Normalerweise finden Treffen von Vertretern der Weltreligionen an bekannten Orten oder in Nobelhotels großer Städte statt. Ab und an wird dabei auch gemeinsam gebetet. Eine breite Öffentlichkeit ist zu solchen hochrangigen Begegnungen aber selten zugelassen.
Aber am Mittwoch war das anders. Die Organisation »Religions for Peace« hatte Vertreter der großen Religionsgemeinschaften – Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Bahai und andere – zu einem gemeinsamen, weltumspannenden Gebet eingeladen, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen in schweren Zeiten.
videoschalte Dass das Gebet überhaupt stattfand, war der Corona-Krise geschuldet, und die Art und Weise, in der es abgehalten wurde, auch. Per Videoschalte kamen die zwölf Vertreter zusammen; ihre Statements wurden via Facebook, YouTube und andere soziale Netzwerken live in alle Welt übertragen.
Wie gegenwärtig Millionen von Menschen saßen auch die Geistlichen in ihren Homeoffices. Beim Osloer Bischof Gunnar Stålsett war die Webcam verrutscht; während er sprach, waren nur sein roter Talar und die Stuhllehne im Bild. Dominique Rankin, Oberhaupt des Stammes der Algonquin-Ureinwohner in Kanada, war extra früh aufgestanden, um einen langen Fußmarsch zu seinem Auto zu unternehmen, von dem aus er sich einwählte.
Reihum sprach jeder der Teilnehmer ein kurzes Gebet oder teilte den Zuhörern persönliche Gedanken zur Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen mit.
Reihum sprach jeder der Teilnehmer ein kurzes Gebet oder teilte den Zuhörern persönliche Gedanken zur Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen mit.
VERTRAUEN Rabbiner David Rosen nahm von Jerusalem aus an dem Gebet teil. Mit einem Talkt auf den Schultern trug der Direktor für den Interreligiösen Dialog des American Jewish Committee ein Selicha-Gebet vor und sprach den Psalm 23 (»Der Herr ist mein Hirte«) auf Hebräisch und Englisch, in dem es um Gottvertrauen geht.
»Wir sind alle miteinander verbunden, und wir haben alle Einfluss auf einander. Wir sind alle verletzlich und brauchen einander. Mögen die Bedrohung durch diese Pandemie und andere Bedrohungen bald abgewendet werden«, sagte Rosen.
Kardinal John Onaiyekan, emeritierter Erzbischof von Abuja, war aus Nigeria zugeschaltet. »Wir erleben hier gerade erst den Anfang der Corona-Krise, und wir sind schon jetzt davon überwältigt«, sagte er.
Wenn schon die reicheren Länder nicht wüssten, wie sie dem Problem Herr werden sollen, wie solle das in Afrika möglich sein, fragte der katholische Geistliche. »In unserem Teil der Welt haben wir fast nichts, um diesem Virus zu begegnen. Unser Gesundheitswesen ist sehr schlecht oder existiert gar nicht. ›Waschen Sie regelmäßig ihre Hände‹, sagt man uns. Aber was, wenn man gar kein Wasser hat? ›Halten Sie Abstand zu anderen‹, heißt es, aber viele Menschen leben in einem einzigen Raum zusammen.«
VERTRAUEN Die gute Nachricht sei aber, so der Kardinal, dass die Menschen trotzdem nicht aufgäben, weil sie Vertrauen in Gott hätten. In dieser Krise säße »die gesamte Menschheit« in einem Boot. Ein Gebet sei aber bedeutungslos, wenn man nicht gleichzeitig bereit sei, Buße zu tun, und sich barmherzig gegenüber jenen zeige, die Hilfe benötigten, sagte Onaiyekan.
Der Großmufti von Uganda, Scheich Shaban Ramadhan Mubaje, stieß ins gleiche Horn. »Wir müssen jetzt zusammenstehen und Gutes tun für die, die in Not sind«, sagte Mubaje – und forderte die Einhaltung der von Regierungen und Gesundheitsexperten verfügten Richtlinien.