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Am Schabbes auf Kreuzfahrt?

Von einer Kreuzfahrt haben viele schon einmal geträumt. Foto: Getty Images

Von einer Kreuzfahrt haben viele schon einmal geträumt. Doch aus halachischer Sicht dürfen solche Reisen nur unter bestimmten Umständen angetreten werden. Denn welcher jüdische Urlauber könnte – nur eines der potenziellen Probleme – auf dem Schiff Schabbatfreude empfinden, wenn er die Seefahrt nicht verträgt?

Grundsätzlich gelten die Schabbatverbote zwar nur am Schabbat selbst. Daher scheint es auf den ersten Blick erlaubt zu sein, an einem Freitag eine riskante Reise zu starten und bis eine Minute vor dem Schabbat unterwegs zu sein. Doch kann es geschehen, dass man nach Schabbat­einbruch überraschend feststellt, sich an einem problematischen Ort zu befinden. Dann bleibt einem Juden keine andere Wahl, als in das nächste bewohnte Gebiet zu reisen. Denn wer am Schabbat in Gefahr kommt, ist verpflichtet, den Ruhetag zu entweihen, um sein Leben zu retten.

erholung Doch darf sich ein Jude nicht bewusst in eine Situation bringen, die von ihm verlangt, die Schabbatgebote zu verletzen. Die Weisen sagen uns, dass man seine Vorhaben dementsprechend planen muss. Deswegen untersagen sie, von Mittwoch an zu Erholungszwecken auf einem Boot in See zu stechen. Dieses Verbot gilt laut Talmud auch dann, wenn die Besatzungsmitglieder Nichtjuden sind (Schabbat 19a).

In den ersten Tagen einer Reise würde Seekrankheit die Freude am Feiertag empfindlich stören.

Dafür gibt es gleich mehrere Gründe: Es könnte eine gefährliche Situation entstehen, bei der ein Jude am Schabbat verbotene Tätigkeiten ausführen muss, beispielsweise beim Steuern des Bootes mitzuhelfen (Hamaor).

Und auch, wenn keine Befürchtung besteht, dass die nichtjüdischen Matrosen Hilfe anfordern und die Hälfte der Passagiere jüdisch ist, dann würde die Besatzung am Schabbat dennoch auch für die Juden, die sich auf dem Schiff befinden, arbeiten. Es ist aber rabbinisch verboten, dass ein Jude von der Arbeit eines Nichtjuden am Schabbat profitiert (Ramban) – auch wenn es sich bei der Mehrheit der Passagiere um Nichtjuden handelt.

REGEL Zudem besagt eine wenig bekannte Regel, dass es verboten ist, am Schabbat mehr als 2000 Ellen, ungefähr einen Kilometer, außerhalb eines besiedelten Gebiets unterwegs zu sein. Dies nennt man das Techum Schabbat, die Schabbatgrenze.

Sie gilt aber nicht, wenn sich das Schiff mehr als zehn Handbreit über dem Meeresboden befindet. Auch ist ein Reisender von den Techumim befreit, wenn er an Schabbat von Bord geht. Doch sollte man für diesen Fall sicherstellen, nichts bei sich zu tragen – einschließlich Personalausweis und Bordkarte.

Doch sogar dann, wenn das Boot bereits vor dem Ruhetag im tiefen Wasser unterwegs ist oder am Schabbat mitten auf dem Ozean vor Anker liegt, kann es ein Verbot geben. Viele Schiffsreisende leiden in den ersten Tagen an der Seekrankheit, was die Mizwa von Oneg Schabbat, der Schabbatfreude, empfindlich stört.

Wenn aber keiner dieser Gründe relevant ist – also weder die Matrosen noch die Mehrheit der Passagiere jüdisch sind, man außerdem in tiefen Gewässern unterwegs ist und das Boot groß und stabil ist, sodass Seekrankheit unwahrscheinlich bleibt und man den Schabbat genießen kann –, darf man in einem solchen Fall sogar eine Minute vor Beginn des Schabbats in See stechen, selbst wenn es sich nur um eine Erholungsreise handelt.

SEGELN In der halachischen Literatur wird als Beispiel für eine solche Art der Schiffsreise das Segeln auf einem Fluss angeführt, von dem angenommen wird, dass er frei von Wellen ist. Und auf modernen großen Kreuzfahrtschiffen besteht kaum die Wahrscheinlichkeit, an Seekrankheit zu leiden. Nur wer hypersensibel ist, den dürfte es erwischen.

Auch die Frage, ob die meisten Passagiere Nichtjuden sind, ist wichtig. Relevant ist in diesem Kontext, ob die Abfahrt eines Schiffes von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze abhängt oder von einem festen Fahrplan. So kann man, wie bereits erläutert, in manchen Fällen sogar in den drei Tagen vor Schabbat in See stechen, selbst wenn zufälligerweise die meisten Passagiere Juden sind, da die nichtjüdischen Matrosen auch dann losfahren würden, wenn sich keine Juden an Bord befänden (Schmirat Schabbat Kehilchata).

An den ersten drei Tagen der Woche, also ab Sonntag, darf man in den meisten Fällen zu Erholungszwecken in See stechen, auch wenn die Eventualität besteht, dass man zu Beginn des Schabbats mit der Notwendigkeit konfrontiert werden könnte, ihn zu übertreten. An diesen Tagen muss man keine seiner Handlungen aus Angst, möglicherweise den Schabbat oder die Mizwa von Oneg Schabbat zu verletzen, einer Einschränkung unterwerfen.

Von Mittwoch bis Freitag darf man nicht zu einer längeren Schiffsreise zum Vergnügen aufbrechen.

In einem anderen Fall sind sich die Weisen uneins: Auch wenn es eindeutig klar ist, dass der Schabbat entweiht werden muss, darf man laut Hamaor, Rivash und Schulchan Aruch (248,4) am Anfang der Woche aufbrechen, während es laut Mahari ben Lev und Rabbiner David ben Zimra (Radbaz) verboten ist. Auf jeden Fall sollte man das Schiff nicht an einem Dienstagabend nach Sonnenuntergang betreten.

Ein weiteres Problem sind übrigens elektronische Schlüsselkarten. Wie in vielen Hotels werden auf Kreuzfahrten auch die Kabinentüren damit bedient. Doch am Schabbat ist ihre Nutzung untersagt. Aber auch hier gibt es eine Lösung. Man darf nämlich Nichtjuden bitten, die Tür für einen zu öffnen. Auf diese Weise lassen sich vielleicht interessante Bekanntschaften machen, auch auf einem Kreuzfahrtschiff.

Der Autor ist Rabbiner der Synagogengemeinde Konstanz und Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD).

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