Am (Sukkot-)Fest wird die Welt in Bezug auf das Wasser gerichtet» (Mischna, Rosch Haschana 1,2). Wie unsere Weisen hier berichten, haben wir mit den Tagen von Rosch Haschana bis Jom Kippur das g’ttliche Gericht noch nicht vollständig überstanden.
Denn bis zum Laubhüttenfest steht das himmlische Urteil über die Regenmengen noch aus, die das Land Israel und die Welt im beginnenden Jahr befruchten werden. Um diesen jedoch nicht auf Anhieb offensichtlichen Zusammenhang zu ergründen, muss ein tieferer Blick in die Tora geworfen werden.
Kanaan Aus dem Munde Mosche Rabbenus hören wir, dass das Land Kanaan, in das unsere Vorfahren einzogen, ein besonderes Land ist, «nicht wie das Land Ägypten ..., sondern ein Land von Bergen und Hügeln, das Wasser gemäß dem Regen des Himmels trinkt; ein Land, dessen der Ewige, dein G’tt, sich annimmt. Immer sind die Augen des Ewigen, deines G’ttes, über ihm, vom Anfang des Jahres bis zum Ende des Jahres» (5. Buch Mose 11, 10–11).
Im Unterschied zu Ägypten, das durch den Nil und seine Arme getränkt wird, sind die Wasservorkommen des Heiligen Landes sehr beschränkt, und es bedarf des umfassenden Regens, der sich jedes Jahr in der Winterhälfte über es ergießt. Bleibt dieser aber einmal aus, gibt es keine Ernte, und Hungersnöte folgen.
Wie wir täglich im Kriat Schma verkünden, ist es genau diese Instabilität des Wetters, die von der g’ttlichen Weltlenkung verwaltet wird: «Und es wird geschehen, so ihr auf Meine Gebote hört, ... werde Ich den Regen eures Landes zur rechten Zeit geben ..., weicht ihr aber ab oder dient anderen Göttern, ... so wird der Ewige den Himmel verschließen.»
Eine ernste Sache. Da mit Sukkot auch das meteorologische Jahr endet, besteht jene Überlieferung, wonach G’tt zu diesem Fest abschließend besiegelt, wie viel Regen im sich anschließenden Winter fallen wird. Blieb der Regen aber tatsächlich aus, mussten alle Juden im Land Israel strenge Fasttage auf sich nehmen, um zur Teschuwa und Rückkehr zum Ewigen anzuregen.
Gussopfer Doch auch Sukkot selbst ist von der Wassersymbolik durchdrungen. Nicht nur, dass wir am Ende der Feiertage die Bitte um Regen für das neue Jahr in die Schmone Esre mit aufnehmen, sondern auch ein besonderes Gussopfer aus dem Schiloach-Teich Jerusalems wurde an jedem Tag des Festes im Tempel dargebracht.
Daneben wurden auch zeremonielle Gebetsumrundungen um den Altar durchgeführt, ähnlich unseren Hakafot mit dem Lulaw in der Synagoge. Doch im Tempel wurden in diesem besonderen Ritus große Bachweiden verwendet, die aufgrund ihres hohen Wasserbedarfs vor dem Ewigen andeuteten, dass auch uns unsere Portion Regen vom höchsten Richter zugeteilt werden sollte.
Wie so oft in der Tradition, hat Sukkot aber nicht nur diese materielle Bindung an Wasser- und Regenmotive, sondern ist mit ihnen auf eine tiefsinnigere Weise verflochten. Denn Sukkot ist nicht nur der Abschluss der Fest-Dreierreihe nach Pessach und Schawuot, sondern auch deren Höhepunkt. So wie Pessach der Erlösung aus Ägypten gedenkt, deutet Sukkot bereits die kommende Erlösung aus dem Exil an und die Erhebung der ganzen Welt zum Ewigen hin, da alle Nationen einst das Laubhüttenfest begehen werden (Secharja 14,16). Aus diesem Grund wurden zur Zeit des Tempels 70 besondere Stiere gemäß der Zahl der 70 Völker der Welt dargebracht.
propheten Ebenso erscheinen dann auch die vielfältigen Wasserriten in einem anderen Licht. Denn in messianischer Zukunft wird der Wassermangel des Landes Israel ein Ende finden. Nach den Visionen der Propheten werden alle Quellen Jehudas einst belebt und fruchtbarer als zuvor sein (Joel 4,18). Ein Wasserstrom soll aus dem Tempel hinaus in die Wüste und von dort ins Tote Meer fließen (Jecheskel 47), wodurch das Heilige Land eine Zierde der ganzen Erde sein wird.
Dementsprechend ist die Freude an Sukkot größer als an allen anderen Festen, und das vormals charakteristische Wasseropfer wurde von Flötenspiel und Tänzen vor dem Ewigen begleitet. Eine Freude, über die unsere Weisen im Talmud bezeugen: «Wer die Freude des Wasserschöpfortes nicht erblickt hat, hat in seinem ganzen Leben noch keine Freude vernommen» (Sukka 5,1).