Lag BaOmer

Feuer und Flamme

Grillen, Tischfeuer oder meterhohe Flammenmeere: Zu Lag BaOmer brennt es in Israel an jeder Ecke. Auch in der Diaspora ist es in vielen Gemeinden Brauch, am 33. Omer Feuer zu entzünden. Foto: Flash 90

Im modernen Israel ist der Abend von Lag BaOmer ein Abend mit Lagerfeuern. Eine häufige Erklärung dafür ist, dass diese Feuer an Rabbi Schimon Bar Jochai (kurz »Raschbi«) erinnern. Er habe mit seinen Lehren, insbesondere dem »Sohar«, himmlisches Licht auf die Erde geholt. Die Feuer könnten aber auch an die Signalfeuer der Kämpfer des Bar-Kochba-Aufstands erinnern.

Jene Kämpfer, die sich Schimon Bar Kochba anschlossen, wollten dafür kämpfen, dass auch das »Licht der Tora« weiter in Israel leuchten kann, und kämpften gegen Rom. In beiden Fällen geht es um Licht. »Licht« ist allerdings nur ein Aspekt von Feuer. Rabbiner Aharon Soloveitchik hat in seinem Buch Logic of the Heart, Logic of the Mind beschrieben, dass Feuer drei Aspekte in sich vereine: Es spende zum einen Licht.

Es erzeuge aber auch Wärme und spende somit auch eine Form der Geborgenheit und mache Leben, ja mithin Kultur, möglich. Feuer hat jedoch auch, drittens, das Potenzial für Zerstörung – jedenfalls, wenn es außer Kontrolle gerät. Es beinhalte, schreibt Rabbiner Soloveitchik, destruktive und konstruktive Kräfte. Zu dem Toravers »Ihr sollt kein Feuer in allen euren Wohnstätten am Tage des Schabbats anzünden« (2. Buch Mose 35,2) kommentiert Rabbiner Owadja ben Jaakow Seforno im späten Mittelalter, dass das Anzünden eines Feuers keine »produktive«, sondern eine zerstörerische Tätigkeit sei.

In der Tora rafft Feuer ganze Städte dahin – oder brennt ewig.

Feuer kann also bei konstruktiven Tätigkeiten genutzt werden, wie Brot backen, Nahrung zubereiten, Eisen schmieden und vielen anderen mehr, aber es kann auch ganze Häuser und Städte verbrennen. Man denke an die Stadt Sedom (1. Buch Mose 19,24): »Da ließ der Ewige auf Sedom und Amora Schwefel und Feuer regnen – vom Ewigen aus, vom Himmel herab.«

Dem entgegengestellt ist Feuer, das nur zwei der genannten Eigenschaften hat, es kann auf wundersame Weise nicht zerstören. Man könnte es »heiliges Feuer« nennen. Denken wir an den brennenden Dornbusch (2. Buch Mose 3,2): »Da erschien ihm ein Engel des Ewigen in einer Feuerflamme aus dem Dornbusch; er sah, wie der Dornbusch brannte, aber nicht verzehrt wurde.«

Gʼtt kommuniziert durch dieses Feuer mit Mosche, und später wird Feuer auch bei der Übergabe der Tora eine Rolle spielen: »Der ganze Berg Sinai rauchte, weil der Ewige sich auf ihm in Feuer offenbart hatte, und es stieg auf der Rauch, wie der Rauch eines Ofens, und der ganze Berg bebte gewaltig« (2. Buch Mose 19,18). Im Mischkan, dem Stiftszelt, soll ein »ewiges Feuer« (Esch tamid) brennen, so heißt es in der Tora (3. Buch Mose 6,6): »Ein ständiges Feuer werde in Brand gehalten auf dem Altar; es erlösche niemals.« Später wird dieses ewige Feuer auch im Tempel brennen. Natürlich wird Feuer im Mischkan und im Tempel dazu genutzt, die Opfertiere zu verbrennen.

»Komm und zünde ein Licht an, denn das ist eine Mizwa.«

Tikkunej haZohar

In den Tikkunej haZohar (73a), jenem Werk, das auch Rabbi Schimon Bar Jochai zugeschrieben wird, heißt es zu ebenjenem Satz mit der Vorschrift des ewigen Feuers: »Ein älterer Mann erhob sich aus den Ruinen und sprach: Rabbi, mein Lehrer, das Heilige Licht, komm und zünde ein Licht an, denn das ist eine Mizwa, von der gesagt wird: Ein immerwährendes Feuer soll auf dem Altar brennen, es soll nicht ausgelöscht werden. Und darüber wird auch gesagt: die ewige Flamme zu entzünden. Dies ist sicherlich das Licht des Göttlichen, das Licht, das in der Seele eines jeden Menschen leuchtet. Komm, entzünde es mit ihr.«

Rabbiner Abraham Jitzchak Kook, kurz Raw Kook, schließt den Kreis in seinem Werk Orot HaKodesch. Er schreibt, dass das Feuer des Altars als Metapher für das Feuer in jedem Menschen stehe: ein geistiges, spirituelles Feuer, das im Herzen eines jeden Juden entzündet ist.

Es ist also an Lag BaOmer wie mit dem Feuer auf dem Altar. Mit dem »äußeren« Zeichen wird auf das Innere des Menschen verwiesen. Die brennenden Feuer signalisieren heute noch deutlich, dass die Menschen in Israel auch nach Jahrhunderten vom Feuer für und von ihrer Tradition erfüllt sind und damit natürlich auch vom »Feuer der Tora«. In heraufordernden Zeiten ein wichtiges Zeichen.

Debatte

Rabbiner für Liberalisierung von Abtreibungsregelungen

Das liberale Judentum blickt anders auf das ungeborene Leben als etwa die katholische Kirche: Im jüdischen Religionsgesetz gelte der Fötus bis zur Geburt nicht als eigenständige Person, erklären liberale Rabbiner

von Leticia Witte  11.12.2024

Vatikan

Papst Franziskus betet an Krippe mit Palästinensertuch

Die Krippe wurde von der PLO organisiert

 09.12.2024

Frankfurt

30 Jahre Egalitärer Minjan: Das Modell hat sich bewährt

Die liberale Synagogengemeinschaft lud zu einem Festakt ins Gemeindezentrum

von Eugen El  09.12.2024

Wajeze

»Hüte dich, darüber zu sprechen«

Die Tora lehrt, dass man ein Gericht anerkennen muss und nach dem Urteil nicht diskutieren sollte

von Chajm Guski  06.12.2024

Talmudisches

Die Tora als Elixier

Birgt die Tora Fallen, damit sich erweisen kann, wer zur wahren Interpretation würdig ist?

von Vyacheslav Dobrovych  06.12.2024

Hildesheimer Vortrag 2024

Für gemeinsame Werte einstehen

Der Präsident der Yeshiva University, Ari Berman, betonte die gemeinsamen Werte der jüdischen und nichtjüdischen Gemeinschaft

von Detlef David Kauschke  05.12.2024

Naturgewalt

Aus heiterem Himmel

Schon in der biblischen Tradition ist Regen Segen und Zerstörung zugleich – das wirkt angesichts der Bilder aus Spanien dramatisch aktuell

von Sophie Bigot Goldblum  05.12.2024

Deutschland

Die Kluft überbrücken

Der 7. Oktober hat den jüdisch-muslimischen Dialog deutlich zurückgeworfen. Wie kann eine Wiederannäherung gelingen? Vorschläge von Rabbiner Jehoschua Ahrens

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  05.12.2024

Chabad

Gruppenfoto mit 6500 Rabbinern

Tausende Rabbiner haben sich in New York zu ihrer alljährlichen Konferenz getroffen. Einer von ihnen aber fehlte

 02.12.2024