Thüringen

Abschied von Erfurt

Noch-Landesrabbiner Alexander Nachama Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

Zum Monatsende heißt es, Lebewohl zu sagen. Denn am 1. September wird Alexander Nachama einen neuen Posten antreten, und zwar als Militärrabbiner bei der Bundeswehr in Potsdam. »Der Wechsel bedeutet für mich eine neue Herausforderung«, so der 1983 in Frankfurt am Main geborene Landesrabbiner von Thüringen. »Ich freue mich auf neue Aufgabenfelder, neue Kontakte und Erfahrungen.«

Davon konnte er auch in Thüringen eine Menge sammeln. Seit dem Herbst 2018 hatte er das Amt inne. Viel ist in diesen knapp fünf Jahren geschehen. »Die Zeit in Erfurt war prägend und wichtig. Besonders die Einbringung der neuen Torarolle im Jahr 2021 und der 70. Jahrestag der Synagoge ein Jahr später werden mir stets in Erinnerung bleiben.«

gemeinschaft Auch gab es in der Zeit seit dem Herbst 2018 so manche Herausforderung, auf die selbst der erfahrenste Rabbiner nicht vorbereitet sein konnte, allen voran die Pandemie. »Die schweren Corona-Jahre, die gezeigt haben, wie wichtig die Gemeinschaft ist«, so lautet dazu das Fazit von Alexander Nachama.

Ganz so abrupt wird der Wechsel nach Potsdam aber wohl nicht stattfinden. Denn die Gottesdienste zu Rosch Haschana und Jom Kippur in Thüringen werden noch von Rabbiner Nachama durchgeführt.

In Erfurt sieht man das Ganze mit einem lachenden und einem weinenden Auge. »Wir haben uns über die Einrichtung des Militärrabbinats in Deutschland gefreut«, bringt es Reinhard Schramm auf den Punkt. »Dass uns unser Landesrabbiner Alexander Nachama verlässt, um Militärrabbiner in Potsdam zu werden, hatten wir uns allerdings nicht gewünscht«, so der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen.

tradition »Thüringen verliert somit einen Landesrabbiner, der einen ganz wesentlichen Anteil an der Entwicklung unserer Landesgemeinde hatte«, erklärt ihr Vorsitzender weiter. »Als konservativer Rabbiner in unserer Einheitsgemeinde hat Alexander Nachama im Wesentlichen die Tradition in Thüringen fortgesetzt, die auf so dramatische Weise in den Jahren des Nationalsozialismus unterbrochen wurde.«

Die Bilanz dieser knapp fünf Jahre ist auf jeden Fall beeindruckend. Dabei geht es nicht nur um die wöchentlichen Schabbat-Gottesdienste, die Alexander Nachama nach Meinung der Gemeindemitglieder auf bewundernswerte Weise durchgeführt hat, sondern ebenfalls um die Stabilität der Einheitsgemeinde, der er wichtige Impulse verleihen konnte. »Dankbar sind wir auch für seine intensive Mitarbeit beim Aufbau einer jüdischen Kindergartengruppe«, betont Schramm.

Seine Zeit als Landesrabbiner in Thüringen war gewiss bislang der Höhepunkt in der Karriere von Alexander Nachama, Enkel des einstigen bekannten Oberkantors Estrongo Nachama. Von 1998 bis 2011 hatte er zunächst als ehrenamtlicher Vorbeter, später dann als Kantor in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gewirkt.

ordination In diesen Jahren begann Alexander Nachama ebenfalls eine Ausbildung am Abraham Geiger Kolleg, die mehrere Studienaufenthalte in Israel mit sich brachte, bis er 2013 seine Ordination zum Rabbiner erhielt, woraufhin er bis 2018 als Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Dresden tätig war. Dann zog es ihn nach Thüringen.

Bis ein endgültiger Nachfolger für Alexander Nachama gefunden wird, will man in Thüringen auf Gastrabbiner zurückgreifen. Die Jüdische Landesgemeinde hat dort rund 700 Mitglieder, von denen die allermeisten seit den 90er-Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion zugewandert waren.

Europäische Rabbinerkonferenz

Rabbiner beunruhigt über Papst-Worte zu Völkermord-Untersuchung

Sie sprechen von »heimlicher Propaganda«, um Verantwortung auf die Opfer zu verlagern: Die Europäische Rabbinerkonferenz kritisiert Völkermord-Vorwürfe gegen Israel scharf. Und blickt auch auf jüngste Papst-Äußerungen

von Leticia Witte  19.11.2024

Engagement

Im Kleinen die Welt verbessern

Mitzvah Day: Wie der Tag der guten Taten positiven Einfluss auf die Welt nehmen will

von Paula Konersmann  17.11.2024

Wajera

Offene Türen

Am Beispiel Awrahams lehrt uns die Tora, gastfreundlich zu sein

von David Gavriel Ilishaev  15.11.2024

Talmudisches

Hiob und die Kundschafter

Was unsere Weisen über die Ankunft der Spione schreiben

von Vyacheslav Dobrovych  15.11.2024

Gebote

Himmlische Belohnung

Ein Leben nach Gʼttes Regeln wird honoriert – so steht es in der Tora. Aber wie soll das funktionieren?

von Daniel Neumann  14.11.2024

New York

Sotheby’s will 1500 Jahre alte Steintafel mit den Zehn Geboten versteigern

Mit welcher Summe rechnet das Auktionshaus?

 14.11.2024

Lech Lecha

»Und du sollst ein Segen sein«

Die Tora verpflichtet jeden Einzelnen von uns, in der Gesellschaft zu Wachstum und Wohlstand beizutragen

von Yonatan Amrani  08.11.2024

Talmudisches

Planeten

Die Sterne und die Himmelskörper haben Funktionen – das wussten schon unsere Weisen

von Chajm Guski  08.11.2024

Heldentum

Von der Größe, sich nicht zu groß zu machen

Um ein jüdischer Held zu werden, braucht es andere Fähigkeiten, als vielleicht angenommen wird

von Rabbiner Raphael Evers  07.11.2024