In der modernen Medizin werden neben zahlreichen chemischen Medikamenten auch natürliche Arzneimittel verwendet. Doch schon die talmudischen Weisen wussten einiges über Heilpflanzen und auch um die Wirkkraft mineralischer und anderer Naturheilmittel zur Behandlung diverser Leiden.
So wird in Gittin 68b gegen Kopfschmerzen ein Aufguss mit einem Pflanzensud aus Zypresse, Bachweide, frischer Myrte, Olive, Pappel, Rosmarin und einer Grasart empfohlen. Damit sollte man den Kopf des Leidenden mehrfach sanft übergießen. Die lindernde Wirkung lag dabei wohl in der Kombination von Wasserguss und ätherischen Pflanzenölen, ähnlich wie bei einer Balneotherapie. Sollten die Kopfschmerzen weiterbestehen, wurde als Nächstes empfohlen, weiße Rosenblätter abzukochen und mit dem Extrakt erneut die Schläfen zu übergießen.
Rosenöl gilt heute als wichtige Substanz in der Aromatherapie zur Beruhigung und Förderung seelischer Ausgeglichenheit, und wässrige Auszüge aus Pflanzenextrakten sind bis heute Bestandteile von regulären Arzneimitteln.
Die Weisen der Antike warnen davor, Heilmittel unkontrolliert anzuwenden
Wohl warnen bereits die Geonim davor, solche Heilmittel unkontrolliert anzuwenden, bevor ein Arzt die Unbedenklichkeit bescheinigt habe. Spätere Gelehrte haben deren Verwendung sogar verboten, da man die genaue Zusammensetzung aus talmudischer Zeit nicht mehr kannte. Vielleicht hatte man aber auch nur die äußerliche Anwendung mit der oralen Einnahme eines solchen Pflanzensuds verwechselt, und das womöglich in einer schädlichen Dosis.
Zur Behandlung einer bestimmten Augenerkrankung verwendete man eine exakt dosierte Menge von Antimon, wie es in der Antike für gewöhnlich in Kajalstiften vorkam. Antimon wirkt gegen Entzündungen, vor allem solche, die von Parasiten verursacht werden. Zwar meinten manche Ausleger, hier (Gittin 69a) sei die Behandlung von erhöhtem Augeninnendruck, dem Glaukom, beschrieben, Raschi (1040–1105) spricht dagegen von Katarakt, einer Linsentrübung. Vermutlich ist aber von Augeninfektionen die Rede, die unbehandelt ebenso zur Erblindung führen können wie Glaukom oder Katarakt.
Dass dem Antimon noch eine Prise von zerriebenem getrockneten Skorpion beigemengt wurde, erinnert zunächst eher an Zaubertränke als an seriöse Heilmittel. Doch könnte dies tatsächlich eine positive Wirkung auf das zu behandelnde Auge gehabt haben, möglicherweise im Sinn eines Lokalanästhetikums zur Linderung von Augenschmerzen. Dass im Talmud eine ganz bestimmte Skorpionart für diesen Zweck genannt wird, hängt mit der sehr unterschiedlichen Wirkung des Giftes von einzelnen Skorpiongattungen zusammen. Dabei war auf jeden Fall auch die strikte Einhaltung der beschriebenen Dosierung von entscheidender Bedeutung.
Gegen hartnäckiges Nasenbluten sollte eine Tamponade der Nasenlöcher mit Wolle eingesetzt werden, welche man zuvor mit Essig getränkt und in der Asche einer Pflanzenmischung gewälzt hatte, bestehend aus Safran, Kleewurzeln, Papyrus, dem Blattansatz eines Palmzweigs und einem Strick von einem alten Bett, wobei Letzterer vermutlich aus Hanffasern bestand. Die Tamponade wirkte blutstillend, wenn alle vorherigen Versuche vergeblich gewesen waren.
Schon der Talmud kannte die Heilkraft der Kamille
Dass Kamille gegen Entzündungen der Mundschleimhaut hilft, war unseren Weisen ebenfalls schon bekannt. Aber auch Bertramswurzel wird hier genannt. Diese fördert den Speichelfluss, unterstützt die Wundheilung und stärkt das Immunsystem. Blasen in der Mundhöhle behandelte man mit einer Mischung aus grober Kleie, ungewaschenen Linsen, Bockshornklee und Hopfenblüten.
Kleie und Linsen förderten wohl mechanisch eine Blaseneröffnung, während die Hopfenblüte vermutlich eher eine Beruhigung des Kranken bewirkte. Spannend ist die Verwendung von Bockshornklee. Heute wissen wir, dass er als milder Blutzuckersenker bei Diabetes wirkt und so zur Behandlung einer Entzündung beitragen kann.