Als im November 1967 im britischen Portsmouth ein stattliches U-Boot an die israelische Marine übergeben wurde, hätte niemand geahnt, dass es schon ein Jahr später spurlos verschwinden und in Israel rabbinische Fragen aufwerfen würde.
Zunächst führte die Besatzung eine Reihe von Übungsfahrten durch, um sich mit dem U-Boot vertraut zu machen, bevor die Heimreise nach Israel angetreten wurde. Mit 69 Menschen an Bord machte sich die »INS Dakar« auf den Weg nach Haifa, ihrer neuen Heimatbasis. Die letzte Positionsmeldung des U-Boots erfolgte am 24. Januar um 6.10 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Dakar planmäßig unweit der Insel Kreta. Zwei Tage darauf wurde das U-Boot als vermisst gemeldet, woraufhin eine groß angelegte internationale Suchaktion begann – jedoch ohne Erfolg.
Am 6. März 1968 verkündete Verteidigungsminister Mosche Dayan offiziell in der Knesset, dass die Dakar verschollen sei, und erklärte die Besatzung für tot. Das Oberrabbinat wies daraufhin die Angehörigen der Vermissten an, die Trauergesetze zu beginnen und Kaddisch zu sprechen. Da jedoch 16 der 69 Vermissten verheiratet waren und das Schicksal der Dakar ungewiss blieb, wurden deren Ehefrauen zu »Agunot« – Frauen in einem halachischen Schwebezustand, der eine Wiederheirat verbietet, bis der Tod der Ehemänner zweifelsfrei bestätigt ist. Zwar wurden ein paar Monate später die Totenscheine der Vermissten ausgestellt, um Entschädigungen und Erbschaftsregelungen zu ermöglichen. Diese enthielten jedoch ausdrücklich keine Erlaubnis zur Wiederheirat.
Erst am 9. Februar 1969, über ein Jahr nach dem Verschwinden der Dakar, wurde die Rettungsboje des U-Boots an den Strand von Khan Younis in Gaza gespült. Daraufhin präsentierte Israel eine umfassende Untersuchung, und Rav Shlomo Goren, der Oberrabbiner der israelischen Armee (IDF), erklärte die Besatzung auch halachisch für tot, sodass die Witwen wieder heiraten durften.
Obwohl die gestrandete Rettungsboje Hoffnung auf ein schnelleres Auffinden der Dakar machte, führten Fehlberechnungen dazu, dass das Wrack erst 1999, mehr als 30 Jahre später, entdeckt wurde. Es lag weniger als 500 Kilometer von seinem Ziel entfernt zwischen Kreta und Zypern in rund 3000 Metern Tiefe. Bis heute ist die Ursache des Unglücks ungeklärt.
Die israelische Armee ist dafür bekannt, dass man gefallene Soldaten nicht zurücklässt
Nach der Bergung des Wracks forderten die Hinterbliebenen von der israelischen Regierung, die sterblichen Überreste der Besatzung aus den Tiefen zu holen und zu begraben. Die IDF ist dafür bekannt, dass man gefallene Soldaten nicht zurücklässt, und oft riskieren Soldaten ihr Leben, um die Leichen ihrer Kameraden nicht dem Feind zu überlassen und sie auf einem jüdischen Friedhof zu begraben.
Nun stellte sich auch hier die Frage, ob man laut der Halacha in dieser außergewöhnlichen Situation verpflichtet ist, die sterblichen Überreste zu begraben. Der Talmud (Sanhedrin 46b) schreibt vor, dass Menschen in der Erde begraben werden sollen, und ebenso ist es im Schulchan Aruch festgelegt. Rabbi Yehoshua Menachem Ehrenberg (1904–1976) war der Ansicht, dass eine Seebestattung unzulässig ist, da der Mensch aus Erde stammt und dorthin zurückkehren soll.
Ein Gegenbeweis ist das Begräbnis von Josef. Laut dem Talmud (Sota 13a) bestand sein Sarg aus Metall und wurde in den Nil geworfen, um den Segen des Verstorbenen zu sichern. Rabbi Avraham Bornsztein (1838–1910) sieht hierin einen Beweis, dass Begräbnisse in Metallsärgen erlaubt sind. Ebenso ließe sich daraus entnehmen, dass eine Seebestattung zulässig sei. Demnach gilt die Besatzung der Dakar als halachisch begraben – mit dem U-Boot in der Funktion des Sarges.
Zwar schreibt der Schulchan Aruch, dass eine Beerdigung ohne Sarg besser sei (wie es in Israel der Brauch ist), aber die Kommentatoren erklären, dass es ebenso akzeptabel ist, wenn es Löcher im Sarg gibt oder ein wenig Erde über den Verstorbenen gestreut wird, solange direkter Kontakt zur Erde gewährleistet ist. Die Unterwasseraufnahmen der Dakar zeigten, dass das Wrack zerbrochen und von Sand bedeckt war, sodass auch diese Voraussetzungen erfüllt waren.
Rabbi Israel Heitner, Oberrabbiner der israelischen Marine, äußerte damals, dass er den Wunsch der Hinterbliebenen, ihre Angehörigen selbst zu begraben, selbstverständlich nachvollziehen könne. Jedoch sehe er aufgrund der halachischen Grundlage und unter Anbetracht der astronomischen Ausgaben für die Bergung keine Rechtfertigung, dieses Risiko einzugehen.