Die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) will bei ihrem Treffen kommende Woche in München einen Ethik-Kodex verabschieden. Das kündigte der Frankfurter Rabbiner Avichai Apel am Dienstag vor Journalisten in München an.
Rabbiner verfügten in ihrer Leitungsposition über Macht und könnten »sehr schnell in eine Falle geraten«, sagte Apel. Der Kodex solle Themen wie Nähe und Distanz, Missbrauch und den Umgang mit Finanzen regeln.
Zur 32. Generalversammlung der Konferenz werden vom 30. Mai bis 1. Juni mehr als 200 Rabbiner aus Europa, Israel und USA erwartet.
Einen Zusammenhang zwischen den neuen Richtlinien und dem Skandal um Belästigungsvorwürfe am Potsdamer Abraham-Geiger-Kolleg verneinte Apel auf Nachfrage. Das Thema beschäftige die Rabbinerkonferenz schon seit Jahren, sei allerdings auch lange unter den Teppich gekehrt worden.
Schwerpunktthemen der Zusammenkunft sind nach Angaben der Veranstalter die Wahrung der Religionsfreiheit, der Kampf gegen Antisemitismus und Extremismus sowie die künftige Gestaltung des Gemeindelebens im Zuge der Corona-Pandemie und im Kontext des Krieges in der Ukraine. Laut Apel werden an dem Treffen auch Rabbiner aus der Ukraine und aus Russland teilnehmen, außerdem der Oberrabbiner des Iran.
Am Montag werden sich Teilnehmer an 15 Schulen in und um München den Fragen junger Menschen stellen. Nach den Erfahrungen des Frankfurter Rabbiners kommt bei solchen Begegnungen alles auf den Tisch, von Fragen nach Gott und Jesus über Transgender bis zum Nahostkonflikt.
CER-Sprecher Oliver Rolofs sagte, es handle sich um ein Pilotprojekt, das nach Möglichkeit in Bayern und auch in anderen Bundesländern verstetigt werden soll.
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, soll im Rahmen der Konferenz für ihr Lebenswerk mit dem erstmals vergebenen »Presidential Award« der Europäischen Rabbinerkonferenz ausgezeichnet werden.
Knobloch sagte, sie habe schon vor der Jahrtausendwende darum gekämpft, dass solche Veranstaltungen wie das Rabbinertreffen auch in Deutschland stattfinden. Das hätten sich manche jüdischen Vertreter im Ausland lange nicht vorstellen können.
Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle bezeichnete das Treffen in München als »historisch«. Es sei ein »ganz starkes Signal für das Weltjudentum«: Jüdisches Leben in Deutschland sei »gottseidank wieder stark«, auch wenn es täglich Anfechtungen gebe.
Die Generalversammlung wird am kommenden Montag im Beisein von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und weiteren Kabinettsmitgliedern eröffnet.
Zu den weiteren Gästen zählen der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, der Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), Thomas Schirrmacher, der Terrorismusexperte Peter Neumann und der UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Glaubensfreiheit, Ahmed Shaheed. kna