Natürlich darf die Tasse Tee nicht fehlen. Arthur James Balfour war schließlich britischer Außenminister, als er 1917 die gleichnamige Deklaration unterzeichnete. Lebensgroß und ausgestopft hockt er hinter seinem Schreibtisch im Eingang eines bizarren Museums in Bethlehem.
Die junge palästinensische Kassiererin erklärt dem westlichen Besucher die schlichte Botschaft: »Er verschenkt gerade Palästina an die Juden«. Das Museum ist Teil eines Hotels, das der britische Streetart-Künstler Banksy im Schatten der Mauer, die Bethlehem von Israel trennt, gestaltet hat. Das Hotel und die Graffiti-Mauer sind zu einer Pilgerstätte für den feinen Israelhasser geworden.
transjordanien Die wenigsten Besucher dürften wissen, dass Lord Balfour den Grundstein für zwei Staaten legte. Die von den Briten versprochene »jüdische Heimstätte« sollte hier ebenso Platz haben wie ein palästinensischer Staat. Am 29. November 1947 waren 57 Nationen aufgerufen, über den Teilungsplan für den kleinen Rest Palästinas zu entscheiden, denn 80 Prozent ihres Mandatsgebietes hatten die Briten bereits vorzeitig Transjordanien abgetreten, ohne Rücksicht auf die palästinensische Bevölkerungsmehrheit.
Das verbliebene Fünftel der Fläche musste nun für zwei Völker reichen. Das den Juden zugedachte Gebiet zerfiel in drei unverbundene Enklaven, der größte Teil lag in der Wüste Negev, und – besonders bitter – Jerusalem mit über 100.000 Juden war von dem neuen Staat Israel abgeschnitten.
Ein Plan, der von Anfang an nur dann eine Chance gehabt hätte, wenn beide Völker friedlich miteinander dort leben wollten. Die jüdische Seite war mit Murren aber mehrheitlich dazu bereit, denn egal, wie schwierig der Grenzverlauf auch sein mochte, mit der Zustimmung der Völkergemeinschaft war der zionistische Traum vom Judenstaat zum Greifen nah.
waffendepots Amos Oz erzählt, dass sein Vater einen Freudenschrei ausstieß »wie vor der Erfindung der Worte«. Die arabischen Nachbarn dagegen stiegen in ihre Waffendepots und starteten ihre Panzer. »Alle Juden werden massakriert werden«, versprach eine Vertreterin des Arabischen Hohen Komitees für Palästina und beschwor den »Heiligen Krieg«. Anders als Israels erster Staatschef Ben Gurion in der Unabhängigkeitserklärung vom 14. Mai 1948: »Wir bieten allen unseren Nachbarn und ihren Völkern die Hand zum Frieden und guter Nachbarschaft.« Noch während er vom Frieden sprach, begann der Krieg. 70 Jahre und acht Kriege später ist das friedliche Miteinander so fern wie damals.
Nun liegt es in der Natur des Krieges, dass der Verlierer hinterher schlechter dasteht als vorher. Doch statt die Niederlage anzuerkennen und zu verhandeln, hetzen verantwortungslose arabische Führer das palästinensische Volk in immer neue und aussichtslose Schlachten gegen das »Krebsgeschwür« Israel.
Natürlich wissen alle, dass Israel weder durch Selbstmordattentäter noch durch Raketen aus Gaza zu bezwingen ist. Es ist ein teurer Stellvertreterkrieg der gekränkten arabischen Seele. Er kostet Land, Leben, Hoffnung. Und weil dieser Krieg militärisch nicht zu gewinnen ist, wird er umso erbitterter auf internationaler Bühne geführt, auch von strammen Boykottsoldaten der weltweiten BDS-Bewegung.
bds »Wir werden nie einen jüdischen Staat in Palästina akzeptieren«, brüstet sich das BDS-Gründungsmitglied, der Palästinenser Omar Barghouti. »Wir werden nie einen palästinensischen Staat in Eretz Israel akzeptieren«, lautet das anschwellende Echo rechter Hardliner in Israel.
Ohne die Bereitschaft aber, miteinander zu leben, wird es keinen Frieden geben. Das galt 1947. Es gilt heute. Beide Völker sind zum Kompromiss verdammt. Aus dem militärischen muss ein politischer Sieg werden. Sollte die Zweistaatenlösung tatsächlich scheitern, dann bliebe Israel nur noch die Annektierung. Das wäre entweder das absehbare Ende der jüdischen Mehrheit oder das Ende der Demokratie in Israel.
Tatsächlich aber gibt es eine neue, verblüffende Chance, gerade weil ein nächster großer Nahostkrieg gefährlich näherrückt. Blutiger als die vorangegangenen und mit völlig neuen Allianzen. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman setzt auf Israel als Verbündeten im Kampf gegen seinen größten Feind Iran und hat deshalb ein massives Interesse daran, den leidigen Palästinenserkonflikt endlich zu lösen. Und der glücklose amerikanische Präsident braucht dringend einen außenpolitischen Erfolg, weshalb er zunehmend genervt reagiert auf die bockige Regierung Netanjahu und den störrischen Abbas.
Und so geraten beide, die Palästinenserführung genauso wie Israel, unter Druck, den Weg frei zu machen für ein neues Bündnis gegen den Iran. Am Ende könnte tatsächlich die Nachbarschaft entstehen, die schon Balfour vorschwebte, versöhnlich und miteinander. Noch ist es nicht so weit.
Der Autor ist Journalist und Buchautor (»Israel ist an allem schuld«, 2015 mit Esther Schapira).