In Taanit 23ab lesen wir von Abba Chilkija, dem Sohn von Choni, dem Kreiszieher und Wundermacher.
Als im Land wieder einmal eine Dürre herrschte, schickten die Weisen zwei Gelehrte zu Abba Chilkija, damit er zu G’tt um Regen fleht. Als die Gesandten ihn nicht zu Hause antrafen, gingen sie hinaus aufs Feld. Abba war gerade dabei, die Erde zu bearbeiten. Sie grüßten ihn höflich, doch Chilkija sah nicht auf und arbeitete weiter.
Die Männer warteten geduldig bis zum Abend. Nachdem Chilkija seine Arbeit beendet hatte, machte er sich auf den Heimweg. Dabei nahm er ein großes Bündel Reisig mit und lud es auf die eine Schulter, auf die andere Schulter legte er seinen Überwurf.
Dann geschah etwas Merkwürdiges. Er ging den ganzen Weg ohne Schuhe, doch als er an einen kleinen Fluss kam, den er überqueren musste, zog er seine Schuhe an. Die Gelehrten waren zwar neugierig, warum er dies tat, doch blieben sie still und folgten ihm. Danach führte ihn sein Weg durch ein Dornengestrüpp – da hob er sein Gewand hoch.
FRAU In der Stadt angelangt, kam ihm seine Frau geschmückt entgegen. Die Gelehrten folgten dem Ehepaar ins Haus. Zuerst trat die Frau ein, danach Abba Chilkija und zum Schluss die beiden Gesandten.
Noch immer hatte er kein Wort mit ihnen gewechselt. Er setzte sich und verzehrte seine Mahlzeit. Am Tisch hatten auch beide Kinder des Ehepaares Platz genommen, und der Vater teilte ihnen die Speisen zu. Der ältere Sohn erhielt eine Portion, der jüngere zwei.
Nach dem Mahl sagte Chilkija zu seiner Frau: Ich weiß, die Gelehrten sind zu mir gekommen, damit ich um Regen bete; lass uns doch aufs Dach steigen und gemeinsam den Allmächtigen um Erbarmen flehen.
Auf dem Dach angekommen, stellte sich Abba auf die eine Seite, die Frau auf die andere. Sogleich erschienen Regenwolken am Himmel über der Ecke, wo die Frau stand, und erst danach auch über Chilkija. Und tatsächlich fing es an zu regnen. Da stiegen sie vom Dach herab.
TAGELÖHNER Den ganzen Tag hatten die Männer Chilkijas rätselhaftes Handeln beobachtet und dachten, es sei jetzt an der Zeit, ihn zu fragen, was die Dinge bedeuten, die sie so erstaunen ließen. Also fragten sie ihn: »Als wir dich begrüßten, erhobst du nicht dein Gesicht. Warum?« Er erwiderte: »Ich bin Tagelöhner und darf nicht müßig sein.« »Warum hast du das Bündel Reisig auf die eine Schulter genommen und dein Gewand auf die andere?« – »Nun, das Gewand habe ich ausgeborgt. Ich darf es wohl tragen, aber zu nichts anderem gebrauchen.«
»Warum gingst du den ganzen Weg barfuß und zogst deine Schuhe erst an, als du ins Wasser tratest?« – »Nun, den ganzen Weg über sehe ich, wohin ich trete, doch im Wasser kann ich es nicht sehen.«
»Aber warum hast du dein Gewand hochgehalten, als du durch das Dornengestrüpp gingst?« – »Die Haut verheilt wieder, aber ein zerrissenes Kleid wird nicht wieder ganz.«
»Warum kam dir deine Frau, als du die Stadt betratest, so reich geschmückt entgegen?« Chilkija schmunzelte: »Damit ich kein Auge auf eine andere Frau richte.« »Warum betrat sie als erste das Haus, danach du und als letzte wir?« – »Weil ich noch nicht erprobt hatte, ob ihr züchtig seid.« »Warum gabst du deinem älteren Sohn nur eine Portion, dem jüngeren aber zwei?« – »Weil dieser zu Hause bleibt, der andere aber ins Lehrhaus geht.«
Und dann fragten sie: »Warum zogen die Wolken erst von der Seite auf, an der deine Frau stand, und erst danach auf deiner Seite?« Da antwortete er: »Weil die Frau, die das Haus hütet, einem Bettler Brot gibt und sofort seinen Hunger stillt, während ich da draußen einem Bettler nur Geld geben kann.«
Der Talmud resümiert: Das Wohltun der Frau ist geschwinder und unmittelbar – und deshalb wird es auch schneller belohnt.