Talmudisches

Der richtige Zeitpunkt

Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, sollte er (oder sie) alles tun, um einen Ehepartner zu finden. Foto: Flash 90

Im Traktat Kidduschin schreibt der Talmud über das perfekte Alter fürs Heiraten. Über mehrere Seiten hinweg diskutieren unsere Weisen über dieses Thema – bis sie schließlich einen Konsens finden: Der richtige Zeitpunkt liegt zwischen 18 und 24 Jahren. »Wenn man bis dann nicht heiratet, sagt G’tt, dass seine Knochen anschwellen sollen.«

Das heißt: Wer bis 24 nicht heiratet, ist verflucht, und G’tt hat kein Interesse mehr an ihm. Spätestens mit 24 soll ein Vater seinen Sohn zwingen, zu heiraten. »Rava sagte zu Rabbi Natan bar Ami: ›Wenn deine Hand noch auf seinem Nacken ist‹.« Solange man also noch Kontrolle über das Leben seines Sohnes hat, soll man für ihn eine Frau finden.

Ehe In den Sprüchen der Väter lesen wir: »Mit fünf Jahren (wird das Alter) für das Studium der Schrift (erreicht); mit zehn (für das Studium) der Mischna; mit 13 (zur Erfüllung) der Mizwot; mit 15 (für das Studium) des Talmuds; mit 18 für die Ehe.«

Unsere Weisen fragen: Wenn das Heiraten eine Mizwa ist, warum ist man dann nicht schon ab 13 Jahren dazu verpflichtet? Sie nennen zwei Gründe.

Bevor ein junger Mann heiratet, muss er die Grundlagen der Tora lernen, um seine Weltsicht zu formen und zu wissen, wie man gemäß der Halacha lebt. Wenn man zuerst heiratet, kann die Last, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, den jungen Mann daran hindern, angemessen Tora zu lernen (Kidduschin 29b).

In früheren Zeiten haben junge Männer, während sie die Grundlagen der Tora lernten, einen Teil des Tages damit verbracht, ein Haus zu bauen und Geld zu sparen, um Werkzeug zu kaufen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Deshalb verschoben die Weisen das Heiratsalter für Männer bis zum 18. Lebensjahr.

Die Gedolei Haposkim, bedeutende jüdische Gesetzeshüter, schrieben, dass es nach dem strengen Gesetz der Gemara verboten sei, die Ehe über das 20. Lebensjahr hinauszuschieben. Um aber Tora zu lernen, oder in schwierigen Zeiten und bei finanziellen Problemen, kann die Ehe auf das Alter von 24 Jahren verschoben werden (Jam Schel Schlomo, Kidduschin 1,57 und Birkei Josef, Even HaEser 1,9).

Gegenwart Doch die Lebenssituation von heute kann nicht mit der in früheren Zeiten verglichen werden. Das Leben ist komplexer geworden, und es bedarf mehr Zeit, sich darauf vorzubereiten.

In der Vergangenheit war das Erlernen von Tanach und Mussar (Ethik) auf einer einfachen Ebene und das Lernen des Religionsgesetzes ausreichend, um ein jüdisches Haus zu gründen.

Es genügte, bis zum 18. Lebensjahr mit dem Vater ein paar Stunden am Tag zu arbeiten, um sich einen Beruf anzueignen, sogar ein wenig Geld für die Hochzeit zu sparen und ein Haus zu bauen.

Heute dauert es länger, einen Beruf zu erlernen. Und die Häuser, in denen wir leben, sind viel teurer als früher, denn sie sind größer und mit Wasser und Strom ausgestattet.

Wenn man heute also die Ehe aufschieben würde, bis eine Person alle Grundlagen der Tora abgeschlossen, das Studium für einen geeigneten Beruf beendet und ein Haus gekauft hat, dürften die meisten jungen Leute erst nach dem 30. Lebensjahr heiraten. Eine solche Verschiebung ist laut Halacha nicht möglich, denn auch wenn die Welt komplexer ist, hat sich die emotionale und physische Natur des Menschen doch nicht verändert.

Segen Unsere Weisen sagten: »Jeder, der keine Frau hat, ist kein richtiger Mann (Jevamot 63a) und lebt ohne Freude, ohne Segen, ohne Güte, ohne Tora, ohne eine schützende Mauer und ohne Frieden« (Jevamot 62b). Es gibt ein Limit, wie lange ein Mann unter solchen Umständen leben kann.

Es ist heute schwierig, das Heiratsalter festzulegen, da jeder Mensch und seine Umstände anders sind. Doch wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, sollte er (oder sie) alles tun, um einen Ehepartner zu finden.

Mischpatim

Gleiches Recht für alle

Schon die Tora regelt, dass es vor dem Gesetz keinen Unterschied zwischen Mann und Frau gibt

von Rabbiner Joel Berger  21.02.2025

Talmudisches

Krankheitserreger

Was unsere Weisen über Keime im Wasser lehrten

von Rabbinerin Yael Deusel  21.02.2025

Mitgefühl

Wie soll ein Mensch das ertragen!

Die Bilder der abgemagerten, gequälten Geiseln gehen nah – manchen zu nah. Aber darf man einfach wegschauen?

von Rabbiner David Kraus  21.02.2025

Ramchal

Klugheit vor Alter

Wie sich Rabbiner Mosche Chaim Luzzatto bereits in jungen Jahren einen besonderen Ruf erarbeitete

von Vyacheslav Dobrovych  20.02.2025

Berlin

»Jeder Mensch hat einen Namen«

Jüdische Gemeinde Chabad: Solidaritätsgebet für die israelischen Geiseln

von Detlef David Kauschke  19.02.2025

Valentinstag

Eins plus eins gleich eins

Einmal im Jahr Rosen und Pralinen schenken? Die orthodoxe Tradition hat eine andere Vorstellung von der Liebe

von Rabbiner Dovid Gernetz  14.02.2025

Jitro

Das Licht weitertragen

Jeder Einzelne ist Teil des geheiligten Ganzen und hat die Verantwortung, die Tora zu stärken

von Elie Dues  14.02.2025

Talmud

Leben retten

Was unsere Weisen über eine wichtige Mizwa lehren

von Rabbiner Avraham Radbil  14.02.2025

Geiseln und Glaube

»Ich wählte den Weg des Glaubens«

»Agam Bergers Bekenntnis zum jüdischen Glauben wird gleichzeitig bewundert sowie erstaunt zur Kenntnis genommen«, schreibt die Autorin

von Chiara Lipp  13.02.2025