Unzählige winzige Leuchtdioden tauchen die heilige Schrift im Toraschrein in warmes Licht, es gibt kunstvoll gestaltete liturgische Gegenstände aus Israel und eine moderne Kunst-Installation: Potsdam hat eine neue Synagoge. Es ist das erste jüdische Gotteshaus in Brandenburgs Landeshauptstadt nach der Schoa.
Heute nun soll es gemeinsam mit den neuen Räumen der Rabbinerausbildung und der Jüdischen Theologie der Potsdamer Universität feierlich eröffnet werden. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird dann am neuen gemeinsamen Standort im Unesco-Weltkulturerbe im Park Sanssouci erwartet.
Unter den Gästen und Festrednern werden auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Israels Botschafter Jeremy Issacharoff und die Präsidentin der Europäischen Union progressiver Juden, Sonja Guentner, sein.
Dass eine Hochschule eine Synagoge bekomme, sei auch über Brandenburg hinaus etwas Besonderes, sagt der Leiter der Rabbinerausbildung und Vorsitzende der Union Progressiver Juden in Deutschland, Walter Homolka: »Eine Synagoge an einer akademischen Einrichtung, das ist schon ungewöhnlich.«
Die kleine Synagoge am Neuen Palais im Schlosspark bietet Platz für 40 Menschen. Sie verbindet das historische Hofgärtnerhaus der preußischen Könige, in dem nun die Rabbinerausbildung ihren Platz hat, mit der einstigen Orangerie, dem neuen Standort der Jüdischen Theologie der Universität. Das sogenannte Nordtorgebäude und die Orangerie wurden für rund 13,5 Millionen Euro denkmalgerecht saniert und zum Teil modern umgebaut. Die Mittel dafür hat das Land Brandenburg zur Verfügung gestellt.
Für die künstlerische Gestaltung und die liturgische Ausstattung der Synagoge seien international Spenden eingeworben worden, erzählt Homolka beim Gang durch die Räume, während ein Mitarbeiter einige der liturgischen Gegenstände aus dem Tresor holt: »Alles, was ein bisschen besonders ist, haben wir mit Spenden finanziert.« Und die Ausführung der Arbeiten sei »ästhetisch ein großer Wurf«.
Das Toraschild mit Symbolen der zwölf Stämme Israels, der Torazeiger, die Schabbatleuchter und andere wichtige Stücke wurden in Israel angefertigt. Die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft werden im Raumkonzept symbolisch aufgegriffen. Eine abstrakte Installation der aus Südkorea stammenden Berliner Künstlerin Seo hängt an der Wand gegenüber dem Toraschrein.
»Wir haben Wert auf Einzigartigkeit gelegt, in mehr als einer Hinsicht«, betont Homolka. Der Ort werde nun zu einem europäischen Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit mit »Leuchtturmcharakter für die ganze EU«. Wo der jüdische Religionsphilosoph Moses Mendelssohn wohl einst von Friedrich dem Großen, einem »Verächter alles Jüdischen«, nicht empfangen worden sei, würden nun Rabbiner und Kantoren darauf vorbereitet, das jüdische Erbe in die Zukunft zu tragen, schreibt er dazu in einer Kurzdarstellung.
Am liberalen Abraham-Geiger-Kolleg, 1999 gegründet und ein Herzstück des neuen Ausbildungszentrums, wurden inzwischen 41 Absolventen ausgebildet, darunter 24 Rabbiner und sieben Rabbinerinnen, sieben Kantoren und drei Kantorinnen. 23 von ihnen sind in Deutschland tätig, elf im europäischen Ausland, sieben weitere in Südafrika, den USA und Israel.
Das 2013 zusätzlich eröffnete konservativ ausgerichtete Zacharias-Frankel-College hat bisher drei Absolventen. Und der Bedarf an jüdischen Geistlichen könne damit bei weitem nicht gedeckt werden, sagt Homolka.
Wie andere jüdische Einrichtungen wird auch die neue Ausbildungsstätte gut geschützt. »Drinnen ist man eigentlich in einem Hochsicherheitstrakt«, sagt der Rektor des Geiger-Kollegs, der auch Professor für jüdische Religionsphilosophie an der Universität ist: »Das ist auch eine Festung.«
Wer zum Rabbinerseminar mit seinem kleinen Innenhof will, muss durch eine Sicherheitsschleuse und an einem Wachmann vorbei. Wer unbedacht eine Tür nach draußen öffnet, löst sofort Alarm aus. Die Sicherheitsleute des Bundespräsidenten seien bei ihrem Vorabbesuch begeistert gewesen, erzählt Homolka und lacht.
Die Synagoge werde auch Menschen aus der Stadt offenstehen, betont er. Dazu gehören die verschiedenen jüdischen Gemeinden. Deren geplanter Synagogenbau hat wegen lang anhaltender Meinungsverschiedenheiten noch nicht begonnen. Auch Kulturveranstaltungen soll es hier geben. Und Raum für Stille und Besinnung an der Universität.
Das Hofgärtnerhaus am Neuen Palais, dem großen Gästeschloss Friedrichs des Großen, wurde 1769 nach Plänen des Architekten Carl von Gontard (1731-1791) im Stil der Palastarchitektur der italienischen Renaissance errichtet. Das Ensemble gehört der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten.
Dort ist man erleichtert über die Sanierung und die neue Nutzung. »Dass Preußen ein Land verschiedener Ethnien, Sprachen, religiöser Bekenntnisse gewesen ist, spiegeln die Schlösser und Gärten wider«, sagt Generaldirektor Christoph Martin Vogtherr: »Nun ist auch jüdisches Leben in Sanssouci präsent, und was zu wünschen bleibt, steht im Talmud: Das Haus soll weit offen stehen.«