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»Chef, es ist Simchat Tora. Ich brauche Urlaub!«

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Sukkot, das gemütliche Fest mit der ganzen Familie in der schön geschmückten Laubhütte, will keiner verpassen. Auch Schemini Chag Ha’Azeret, genau genommen der achte Tag von Sukkot und Simchat Tora, der Tag, an dem wir uns wie kleine Kinder freuen und mit der Tora tanzen, gehört zu den Höhepunkten des jüdischen Jahres. Die Gesellschaft sollte das berücksichtigen, und zwar aus verschiedenen Gründen.

In diesem Jahr 5780/2019 fallen alle Festtage (Jamim tovim) mitten in die Woche. Haben wir, falls wir wollen, Anspruch auf freie Tage? Ich finde: In unserer Gesellschaft, die den Respekt für andere und den Respekt für Normen und Werte, auch die anderer Religionen, so lautstark verkündet, sind arbeitsfreie Tage für jüdische Feiertage ein Grundrecht. Ich bin der Meinung, dass unsere Multikulti-Gesellschaft bei der Terminplanung von wichtigen Ereignissen wie Wahlen Rücksicht auf ihre jüdischen Mitbürger nehmen muss. Diese Frage stellt sich aktuell in England und Kanada.

Es kann nicht angehen, dass wir immer Rücksicht auf Feste anderer nehmen, aber für unsere eigenen Festtage hart kämpfen müssen.

In Ländern, in denen der Staat noch ein Wörtchen mitreden darf, gilt die Regel »Gleiche Rechte für alle«. Und ich meine, dass wir unsere Rechte einfordern müssen – sogar dann, wenn es nur einen einzigen jüdischen Kommilitonen unter 30.000 andersdenkenden Mitstudenten an einer Universität gibt oder »nur« 75.000 orthodoxe jüdische Wähler unter Millionen anderen. Das israelische Parlament, die Knesset, hat wöchentlich drei freie Tage: freitags für Muslime, am Schabbat für Juden und am Sonntag für Christen.

Es kann eigentlich nicht angehen, dass wir immer Rücksicht auf Feste, Gebräuche und Religionen anderer nehmen müssen, aber für unsere eigenen Festtage hart kämpfen müssen. Wir müssen proaktiv werden, laut, deutlich und rechtzeitig ankündigen, wann im kommenden Jahr die jüdischen Feiertage sind, und dass wir ein striktes und streng reglementiertes Arbeitsverbot einhalten müssen.

Denn obwohl wir in einer sogenannten jüdisch-christlichen Gesellschaft leben, war die Unwissenheit über biblisch-jüdische Vorschriften, trotz Internet, noch nie gravierender als heute. Es ist wichtig, dass eine anerkannte zentrale jüdische Instanz auf ihrer Website veröffentlicht, wann die jüdischen Feiertage, auch die der kommenden Jahre, sind – und auf welche Wochentage sie fallen.

In den meisten Fällen werden Menschen, die prinzipiell jüdisch leben wollen, durchaus respektiert und sogar wertgeschätzt.

Fast alle jüdischen Feiertage liegen auf zwei aufeinanderfolgenden Wochentagen, wie die zwei ersten Tage von Sukkot und die letzten beiden Tage Schemini Chag Ha’Azeret und Simchat Tora am Ende. Sogar die staatlichen Beamten machen es den jüdischen Studenten schwer oder gewähren ihnen jährlich nur drei freie Tage für alle Festtage.

Man sollte auch deutlich ankündigen, wann unser Schabbat und unsere Feiertage beginnen – immer am Abend vor dem Feiertag bei Sonnenuntergang. Mindestens sechs Monate im Jahr ist dies ein erhebliches Problem. Dabei muss man auch noch einkalkulieren, dass man zusätzliche Zeit braucht für den Nachhauseweg, für Besorgungen, für die Körperreinigung, Dusche oder Bad, für das Kerzenzünden und für alle anderen Vorbereitungen, bevor der heilige Tag beginnt.

Diese Informationen sollte man ebenfalls rechtzeitig der Schulleitung, dem Arbeitgeber oder den Behörden zukommen lassen. Dabei sollte man klar und deutlich angeben, dass unser Arbeitsverbot und unsere Pflicht zur Einhaltung der Feiertage strikt eingehalten werden müssen, und dass dies sogar beinhaltet, dass wir eigentlich gar keine normale Arbeit verrichten dürfen, nicht einmal Reisen, Schreiben, Telefonieren oder über alltägliche Dinge sprechen.

Auch, wenn wir um Verständnis ringen müssen: Bleib a Mensch!

Wichtig ist dabei, dem Gegenüber immer freundlich zu begegnen, auch wenn man selbst nicht zuvorkommend behandelt wird. Trotz aller gesetzlichen Ansprüche verlangt es oft taktisches Geschick, um zu einer Einigung zu kommen. In unserer »offenen« und »toleranten« Gesellschaft ist es immer noch schwierig, für seine jüdische Identität einzustehen. Denn schon weit im Vorfeld muss man der Schulleitung sagen oder im Bewerbungsverfahren deutlich machen, dass man die jüdischen Verpflichtungen einhalten will.

In den meisten Fällen werden Menschen, die prinzipiell jüdisch leben wollen, durchaus respektiert und sogar wertgeschätzt, aber es bedeutet für unsere Verhandlungspartner ein Mehr an Organisation, an Arbeitskräften und zusätzliche Aufmerksamkeit, die nicht immer da ist. Aber auch, wenn wir um Verständnis ringen müssen: Bleib a Mensch!

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