Interview

Fünf Minuten mit…

Rabbiner Tuvia Hod-Hochwald: »Was die Gesundheit gefährdet, kann somit auch nicht koscher sein.« Foto: ORD

Herr Rabbiner, der Dioxin-Skandal weitet sich aus. Neben anderen Lebensmitteln soll Hühner- und Putenfleisch diesen krebserregenden Stoff enthalten. Sind auch koschere Produkte betroffen?
Soweit ich gehört habe, geht es um Fleisch aus deutscher Produktion. Wir haben hierzulande keine Schlachthöfe, die Hühner- oder Putenfleisch nach halachischen Regeln herstellen. Was in unseren koscheren Geschäften angeboten wird, kommt aus Israel, Holland, Frankreich, Ungarn und anderen Ländern. Insofern können die Konsumenten koscherer Lebensmittel beruhigt sein.

Was sagt das Judentum zur Lebensmittelsicherheit?
Wir haben eine klare Regel: Der Erhalt und die Rettung von Leib und Leben hat Vorrang vor anderen religiösen Gesetzen. Das gilt auch für die Kaschrut. Was die Gesundheit gefährdet, kann somit auch nicht koscher sein. Bei Dioxin ist das eindeutig. Aber wir hatten unlängst auch Probleme mit verschiedenen Farbstoffen. Es wurde bekannt, dass einige mit E-Nummern deklarierte Zusatzstoffe gesundheitsschädlich sein können. Wir haben daraufhin sofort die entsprechenden Produkte mit dem Hinweis versehen, dass sie von den Hauptbestandteilen und der Herstellung her halachisch gesehen koscher sind, aber eine mögliche Gesundheitsgefährung nicht auszuschließen ist, der Konsument entsprechend vorsichtig sein soll.

Wie vorsichtig soll man jetzt mit Eiern sein, die auch dioxinbelastet sein können?
Ich habe noch keine detaillierten Informationen, wie sich die Gefährdung wirklich darstellt. Aber generell gilt: Wenn die Behörden vor dem Konsum warnen, soll man die Finger davon lassen.

Werden Sie im Rahmen der Kaschrut-Kontrolle darauf achten, dass keine dioxinbelasteten Eier zum Beispiel bei der Gebäck- oder Nudelproduktion verwendet werden?
Ich muss jetzt abwarten, was die Behörden dazu sagen. Eier sind ein wichtiger Rohstoff bei vielen Produkten, aber zumeist werden keine frischen Eier, sondern zumeist Eipulver und -mischungen verwendet. Die Hersteller dieser Produkte müssen darauf achten, dass sie keine kontaminierten Grundstoffe verwerden. Wir werden darauf ein Auge haben.

Wird bei der Fleischproduktion im Sinne der Kaschrutgesetze darauf geachtet, welches Futter die Tiere bekommen?
Überwiegend nicht. Ich bin kein Experte in Sachen Fleischproduktion. Aber soweit ich weiß, wird das nur von ganz wenigen Organisationen, die mit der Zertifizierung von koscherem Fleisch beschäftigt sind, überwacht.

Kann der Kunde bei koscheren Produkten insgesamt dennoch eher davon ausgehen, dass sie besser kontrolliert und damit nicht nur spirituell sondern auch physisch gesünder sind?
Ich denke ja. Und noch einmal: Es wird nicht geschehen, dass die Behörde vor dem einen oder anderen gefährlichen Stoff in bestimmten Lebensmitteln warnt, und wir dann sagen, das Produkt ist koscher, es kann unbedenklich verzehrt werden. Wir achten auf jede Zutat, wir überwachen die Herstellung. Beim leisesten Zweifel würden wir das Kaschrutzertifikat verweigern.

Mit dem Kaschrut-Experten der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) und Gemeinderabbiner von Bad Kissingen sprach Detlef David Kauschke.

Konzil

»Eine besondere Beziehung«

»Nostra Aetate« sollte vor 60 Jahren die Fenster der katholischen Kirche weit öffnen – doch manche blieben im christlich-jüdischen Dialog verschlossen. Ein Rabbiner zieht Bilanz

von David Fox Sandmel  21.11.2025

Toldot

An Prüfungen wachsen

Warum unsere biblischen Ureltern Hungersnöte und andere Herausforderungen erleben mussten

von Vyacheslav Dobrovych  20.11.2025

Kalender

Der unbekannte Feiertag

Oft heißt es, im Monat Cheschwan gebe es keine religiösen Feste – das gilt aber nicht für die äthiopischen Juden. Sie feiern Sigd

von Mascha Malburg  20.11.2025

Talmudisches

Gift

Was unsere Weisen über die verborgenen Gefahren und Heilkräfte in unseren Speisen lehren

von Rabbinerin Yael Deusel  20.11.2025

Jan Feldmann

Eine Revolution namens Schabbat

Wir alle brauchen einen Schabbat. Selbst dann, wenn wir nicht religiös sind

von Jan Feldmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025

Talmudisches

Torastudium oder weltliche Arbeit?

Was unsere Weisen über das rechte Maß zwischen Geist und Alltag lehren

von Detlef David Kauschke  14.11.2025