Zauber

Das Einhorn im Schloss

Megasüß: Magic-Filly Foto: Ben Gerschon

Yael ist echt blöd! Gestern hat sie gesagt, sie hätte ebenfalls den Magic von den Fillys. Das sind so kleine, megasüße Plastikpferde, die reden können. Meine Eltern kaufen mir jeden Monat ein Filly – wenn ich brav bin. Dann darf ich mir im Spielzeugladen eine Überraschungstüte aussuchen.

Ich bin sechs Jahre alt und heiße Ronit. Magic ist das schönste Filly-Pferd, das ich habe. Es ist übrigens ein Einhorn! In meiner Sammlung befinden sich schon der starke Thor, die musikalische Bree und der schnelle Florian. Aber keines dieser Fillys ist so klug wie das Magic-Pferd. Auf der Karte, das in dem Tütchen lag, hat mein Vater vorgelesen: »Intelligenz: 500 Punkte, Schönheit: 300 Punkte«. Das bedeutet, dass Magic voll super-intelligent ist! Und super-schön aussieht! Magic hat auch zwei pinkfarbene Flügel, damit kann er fliegen. Und außerdem glänzt auf seinem rechten Vorderfuß ein wunderschöner Diamant.

Gestern bin ich in den Jüdischen Kindergarten gegangen und hab’ meinen Magic mitgenommen. Ganz vorsichtig lag das Pferd in einer warmen Wintersocke von meinem Vater. Als ich das Einhorn behutsam aus dem Socken befreite, kam lärmend die blöde Yael angerannt und schrie laut: »Ach, den Magic, den habe ich doch schon lange!«

Ist das nicht gemein? Ich musste weinen und wollte sie eigentlich an den Haaren ziehen. Doch da ist Rivka, die Lehrerin, gekommen und hat mich in die »Stille Ecke« geschickt! Echt gemein! Hatte doch Yael angefangen. Sie kann unmöglich den Magic haben, höchstens Pinky oder Graziella!

Prinzessin Nach etwa zwei Stunden durfte ich die »Stille Ecke« wieder verlassen. Denn jetzt haben wir an unserem Chanukkaleuchter weitergebastelt. Natürlich war ich immer noch wütend auf Yael. Die hatte übrigens so ein blödes Kleid an, mit gelben Blumen. Natürlich keine echten Blumen, die waren nur aufgemalt. Ihr Kleid sah echt blöd aus. Mein Kleid dagegen sah aus wie das einer Prinzessin: pink, und dazu pinkfarbene Strümpfe. Auf meinem Kleid war ein Einhorn (aber nicht Magic), und unter dem Einhorn stand: »Friends forever!« Das ist Englisch.

Normalerweise setze ich mich immer neben Yael. Aber heute wollte ich sie bestrafen. Darum rückte ich meinen Stuhl neben den von Meir. Das ist ein Junge. Ich habe ihm meinen Magic gezeigt, und Meir hat stolz auf seine Brotkiste gedeutet. Da lag ein Lightning McQueen-Auto. »Das ist nur ein Spielzeugauto«, flüsterte ich ihm ins Ohr, »mein Magic kann echt zaubern und bis nach Jeruschalajim fliegen!«

Wir haben dann weiter an der Chanukkia gebastelt. Die Lehrerin hat jedem von uns neun leere Toilettenrollen gegeben. Wir mussten sie anmalen und dann auf ein Holzbrett kleben. Ich habe auf alle Rollen echt schöne Pferde gemalt. Auf die mittlere, also auf den Schammes, habe ich meinen Magic gelegt. Denn das ist so wie ein Schloss. Und alle Einhörner wohnen doch in Schlössern mit Wassergräben und Reitställen. Das habe ich im Fernsehen gelernt.

TV Mein Vater bringt mich morgens immer in den Kindergarten. Während er zu Hause noch ein paar Minuten betet, darf ich Kika gucken. Und dort habe ich wirklich alles über Schlösser gelernt. Wenn zum Beispiel Feinde kommen, fährt man die Zugbrücke ein und schüttet Kacke auf die Feinde ... hihihi.

Auf dem Holzbrett der Chanukkia habe ich fast die ganze Tube Leim ausgedrückt. Ich streute ganz viele Glitzersteinchen darauf. Es sah wunderschön aus, wie eine Burg mit neun Türmen. In so einem Schloss würde ich auch gerne wohnen. Und wenn Yael kommt, dann würde ich die Zugbrücke hochziehen … hihihi.

Immer noch ein bisschen wütend lugte ich zu ihr hinüber. Sie hat alle Klopapierrollen pink angemalt. Mein Gott, wie einfallsreich! Und Meir? Der hat die Chanukkia so gestaltet, dass es aussah, als hätte der Leuchter neun Auspuffrohre. Ich umarmte ihn und versprach: »Wenn du willst, darfst du nachher mit meinem Magic spielen. Aber nicht mit nach Hause nehmen! Denn sonst hat er Heimweh nach mir und weint die ganze Nacht. Verstehst du das, Meir?«

tanzen »Liebe Kinder«, unterbrach uns die Lehrerin, »jetzt legen wir die Bastelarbeit kurz beiseite und üben unseren Tanz. In einer Woche kommen eure Eltern. Das wird toll! Wir werden sie damit überraschen und anschließend ›Maos Tzur‹ singen. Jedes Kind nimmt bitte seinen Freund oder seine Freundin an der Hand und stellt sich hinter mir auf.«

Meir streckte seine Hand nach mir aus. Aber sie war voll Kuchenkrümel und Leimresten. Igitt. Mit wem soll ich nun tanzen? Meine Augen suchten Yael, dabei stand sie direkt vor mir! Ich musste lachen. Yael lachte mit. Das war doch zu drollig: Ich guckte und guckte, und die ganze Zeit war sie neben mir!

»Du, Yael«, fragte ich sie, »hast du wirklich zu Hause den Magic?« Sie schaute auf den Boden: »Nein.« – »Willst du mit meinem Magic spielen?« – »Eigentlich schon, aber lässt du mich denn?« – »Na klar. Weißt du, Meir darf doch nicht meinen Magic anfassen, er hat so ungewaschene Hände.«

Wir bemerkten gar nicht, dass die Lehrerin uns die ganze Zeit zuhörte. »Mädchen, das ist so schön, dass ihr euch wieder vertragt! Wisst ihr, zur Zeit der Makkabim haben die Juden auch ihre Streitigkeiten vergessen und sich versöhnt.« Ich umarmte Yael. »Aber wir haben uns doch nie gestritten! Yael ist doch meine beste Freundin!«

Lech Lecha

»Und du sollst ein Segen sein«

Die Tora verpflichtet jeden Einzelnen von uns, in der Gesellschaft zu Wachstum und Wohlstand beizutragen

von Yonatan Amrani  08.11.2024

Talmudisches

Planeten

Die Sterne und die Himmelskörper haben Funktionen – das wussten schon unsere Weisen

von Chajm Guski  08.11.2024

Heldentum

Von der Größe, sich nicht zu groß zu machen

Um ein jüdischer Held zu werden, braucht es andere Fähigkeiten, als vielleicht angenommen wird

von Rabbiner Raphael Evers  07.11.2024

Talmudisches

Datteln

Was unsere Weisen über den Verzehr der Frucht lehrten

von Rabbinerin Yael Deusel  01.11.2024

Israel

Kalman Bar ist neuer aschkenasischer Oberrabbiner

Im Vorfeld der Wahl gab es interne Machtkämpfe

 01.11.2024 Aktualisiert

Noach

Die Kraft des Gebets

Hätte sich Noach intensiver an den Ewigen gewandt, wäre es vielleicht nicht zur Sintflut gekommen

von Rabbiner Avraham Radbil  31.10.2024

Essay

Die gestohlene Zeit

Wie der andauernde Krieg die Rhythmen des jüdischen Kalenders verzerrt. Beobachtungen aus Jerusalem

von Benjamin Balint  23.10.2024

Bereschit

Höhen und Tiefen

Sowohl Gut als auch Böse wohnen der Schöpfung inne und lehren uns, verantwortlich zu handeln

von Rabbinerin Yael Deusel  23.10.2024

Simchat Tora

Untrennbar verwoben

Können wir den Feiertag, an dem das Massaker begann, freudig begehen? Wir sollten sogar, meint der Autor

von Alfred Bodenheimer  23.10.2024