Laut Gesetzeskodex »Schulchan Aruch« soll man mit den Pessachvorbereitungen schon 30 Tage vor dem Fest beginnen – durch Lernen der entsprechenden Gesetze. Die Erklärung, die in der »Mischna Brura« (verfasst von Rabbi Israel Meir Hakohen) dafür angeführt wird, ist leicht nachzuvollziehen. Es gibt zahlreiche Aufgaben, die vor Pessach erledigt werden müssen: Chametz (Gesäuertes) muss entsorgt, Geschirr gekaschert und Mazze gebacken werden. Und wenn man das alles vor Beginn von Pessach nicht schafft, wird man am Feiertag nichts mehr an diesem Zustand ändern können.
Vielleicht kann man die Empfehlung der Mischna Brura auch als einen kleinen Hinweis unserer Weisen deuten: Je besser man sich mit den Pessachregeln auskennt, desto effizienter und effektiver wird die Vorbereitung sein. Das bezieht sich vor allem auf den berühmt-berüchtigten Pessachputz. Dessen Ziel ist das Entfernen von Chametz, von Gesäuertem, aus dem Haus und der persönlichen Umgebung.
Getreidearten Chametz sind alle Nahrungsmittel, die eine der fünf Getreidearten Weizen, Hafer, Roggen, Gerste und Dinkel enthalten und bei ihrer Herstellung mehr als 18 Minuten mit Wasser in Berührung gekommen sind, ohne gebacken zu werden. Dazu zählen nicht nur diverse Brotsorten, sondern auch Nudeln und Bier.
Die Rabbiner betonen, dass man nur dort im Haus Chametz suchen muss, wo es sich realistischerweise befinden könnte – also vor allem in der Küche.
Die Rabbiner betonen, dass man nur dort im Haus Chametz suchen muss, wo es sich realistischerweise befinden könnte – also vor allem in der Küche. Wenn man das verinnerlicht, kann man viel Mühe und Zeit sparen und die Energie in andere Aspekte der Pessachvorbereitung investieren.
Heutzutage haben wir an Pessach viel weniger zu tun als noch vor 100 Jahren. Wir backen normalerweise keine Mazza, sondern kaufen sie. Auch aufwendiges Kaschern von Geschirr ist für die meisten Menschen Vergangenheit: Viele jüdische Haushalte haben separate Pessachtöpfe, Öfen, Geschirr und Besteck. Und für den Fall, dass jemand trotzdem etwas kaschern möchte, bieten heutzutage zahlreiche Gemeinden einen solchen Service an.
Jedoch gibt es viele Bräuche und Halachot für die Zeit vor Pessach, die auch heute noch eingehalten werden. So besteht zum Beispiel der Brauch, schon 30 Tage vor Pessach keine Mazza mehr zu essen. Auch wenn das laut Halacha erst 24 Stunden vor Pessach vorgeschrieben ist, haben es viele (vor allem die Chassidim) auf sich genommen, schon einen Monat vor Pessach auf Mazza zu verzichten, um sie beim Seder wirklich genießen zu können.
Schabbat HAGADOL Der Schabbat vor Pessach hat einen besonderen Status und sogar einen eigenen Namen – »Schabbat Hagadol« (Großer Schabbat). An diesem Schabbat hält der Gemeinderabbiner eine spezielle Drascha, eine Predigt, vor der Gemeinde. In dieser Predigt geht er üblicherweise auf die Gesetze von Pessach ein, inspiriert die Beter und stimmt sie gut auf das Fest ein.
Ein weiterer Brauch am Schabbat Hagadol ist es, nach dem Minchagebet einen Teil der Pessach-Haggada zu lesen.
Ein weiterer Brauch am Schabbat Hagadol ist es, nach dem Minchagebet einen Teil der Pessach-Haggada zu lesen. Diese Vorbereitung soll dazu dienen, den Text, der zuletzt vor einem Jahr gelesen wurde, aufzufrischen, damit der Familienvater die Haggada beim Sederabend zügig vortragen kann – schließlich sollen die Kinder alles mitbekommen und nicht gleich einschlafen.
Das ist übrigens ein wichtiger Rat für alle, die den Seder leiten werden: Man muss sich gut darauf vorbereiten, damit die Sederteilnehmer sowohl folgen können als auch gut am Geschehen beteiligt werden. Auch direkt vor Pessach gibt es genug zu tun. Am Vorabend des Festes soll nach Chametz gesucht werden. Dabei darf man auch Räume außerhalb der Wohnung nicht vergessen: das Auto, den Schrank im Büro, das eigene Schließfach im Sportverein und so weiter. Man kann alleine suchen, man kann aber auch die ganze Familie miteinbeziehen.
Taschenlampe Für die Kinder ist die Chametz-Suche oft ein willkommener Spaß – besonders, wenn man sie wie in den alten Zeiten mit Feder und Kerzen durchführt. Wenn man tatsächlich etwas finden möchte, ist es allerdings viel praktischer, mit einer Taschenlampe zu suchen.
Hat man die Wohnung so saubergemacht, dass die Wahrscheinlichkeit, auch nur einen Krümel zu finden, gleich null ist, kann man noch einen verbreiteten Brauch praktizieren: Man versteckt ein paar kleine trockene Brotstücke, die auch gut in Folie gewickelt sind. Wenn es nach den Kabbalisten geht, dann sollten es genau zehn Stückchen sein. So macht das Suchen für die Kinder noch mehr Spaß.Die Hauptsache ist, nicht zu vergessen, wo diese Stückchen versteckt wurden.
An Erew Pessach soll bis zu einer bestimmten Zeit das gefundene Chametz entsorgt werden. Dabei muss man nicht alles verbrennen, was Chametz heißt; es genügt, nur das letzte Stückchen zu verbrennen. Alles andere kann man einfach in der Bio-Tonne entsorgen. Man darf auch nicht vergessen, nach dem Verbrennen einen wichtigen Text für das »Annullieren von Chametz« (Bitul) zu sagen, der in jeder Haggada ganz vorne abgedruckt ist.
Damit sind die Vorbereitungen, die fast einen Monat gedauert haben, fast abgeschlossen. Es bleibt nur noch, den Tisch zu decken, damit es nach dem Abendgebet schnell geht, sich ein wenig zu erholen und mit großer Vorfreude den Seder anfang abzuwarten.
Man muss nur das letzte Stückchen Chametz verbrennen.
Es gibt noch einen wichtigen Brauch, der für Vorfreude auf das Fest sorgt. Rabbi Mosche Isserles erwähnt gleich am Anfang der Pessachgesetze, dass man unter allen Gemeindemitgliedern Geld sammeln soll (»Maot Chitim«), damit sich die Armen mit Mazza für Pessach versorgen können.
Dabei sollte diese Mazza ihnen nicht nur für Sederabende reichen, sondern für das ganze Pessachfest. Denn nur dann, wenn man sicher sein kann, dass tatsächlich alle Juden in der Stadt Pessach feiern können, hat man sich gut auf das Fest vorbereitet.
Der Autor ist Rabbiner der Jüdischen Gemeinden zu Halle und Dessau und Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD).