherweise verlangt.« (mit epd)