Bildungsabteilung

Fragiler Konsens

Zentralratspräsident Josef Schuster sprach zur Eröffnung der Tagung am Mittwoch. Foto: Chris Hartung

Unter dem Titel »Autonomie und Gesetz: Zum Verhältnis von Staat und Religion – die jüdische Gemeinschaft in Deutschland« hat am Mittwochnachmittag in Berlin eine Tagung der Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden begonnen.

Zentralratspräsident Josef Schuster sagte zur Eröffnung, wie vielfältig heute die Fragen zum Verhältnis von Staat und Religion seien, zeige ein Blick in das Programm, das sich unter anderem dem Anspruch auf einen jüdischen Religionsunterricht, über das Tragen einer Kippa bis hin zur Arbeitsbefreiung an jüdischen Feiertagen widme.

themen Die Tagung konzentriert sich thematisch auf Deutschland. Schuster betonte aber: »Wenn in unserem Nachbarland Frankreich eine Kandidatin in der Stichwahl um das höchste Staatsamt ein Ergebnis von fast 42 Prozent erzielen kann, mit einem Programm, welches das Tragen von religiösen Symbolen  im öffentlichen Raum verbieten will«, dann zeige dies auch, »wie fragil ein vermeintlich selbstverständlich geglaubter gesellschaftlicher Konsens zur Religionsfreiheit sein kann«.

Zentralratsgeschäftsführer Daniel Botmann sprach vom Judentum metaphorisch als einem »großen Haus« mit einer Hausordnung, die nicht immer im Einklang mit den Regeln der Außenwelt stehe. »Was macht ein observanter Jude, wenn er seine Kippa nur zu Hause tragen darf? Was macht eine Jüdin, die an einem Tag mit Schreibverbot ein Staatsexamen schreiben muss?«, fragte er.

Eine Kippa sei aber kein Modeaccessoire, und das religiöse Schreibverbot entspringe keiner Laune, betonte Botmann. Die Autonomie der Religionsgemeinschaften sei im Sinne des aufgeklärten Zusammenlebens eine absolute Notwendigkeit, doch sie trage auch »den Charakter eines immerwährenden Spannungsverhältnisses«.

zeitgeist Der Direktor der Bildungsabteilung, Doron Kiesel, sagte, Religionsfreiheit sei ein »individuelles und kollektives Recht, das durch Anfechtungen der Mehrheitsgesellschaft nicht eingeschränkt werden darf«, da es ansonsten immer wieder verändert und entsprechend dem Zeitgeist modifiziert werden könne.

Den Eröffnungsvortrag hielt Gerhard Robbers, Professor für Öffentliches Recht, Kirchenrecht, Staatsphilosophie und Verfassungsgeschichte an der Universität Trier und ehemaliger Justizminister von Rheinland-Pfalz. Die Konferenz mit zahlreichen Experten soll bis Freitag einen Überblick über den aktuellen Status jüdischer Religionsgemeinschaften im staatlichen Recht sowie über Inhalte und Grenzen der Religionsfreiheit des Einzelnen geben und damit verdeutlichen, was das Gesetz derzeit gewährt. ag

Lesen Sie mehr in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Militärseelsorge

Militärrabbiner Ederberg: Offenes Ohr für Soldaten im Norden

Arbeit bei der Bundeswehr sei Dienst an der Gesellschaft insgesamt, den er als Rabbiner gerne tue, sagt Ederberg

 11.03.2025

Fest

Mehr als Kostüme und laute Rasseln: Purim startet am Donnerstagabend

Gefeiert wird die Rettung der Juden vor der Vernichtung durch die Perser

von Leticia Witte  11.03.2025

Tezawe

Kleider, die die Seele formen

Was es mit den prächtigen Gewändern der Hohepriester auf sich hat

von Rabbiner Jaron Engelmayer  07.03.2025

Talmudisches

Heilen am Schabbat

Was unsere Weisen über Notfälle und Pikuach Nefesch lehren

von Rabbinerin Yael Deusel  07.03.2025

Meinung

Übersehene Prophetinnen

Zum Weltfrauentag fordert die Rabbinatsstudentin Helene Braun mehr Sichtbarkeit für jüdische Vorreiterinnen

von Helene Braun  06.03.2025

Truma

Der tragbare Sinai

Warum das Stiftszelt kein heiliger, aber ein geheiligter Ort ist

von Chajm Guski  28.02.2025

Neuauflage

Ein antizionistischer Zionist

Das Denken des deutsch-jüdischen Religionsphilosophen Isaac Breuer lässt sich nun gründlicher erschließen

von Yizhak Ahren  28.02.2025

Talmudisches

Größe und Demut

Was unsere Weisen über einen wichtigen Zusammenhang lehren

von Yizhak Ahren  28.02.2025

Psychologie

Hatte Schaul eine bipolare Störung?

Schon die Tora berichtet davon, dass Menschen dunkle Gedanken haben können. Es ist eine Mizwa, sich um die eigene mentale Gesundheit zu kümmern

von Sophie Bigot Goldblum  28.02.2025