Berlin

»Ein wichtiges Signal«

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die Einführung von Militärrabbinern in der Bundeswehr als wichtiges Signal und bedeutenden Schritt in der Geschichte der Streitkräfte bezeichnet. Es erfülle sie mit großer Freude, dass jüdische Männer und Frauen in der Bundeswehr dienen, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in Berlin zum Auftakt einer dreitägigen Konferenz, die der Zentralrat der Juden in Deutschland organisiert hat.

»Wir möchten wieder Militärrabbiner in unseren Reihen beheimatet wissen«, sagte von der Leyen zu ihrer Entscheidung, jüdische Seelsorger bei der Bundeswehr einzuführen. »Es ist gut, dass Rabbiner wieder sagen: Ja, ich möchte in der Bundeswehr wirken.« Es sei ihr wichtig, jüdisches Leben in der Bundeswehr zu haben. »Das ist in Zeiten, in denen Polarisierung und Engstirnigkeit vielerorts auf dem Vormarsch sind, ein wichtiges Zeichen.«

EXTREMISMUS Zentralratspräsident Josef Schuster begrüßte die Entscheidung für Militärrabbiner am Mittwoch in Berlin. »Die Berufung ist ein Zeichen für das gewachsene Vertrauensverhältnis der jüdischen Gemeinschaft in die Bundeswehr als Teil unserer demokratischen Gesellschaft«, erklärte Schuster bei der Eröffnung der Tagung zur Zukunft des Militärrabbinats.

Der Zentralratspräsident betonte zugleich die Relevanz von Militärseelsorgern im Kampf gegen antisemitische Einstellungen in der Bundeswehr – und forderte Wachsamkeit gegenüber Antisemitismus und Extremismus bei den Sicherheitskräften.

»Es ist gut, dass Rabbiner wieder sagen: Ja, ich möchte in der Bundeswehr wirken«, hebt die Verteidigungsministerin hervor.

Der Militärische Abschirmdienst untersuche derzeit 450 Fälle mit Verdacht auf Rechtsextremismus, sagte Schuster. »Die rechtsextreme Szene in Deutschland wächst.«

Die Bundeswehr sei ein Abbild der Gesellschaft, so Schuster weiter. »Daher werden sich auch unter Soldaten, und zwar aller Dienstgrade, antisemitische Einstellungen finden.« Die Bundeswehr müsse zudem einkalkulieren, dass sich Soldaten mit rechtsextremem Gedankengut untereinander vernetzen.

Bei der Sensibilisierung von Soldaten für Antisemitismus spiele der lebenskundliche Unterricht der Militärseelsorger eine wichtige Rolle, erklärte Schuster. Zudem könnten sich Soldaten auch bei kleineren rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Vorfällen an die Militärgeistlichen als Vertrauenspersonen wenden.

Bei der Sensibilisierung von Soldaten für Antisemitismus spiele der Unterricht der Rabbiner eine wichtige Rolle, betont Josef Schuster.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland berät bis Freitag mit Experten aus Militär und Politik über Erwartungen und die praktische Arbeit von Militärrabbinern in der Bundeswehr. Derzeit gibt es in Deutschland zwischen 250 und 300 jüdische Soldaten.

GESCHICHTE »Feldrabbiner« gab es im deutschen Kaiserreich schon im Ersten Weltkrieg. Der Rabbiner Leo Baeck, zu seiner Zeit der bedeutendste Vertreter des liberalen Judentums in Deutschland, war einer von ihnen. Nazi-Deutschland hatte diese Praxis brutal beendet.

Vor diesem geschichtlichen Hintergrund ist der Schritt, bei dem der Zentralrat der Juden Partner ist, ein wichtiges Signal. »Dieses Angebot ist ein Vertrauensbeweis in die Parlamentsarmee Bundeswehr«, sagte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, am Mittwoch in Berlin.

ISRAEL In den USA, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden gibt es bereits jüdische Seelsorger in den Streitkräften. Und natürlich in Israel, wo es nach Angaben der Armee rund 120 aktive Militärrabbiner gibt. Israels Chef-Militärrabbiner Ejal Karim hat sein Büro im Militärhauptquartier in Tel Aviv.

In Israel gibt es nach Angaben der Armee rund 120 aktive Militärrabbiner.

Sein Assistent Aviuhd Schwarz erklärt, Kandidaten leisteten in Israel meist ihren knapp dreijährigen Wehrdienst und absolvierten dann im zivilen Leben eine Rabbinerausbildung. Um Militärrabbiner zu werden, müssen sie dann an einem etwa dreiwöchigen Offizierskurs teilnehmen, betont Schwarz. »Deshalb sind Militärrabbiner meist deutlich älter als andere Offiziere, durchschnittlich 27 bis 28 Jahre bei Kursbeginn.«

Ein Militärrabbiner habe verschiedene Aufgabenfelder, erklärt Schwarz. Er sei für religiöse Soldaten und Soldatinnen zuständig, beantworte ihre Fragen zur Halacha. »Sein Vorteil gegenüber einem zivilen Rabbiner ist, dass er genau weiß, welche Aufgaben der Soldat in der Armee hat.« Man bemühe sich stets, dies mit dem jüdischen Religionsgesetz in Einklang zu bringen.

Teil der Arbeit eines Militärrabbiners in Israel ist es auch, sich um gefallene Soldaten zu kümmern.

Die Militärrabbiner übernähmen auch die Vorbereitung von Feiertagen und achteten darauf, dass in den Küchen die Kaschrut eingehalten werde, erklärt Schwarz. Teil der Arbeit eines Militärrabbiners ist es zudem, sich um gefallene Soldaten zu kümmern. Schwarz sagt: »Ein Militärrabbiner muss den Toten identifizieren, veranlassen, dass die Familie informiert wird und die Beisetzung organisieren.«

MUSLIME Verbesserte seelsorgerische Angebote sind auch für muslimische Soldaten geplant. Ohne eine zentrale Institution für die islamischen Glaubensrichtungen könne indes schon aus rechtlichen Gründen gegenwärtig kein Staatsvertrag geschlossen werden, hatte von der Leyen am Vortag erklärt.

Geplant sei aber, muslimische Geistliche über sogenannte Gestellungsverträge an die Bundeswehr zu binden. In der Bundeswehr gibt es nach Schätzungen etwa 3000 Muslime.  ja/dpa/epd

Halacha

Kann ein Jude die Beerdigung des Papstes besuchen?

Papst Franziskus wird diesen Samstag, an Schabbat, beerdigt. Observante Juden könnte das vor komplizierte Fragen stellen

von Vyacheslav Dobrovych  25.04.2025

Schemini

Offene Türen

Die Tora lehrt, auch Fremde freundlich zu empfangen

von Rabbiner Bryan Weisz  25.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch harter Kritiker Israels

Papst Franziskus im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  28.04.2025 Aktualisiert

Chol Hamoed

Nur Mosche kannte die Freiheit

Warum das Volk Israel beim Auszug aus Ägypten ängstlich war

von Rabbinerin Yael Deusel  17.04.2025

Geschichte

Waren wir wirklich in Ägypten?

Lange stritten Historiker darüber, ob die Erzählung vom Exodus wahr sein könnte. Dann kamen die Archäologen

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  17.04.2025

Berlin

Berlin: Gericht bestätigt fristlose Kündigung von Rabbiner

Das Berliner Arbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Rabbiners wegen sexueller Belästigung eines weiblichen Gemeindemitglieds bestätigt

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Feiertage

Pessach ist das jüdische Fest der Freiheit - und der Frauen

Die Rolle und Verdienste von Frauen würdigen - dafür ist Pessach eine gute Gelegenheit, sagen Rabbinerinnen. Warum sie das meinen und welchen Ausdruck diese Perspektive findet

von Leticia Witte  11.04.2025

Exodus

Alle, die mit uns kamen …

Mit den Israeliten zogen noch andere »Fremde« aus Ägypten. Was wissen wir über sie?

von Sophie Bigot Goldblum  11.04.2025