Sandfarbene Ziegelfassade mit sieben geschwungenen
Fenstern, die mathematischen Parabeln ähneln, ganz oben ein
Davidstern: Die jüdischen Gemeinden in Brandenburgs Landeshauptstadt
Potsdam haben wieder eine Synagoge. Am Donnerstag wird das moderne
Bauwerk feierlich eröffnet. Der Bundespräsident und der Bundeskanzler
werden zu dem Festakt erwartet, der Präsident des Zentralrats der
Juden, Brandenburgs Ministerpräsident und viele weitere Gäste.
Wenige Tage vor dem großen Ereignis sitzt Evgeni Kutikow, grünes
T-Shirt, hellblaue Jeans, graue Sportschuhe, in seinem Büro in den
bisherigen Räumlichkeiten der größten jüdischen Gemeinde Potsdams.
Der 64-jährige studierte Bauingenieur und Diplompädagoge ist seit
einigen Jahren Vorsitzender der rund 550 Mitglieder zählenden
Gemeinde und auch ihr Geschäftsführer. Er ist wie die meisten anderen
Gemeindemitglieder als Kontingentflüchtling aus der ehemaligen
Sowjetunion nach Deutschland gekommen und lebt seit 1996 in Potsdam.
Seit der Gründung 1991 sei die Gemeinde zigmal umgezogen, erzählt
Kutikow, von einem Provisorium ins nächste. Seit 2012 hat sie ihren
Sitz in einer ehemaligen Feuerwache. Im Synagogenraum im Erdgeschoss,
der auch für andere Veranstaltungen genutzt wird, kann noch
nachempfunden werden, wo einst die Rettungswagen standen. Der Weg in
die anderen Räume führt über eine Wendeltreppe, die älteren Menschen
Schwierigkeiten bereitet.
»Wir sitzen jetzt in einem Provisorium, und dieses Provisorium
sieht nicht schön aus«, sagt Kutikov. Und dann spricht er über »den
Vorfall in Halle«, den rechtsextremen Anschlag von 2019 auf die
Synagoge der Stadt am höchsten jüdischen Feiertag. Bis dahin habe es
bei der Potsdamer Gemeinde in der alten Feuerwache keine
Videoüberwachung und keine Sicherheitssysteme gegeben, erzählt er:
»Die Tür stand immer offen.«
Danach wurden auch in Potsdam Sicherheitsmaßnahmen an den Räumen
der jüdischen Gemeinde eingeführt, Videoüberwachung, ein hoher Zaun,
große, schwere Betonblöcke zwischen Zaun und Gebäude. »Wir sitzen
hier jetzt seit dem Vorfall in Halle wie in einem Gefängnis«, sagt
Kutikov. Auch deshalb freut er sich auf den Umzug in das nur gut
hundert Meter entfernte neue Synagogenzentrum. Denn dort sind die
Sicherheitsmaßnahmen viel unauffälliger und eleganter umgesetzt.
Der neue, moderne Ort mitten im Stadtzentrum, umgeben von
historischen Bauten, liegt nahe am Landtag und nicht weit entfernt
vom einstigen Standort der früheren Synagoge, die 1945 bei einem
Luftangriff zerstört und später in der DDR abgerissen wurde. Es
erfülle ihn mit »sehr großer Freude und Erleichterung«, dass das
Bauwerk nun fertig ist, sagt Kutikow: »Das neue Zentrum ist eine
unglaublich schöne Synagoge, es hat eine große Anziehungskraft auf
die Mitglieder, es ist einfach klasse.«
Knapp 200 Plätze hat dort der rund zehn Meter hohe Synagogenraum.
Das lichtdurchflutete Metallgeflecht an der Decke soll an ein Zelt
erinnern, den heiligen Ort aus den Anfängen des Judentums. Es gibt
Gemeinderäume, eine Dachterrasse, einen Jugendkeller.
Der Bau der Synagoge war bereits 2005 im Staatsvertrag des Landes
Brandenburg mit den jüdischen Gemeinden vereinbart worden. Dann gab
es lange Diskussionen über die Gestaltung des Bauwerks. »Das war mit
sehr viel Stress verbunden«, sagt der Gemeindevorsitzende: »Das hat
sehr viel Zeit, Kraft, Nerven gekostet, was absolut unnötig war.«
Das Land Brandenburg hat die rund 17,5 Millionen Euro Baukosten
übernommen, die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden wird in den ersten
Jahren Trägerin sein. Und auch der Zentralrat der Juden ist
zufrieden. »Die jüdischen Gemeinden in Potsdam haben nun ein
Herzstück«, sagt Präsident Josef Schuster: »Die Synagoge wird das
jüdische Gemeindeleben hör- und sichtbarer machen.«