In der Diaspora haben wir an folgenden Festen einen zusätzlichen zweiten Festtag: Pessach, Schawuot und Sukkot. An Pessach bedeutet dieser zweite Feiertag für viele großen Stress – denn auch der Sederabend muss wiederholt abgehalten werden. Warum das Ganze – und weshalb gerade außerhalb Israels?
Die erste Pflicht, die die Kinder Israels empfingen, als sie noch in Ägypten waren, ist die Segnung des Neumonds. Im 2. Buch Mose 12, 1–2 lesen wir: » Und der Ewige sprach zu Mosche und Aharon im Lande Ägypten: Dieser Monat sei euch der vorzüglichste der Monate, er sei euch der erste unter den Monaten des Jahres.«
Diese Quelle bezieht sich auf den Monat Nissan, den Monat des Auszugs aus Ägypten, und findet auch Anwendung auf alle anderen Monate. Dazu die Interpretation von Raschi: »Dieser ›Neumond‹, er (G’tt) zeigte ihm den Mond bei seiner Erneuerung und sagte zu ihm: Immer, wenn der Mond sich erneuert, sei für dich der Anfang des Monats (Mechilta Schemot Rabba).«
Chodesch Das Wort »dieser« bezieht sich daher auf zwei Dinge: zum einen auf den ersten Monat im jüdischen Kalender, den Nissan, der mit einer Zeitangabe, dem Auszug aus Ägypten, verbunden ist; zum anderen auf das Wort »Chodesch« (Monat). Chodesch kommt von dem Wort »chadasch« (neu), dies wiederum steht für den Neumond. Der jüdische Kalender richtet sich nach dem Mond. Nach Erscheinung des Neumondes beginnt für uns der erste Tag des neuen Monats. Dies ist entscheidend für die Festlegung aller Daten der Feiertage.
Zur Zeit der Tempel in Jerusalem gab es ein hohes Gericht, das verkündete, wann der Monat anfing. Voraussetzung dafür war, dass mindestens zwei Zeugen den Mond in seiner Anfangsphase gesehen haben mussten. Nach Prüfung der Aussage der Zeugen und Bestätigung durch das Gericht wurde der Neumond verkündet.
Der Mond umkreist zwölfmal im Jahr die Erde, und jede Umkreisung dauert 29 Tage, zwölf Stunden und 793/1080 (Teile) einer Stunde. Ein Tag hat 24 Stunden – diese Einheit steht fest. Da die Umkreisung der Erde jedoch nicht ein Vielfaches von 24 Stunden beträgt, kann ein jüdischer Monat 29 oder 30 Tage lang sein.
Verwirrung Nachdem das Gericht den Neumond verkündet hatte, stellte sich die Frage, wie die Juden über die Landesgrenzen hinaus davon in Kenntnis gesetzt wurden. Besonders wichtig war es, zu wissen, wann die Feiertage beginnen. Zuerst nutzte man Rauchzeichen, die von Berg zu Berg weitergeleitet wurden. Die Samaritaner jedoch entzündeten zur Verwirrung auf den Bergen auch Feuer und machten Rauchzeichen, jedoch nicht zur rechten Zeit. Dadurch wurden teilweise an falschen Tagen Feste zelebriert. Dies wurde schnell aufgedeckt, und man entschloss sich, Boten zu senden, um den Neumond zu verkünden.
Doch manchmal verspäteten sich die Boten, etwa wegen Überfällen, und die Kunde vom Neumond konnte nicht rechtzeitig überbracht werden. Da der Neumond grundsätzlich erst nach dem 29. oder nach dem 30. Tag des Vormonats beginnen konnte, bestimmten die Juden in der Diaspora aus Sicherheitsgründen zwei Tage als Festbeginn, da jedenfalls einer der beiden Tage der richtige war.
Heutzutage haben wir kein hohes Gericht wie zu Zeiten der beiden Tempel. Auch die Information, wann der Neumond beginnt, ist allen bekannt. Trotzdem ist der zweite Feiertag in der Diaspora als Relikt aus diesen Zeiten geblieben. Eine Regel besagt, dass das Einhalten des zweiten Feiertages an Pessach, Schawuot und Sukkot vom Hauptwohnsitz abhängig ist. Lebt man in Israel und befindet sich an den Wallfahrtsfesten auf einer Auslandsreise, so muss man den zweiten Tag nicht einhalten. Juden hingegen, die nicht fest in Israel wohnen, sich jedoch an den Wallfahrtsfesten in Israel aufhalten, müssen auch dort den zweiten Tag einhalten.
Jerusalem Eine Sonderstellung hat Rosch Haschana. Das Neujahrsfest beginnt bereits am ersten Tag des Monats. Obwohl man nur einen Tag feiern müsste, ist für Juden auf Reisen sowohl der erste als auch der zweite Tag ein Feiertag. Das gilt gleichermaßen in der Diaspora und Israel. In diesem Falle ist der Grund ausschließlich eine eventuelle Verzögerung der Kundschaft der Zeugen vor dem Hohen Gericht in Jerusalem.
Wir lernen daraus, dass G’tt uns die Entscheidung überlässt, wann wir die Monate anfangen lassen. Der Ewige hat uns befohlen, die Feiertage einzuhalten, und uns dazu die Gesetze gegeben. Er hat uns aber auch dazu befähigt, darüber zu entscheiden, wann der neue Monat und die daraus folgenden Feste beginnen, und lässt uns die Möglichkeit, unsere Feste stets von Neuem zu erschaffen.