Als ich zwölf Jahre alt wurde, hat mir mein Vater eine Bibel geschenkt. Eine schöne, schwere, deutsch-hebräische »Biblia Hebraica«: 1434 Seiten auf dünn gedrucktem Papier. Ich war sehr stolz darauf, aber als Zwölfjährige habe ich nicht viel darin gelesen: Über »Bereschit«, die Schöpfungsgeschichte, bin ich nicht wirklich hinausgekommen.
Ich konnte zwar schon etwas Hebräisch und versuchte, das Original mit dem deutschen Text zu vergleichen. Vieles fand ich spannend: zum Beispiel, dass »Tohuwabohu« mit »wüst und leer« übersetzt wird (so sah die Erde kurz nach ihrer Erschaffung aus). Aber es gab auch viele Stellen, die ich langweilig fand (»Adam zeugte Seth, Seth zeugte Enosch, Enosch zeugte Kenan ...«) – oder nicht verstand.
Eine Batmizwa-Feier in der Synagoge hatte ich nicht. In der kleinen Stadt, in der ich aufgewachsen bin, gab es keine jüdische Gemeinde. Wir gehörten zu einer Synagoge in einer größeren Stadt, eine Stunde mit dem Zug entfernt. Dort gab es damals nur Barmizwafeiern für Jungen.
Reli-lehrer Einmal in der Woche schickte mir die große Gemeinde einen Religionslehrer nach Hause. Aber ich konnte nicht viel mit ihm anfangen. Er brachte mir Gebete bei, aber er mochte keine Fragen. Über die Tora sprach er gar nicht. Ich habe sie erst als Erwachsene entdeckt.
Vielleicht hätte ich mich als Kind mehr für die Geschichten aus der Bibel interessiert, wenn ich einen besseren Religionslehrer gehabt hätte – oder eine Tora-Ausgabe, die die schwierigen Stellen erklärt. So wie »Erzähl es deinen Kindern – Die Torah in fünf Bänden«, die aber auch für Jugendliche gut geeignet ist. Vor einem halben Jahr erschien der erste Band »Bereschit« (das 1. Buch Mose). Jetzt – einige Tage vor Simchat Tora – kam der zweite Band »Schemot« (das 2. Buch Mose) heraus. Die anderen drei Bände sollen bis Frühjahr 2016 erscheinen.
Sprache Schön an dieser Tora-Ausgabe sind nicht nur die farbenfrohen Bilder des israelischen Künstlers Darius Gilmont, sondern auch die Sprache: Sie orientiert sich am Original, ist aber trotzdem leicht verständlich. Und es gibt als Einführung in jeden Wochenabschnitt einige Zeilen auf Hebräisch.
Mir gefällt auch, dass diese Tora für Jugendliche aus allen jüdischen Familien gedacht ist – egal, ob ihre Eltern orthodox, liberal oder gar nicht religiös sind.
Wozu es gut ist, sich mit der Tora zu beschäftigen? »Nicht, um fromm zu werden. Sondern um einen wunderbaren Text zu lesen«, sagen die Autoren. Denn in der Tora gibt es alles, worüber Menschen sich freuen oder traurig sind: ein verlorenes Paradies oder auch Eifersucht unter Geschwistern (wie bei Kaijn und Hewel). Falls ihr also noch nicht wisst, was ihr euch zur Bar- oder Batmizwa wünschen sollt ...
»Erzähl es deinen Kindern – Die Torah in fünf Bänden«. Übertragen von Hanna Liss und Bruno Landthaler. Ariella, Berlin 2014, 128 S., pro Band 24,80 €, fünf Bände zum Subskriptionspreis 114,50 €